Darf man Hitlers Schädel in einer historischen Ausstellung zeigen?

Geschrieben von am 12. Oktober 2010 07:58

In seiner neuen Sonderausstellung Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen (15. Oktober 2010 bis 6.2.2011) geht das Deutsche Historische Museum in Berlin der noch immer brisanten Frage nach, wie es möglich war, dass die Deutschen Hitler und sein verbrecherisches Regime mehrheitlich unterstützten. Die Faszination der charismatischen Figur des „Führers“ belegen 65 Jahre nach Kriegsende die nicht enden wollenden Diskussionen über die Authentizität des Schädelfragments aus der Reichkanzlei, das sich neben dem Kieferknochen Hitlers im Archiv des russischen Geheimdienstes FSB befindet. Die letzten medizinischen Untersuchungen der Überreste erfolgten 2002 und 2008, eine weitere ist vorgesehen.
Die Ausstellung im DHM zeigt neben weiteren Leihgaben aus russischen Museen erstmals Dokumente aus dem FSB-Archiv zur Auffindung und späteren Verbrennung der Leiche Hitlers durch den sowjetischen Geheimdienst. Den Kieferknochen und den Schädel sucht der Besucher unter den Exponaten dagegen vergeblich.

Die Frage, ob es sich bei den Relikten Hitlers überhaupt um Exponate handelt, und wie mit ihnen in einer Ausstellung umzugehen wäre, behandelt der Text:
Beweisstück, Symbol, Exponat
Welche Bedeutung haben die Hinterlassenschaften Adolf Hitlers 65 Jahre nach Kriegsende?
Überlegungen anlässlich einer Ausstellung im Deutschen Historischen Museum

Im Spiegel wird über die Authentizität des Schädelfragments diskutiert.
Die Seite 3.ch schaut nochmal ganz anders hin.

Who Needs a Museum of World Cultures When There Is Cable-TV?

Geschrieben von am 5. Juni 2009 10:27

Provokante Frage im gut gemachten Prospekt des Weltkulturmuseums (Väldskultur museet) in Göteborg. Das Museum ist Teil eines nationalen Netzwerkes von vier schwedischen Institutionen: dem Etnografska Museet, dem Ostasiatiska Museet und dem Medelhays Museet, alle in Stockholm.

Das Museum der Weltkulturen basiert auf der Vereinigung mehrere alter Sammlungsbestände und sieht sich als Ort der Integration, der Information – aber auch der Provokation. Im Zentrum des vom englischen Architektenteam Cécile Brisac und Edgar Gonzalez 2004 entworfenen und mit einem Preis bedachten Bauwerkes, ist eine monumentale Stiege die auch als Sitzgelegenheit für im Atrium stattfindende Eriegnisse dienen kann. Beton und Glas sollen Transparenz und Offenheit aber auch Solidität versinnbildlichen. All dies klingt gut und so waren unsere Erwartungen gross.
Leider war aber die Realität eher enttäuschend…  Die mächtige Eingangshalle ist menschenleer, die Gerüche der offenen Cafeteria/Self Service sind dagegen voll präsent. Eine kleine Fotoausstellung, halb versteckt, im Erdgeschoss zeigt junge Inderinnen die sich durch den Boxsport ihrer Kondition entziehen wollen.
Eine Ausstellung im ersten Stock ist dem Phänomen „Bollywood“ gewidmet. Das ist farbig, amüsant und recht interessant. Man sieht Filmausschnitte und Plakate, erfährt einiges über die ökonomische Bedeutung der Filmwirtschaft, über die Geschichte des indischen Films, den Starkult, die Darstellung der Minderheiten oder den Einfluss auf das Schönheitsideal. Der Besucher wird eingeladen, im Karaokestil mitzusingen und -zutanzen oder mit Hilfe einiger Accessoires seinen eigenen kleinen Bollywoodfilm zu drehen und ihn via Inetrnet direkt an eine email Adresse zu verschicken – leider funktionierten diese elektronischen Gadgets aber – wie so oft – nicht!
Eine weitere Ausstellung widmet sich der „Beutekunst“. Sie zeigt peruanische Textilien die als Leichentücher verwendet wurden und die durch Raubgrabungen und Schmuggel ins Museum – und in andere private sowie öffentliche Sammlungen – gelangt sind. Ein interessanter, selbstkritischer Ansatz aber leider haben auch hier die Bildschirme nicht funktioniert… Warum auch die ihrer Empfindlihkeit wegen in einem abgedunkelten Raum ausgestellten – wunderschön farbenprächtigen – Textilien dann aber auch zum Teil in kniehohen Vitrinen liegen ist eher unverständlich.
2 1/2 Ausstellungen in dem weitläufigen Gebäude – das ist ein bisschen ärmlich vor allem in Hinblick auf die Ambitionen die das Museum auf seiner website und in der Broschüre publiziert.
Laut der sympathischen Direktorin sind wir allerdings zu einem schlechten Augenblick gekommen und normalerweise sprühe das Haus vor Leben… 200.000 Besucher pro Jahr lassen dies allerdings ein bisschen bezweifeln.

Raubkunst in deutschen Museen

Geschrieben von am 27. November 2008 11:25

Gestern kam in der Rubrik Zeitreisen auf Deutschlandradio Kultur der sehr hörenswerte Beitrag von Anette Schneider zum Thema Beutekunst mit dem Titel: Eine endlose Geschichte. Die Rückgabe von NS-Raubkunst in Deutschland. Es ist erschütternd zu erfahren, was alles in deutschen Museen getan wurde und heute noch getan wird, um die in Depots schlummernden Kunstwerke oder ganz offen in Schausammlungen hängenden Bilder aus Zwangsverkäufen oder Beschlagnahmungen behalten zu können.

„63 Jahre nach Kriegsende hängt und lagert in bundesdeutschen Museen noch immer enteignetes jüdisches Kulturgut. Noch immer wurde in Deutschland nicht richtig mit der Suche nach Raubkunst begonnen“ – so der Kommentar von Anette Schneider.
Den Beitrag kann man auf den Seiten von Deutschlandradio Kultur nachlesen.

Kassel, ohne Documenta

Geschrieben von am 20. Juni 2008 12:16

Köng Lustik, so wurde der jüngste Bruder von Napoleon genannt, und zwar laut Wikipedia deswegen, da er nicht viel deutsch konnte außer „Morgen wieder lustig!“. Jerôme Bonaparte regierte von Kassel aus zwischen 1807 und 1813 das Königreich Westphalen. Er liebte die Selbstdarstellung, war ein Lebemann und Schürzenjäger, führte aber zugleich wichtige Reformen ein. So gilt er auch als einer der Wegbereiter der Demokratie. Die gleichnamige Landessausstellung im Fridericianum in Kassel würdigt nicht nur diese Aspekte. Die Ausstellung ist auch deswegen so interessant, weil sie ein Lehrstück über Kunstraub ist. Napoleon hatte alle größeren Sammlungen der Länder geplündert, die er bei seinen Feldzügen streifte. Die Bilder wurden erstmals im Louvre ausgestellt, dann an andere Museen weitergegeben und verkauft. In der Ausstellung werden die geklauten Bilder erstmals wieder in Kassel gezeigt – ergänzt von denjenigen, die als Ersatz in Auftrag gegeben worden waren. Die Ausstellung ist ein gute Gelegenheit, Kassel einmal außerhalb einer Documenta zu erleben…
Hr-online berichtet hier ausführlich darüber.

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