Was ist ein Weltkulturerbe?
Die Zeitung „Die Welt“ denkt heute über das „Dilemma der Beliebigkeit“ nach – über die von der UNESCO geführten Liste der Weltkulturerbe. Denn in Vilnius ist eben die Konferenz des Welterbekomitees zu Ende gegangen. Das Komitee berät darüber, ob eine Stätte neu aufgenommen, auf die Rote Liste oder von der Roten Liste wieder gestrichen wird. Die UNESCO weist darauf, dass sie vor der Aufnahme die „Einzigartigkeit“ und „Authentizität“ einer Kulturstätte überprüft bzw. bei einem Naturdenkmal die „Integrität“. Seit Juli 2006 hat die Organisation dies weltweit 848 Stätten bescheinigt – merkwürdig dabei ist, dass über ein Drittel davon, nämlich 348, in Europa liegen. Der Okzident hat sich also einmal mehr durchgesetzt, und mehr noch, die Kriterien scheinen sich immer beliebiger zu werden. „Die Welt“ befand zur Arbeit des Welterbekomitees (das sich aus 600 Delegierten aus 182 Staaten zusammensetzt): „Was auf der Welterbeliste der Unesco geführt wird, ist also das Ergebnis von Zufällen und höchst subjektiven Erwägungen, ist also nur Welterbe, weil die Unesco es so nennt.“ Das Problem sei, dass nicht eine unabhängige Jury selbst darüber befindet, was aufgenommen wird, sondern das Komitee nur über die eingereichten Vorschläge abstimmt.
Auch mir scheint, das Auswahlsystem sollte überdacht werden, vielleicht mehr Strenge, weniger Kompromisse. Denn ändert sich etwas, ob eine Stätte auf der Liste steht oder nicht? Am Beispiel von Köln und Dresden kann man das gut beobachten, denn in diesen beiden Städten bangte man um den Erhalt der Welterbestätten. Die eine wurden von der Liste gestrichen, da die Kölner sich durchgerungen hatten, die Hochhäuser in Köln-Deutz nun doch niedriger als geplant zu bauen, damit sie die Sicht auf das Weltkuturerbe Dom nicht beeinträchtigen. Dresden wurde nun auf die Liste gesetzt, da die geplante „Waldschlösschenbrücke“ inmitten der geschützten Elbauen gebaut werden soll. Für die Brücke hatten sich die Bürger und Bürgerinnen selbst entschieden, auch wenn die Gegnerschaft groß war und ist. Der UNESCO hatte man bei Antragsstellung falsche Angaben gemacht. Und wie sieht man in Dresden die Sache? Über den ganz eigenen Blick der Dresdner und Dresdnerinnen auf ihre Stadt durften wir schon während des ganzen Rummels um den Neuaufbau der Frauenkirche erfahren. So war nun im Spiegel zu erfahren, dass die städtische Riege der CDU-Politiker, weiter auf den Bau beharren. Denn, so ihr Kalkül, die Touristen kommen sowieso – egal, ob da eine Brücke steht oder nicht. Der Titel der Sendung, die der MDR heute abend ausstrahlt, ist bewußt provokant, passt aber gut dazu: Elbbrücke – Wird Dresden von der UNESCO erpresst?