Das jüdische Museum München bloggt

Geschrieben von am 3. Juni 2010 14:03

Das jüdische Museum in München hat neuerdings einen sehr schicken Blog mit vielen Fotos. Die illustrierte Berichterstattung über Ausstellungen und über das Arbeiten hinter den Kulissen ist besonders schön, kann man doch leider nicht immer und ständig nach München fahren. Wir werden öfters hier reinschauen!

Vergessene Fotografen

Geschrieben von am 24. Februar 2010 11:13

Unbelichtet. Münchner Fotografen im Exil heisst die derzeitige Ausstellung im Jüdischen Museum in München. Im Mittelpunkt stehen die drei Fotografen Alfons Himmelreich (1904-1993), Efrem Ilani (1910-1999) und Jakob Rosner (1902-1950). Sie waren in den 1930er Jahren von München aus ins damalige Palästina emigriert. Sie konnten sich dort auch als Fotografen etablieren, weil ein Bedarf an fotojournalistischen Dokumentationen bestand – als Werbung für die moderne zionistische Bewegung.
Die Fotografien erzählen vom Entstehungsprozess Israels vor allem in den 1930er und 1940er Jahren und porträtieren mit Vorliebe Menschen bei der Arbeit. Auftragsarbeiten beobachten die EinwanderInnen bei landwirtschaftliche Tätigkeiten oder in der Fabrik. Ästhetisch qualitative Aufnahmen wie die Produktfotografien weisen auch vielfältige Bezüge zur europäischen Fotogeschichte auf, stehen sie doch für das Neue Sehen in der Fotografie.

Die luftige Gestaltung des Ausstellungsraumes und die Farben – viele Grautöne – schaffen eine angenehme Atmosphäre und fördern die Lust am Schauen.

In einem zweiten Raum werden weitere vergessene Fotografen und Fotografinnen aus München gewürdigt: in einem bio-bibliografischen Lexikon werden 50 FotografInnen vorgestellt, die zwischen Ende des 19. Jahrhunderts bis Ende der 1930er Jahren in München arbeiteten. 1938 mussten alle jüdischen Ateliers aufgrund der rassistischen Nazi-Gesetzgebung schließen. Vielen FotografInnen gelang die Emigration, andere wurden ermordet, und ihr fotografisches Schaffen vernichtet. Die Münchner Fotogeschichte wird in dieser Ausstellung also nochmals neu beleuchtet.

Kuratiert wurde die Ausstelllung von Tatjana Neef, die Szenographie stammt von Juliette Israël. Empfehlenswert ist auch das aufwändig gestaltete Begleitbuch, erschienen im Kehrerverlag.
Die Fotos stammen von der Internetseite des Jüdischen Museums.

Auf BR-online/Bayern 1 kann man hier ein Audio anhören und eine Rezension in der Welt lesen.
Am schönsten ist es natürlich, selbst hinzugehen – die Ausstellung läuft noch bis zum 23. Mai.

Und wer schon einmal dort ist, sollte auf keinen Fall die sehenswerte Dauerausstellung versäumen!

Sitzen im Museum XIV

Geschrieben von am 19. Februar 2010 15:50

Das Jüdische Museum in München bietet so viele spannende Einblicke, dass man als Besucherin gar nicht zum Hinsitzen kommt – auch wenn es sich um Hocker des geschätzten Egon Eiermann handelt.

Genuss im Museum

Geschrieben von am 8. Februar 2010 10:50

Ein echter Genuss ist die Ausstellung Koscher & Co. Über Essen und Religion im Jüdischen Museum in Berlin: der Genuss beruht auf einer spannenden Ausstellungsidee, die mit schönen Objekten kongenial umgesetzt wurde.

Doch von vorne: Am Eingang der Ausstellung bekommt man von der netten Dame einen Löffel in die Hand gedrückt. Mit diesem Löffel, so erklärt sie, kann man Rezepte einsammeln, in dem man ihn auf einen dafür bereitgestellten Teller streicht. Die Rezepte können zu Hause dann im Internet abgerufen werden. Das funktioniert und macht Spass, blinkt doch der Teller immer so schön auf, wenn der Löffel über ihn streift, so dass man bei der Sache bleibt, um ja nicht den nächsten Teller zu verpassen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Verhältnis von Essen und Religion. Warum essen Menschen so unterschiedliche Sachen und warum nicht? Warum gilt manche Nahrung, manches Tier als rein und warum nicht, sind die Hauptfragen.
Die jüdischen Speisegesetze, die Kaschrut, werden ergänzt um einen Blick auf christliche, hinduistische und islamische Traditionen. In zehn Gängen wird uns die Ausstellung serviert. Verbote wie Gebote spielen eine Rolle, hauptsächlich aber der identitätsstiftende Aspekt, den der Soziologe Georg Simmel hier so schön einmal beschrieben hat. Die Religion wird sozusagen mitgegessen. Die Ausstellung fängt bei der biblischen Schöpfungsgeschichte mit Adam und Eva an – visualisiert mit zwei Statuen, flankiert von einer Parade reiner und unreiner Tiere.

Dem Raum Eden folgen Gesetz, Opfer, Fleisch, Brot, Wein, „Mahl“, Genuss und Verzicht, Brot des Elends und Identitäten – hier sind wir bei der Gegenwart angelangt.
Der Genuss, die sinnlichen Gaumenfreunden und Symbole in der Küche werden vielgestaltig präsentiert: der Bogen spannt sich dabei von Gemälden, Fotografien, rituelle Gegenständen, alltäglichen Küchenutensilien zu handlungsüblichen Nahrungsmitteln aus der Gegenwart. Es macht Spass, sich in die Inhalte zu vertiefen, weil die Texte gut geschrieben sind und auch in die Tiefe gehen. Viele Fragen werden beantwortet, auch die, die man sich so gar nicht gestellt hätte (- etwa wie sich das koscher essen mit den tierischen Ungeziefer im Salat vereinbaren lässt, eigentlich ein interaktive Station für Kinder…)
Die Ausstellung ist, (um bei den Begrifflichkeiten des Essens zu bleiben) keine leichte Kost, aber auch nicht zu schwer verdaulich.

Auch das Auge isst ja bekanntlich mit: Die 10 Räume haben alle ein eigenes Thema, das sich in Farben, oder in Ton- oder Bild installationen widerspiegelt. Sehr schön integriert sind die Medien: mal füllen Hör-Installationen einen ganzen Raum. Auf Monitoren, die zwischen die Vitrinen unauffällig eingepasst sind, kann man mit sich zum Beispiel Filmausschnitte ansehen. Sehr schön ist die Installation eines Tisches, an dem gemeinsam gegessen wird.
Besonders beeindruckend ist auch der schlicht gehaltene Raum, in dem es um die Einhaltung der Speisegesetze während der NS-Zeit geht – sichtbar gemacht vor allem mit damals ausgegegeben Essenskarten mit unvorstellbaren Streichungen.

Die Ausstellung ist noch bis Ende Februar zu sehen und unbedingt zu empfehlen. Es ist damit zu rechnen, dass Sie am Ende Appetit bekommen haben – vor allem wenn Sie sich noch die Videointerviews am Ende der Ausstellung anschauen, in denen die interviewten Personen die jüdischen Speisegesetze für ihr Leben und Glauben erläutern. Abhilfe tut dann das museumseigene Cafe, und auf dem Weg dahin kann man sich an koscheren Gummibärchen aus dem Automat erfreuen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, Projektleiter der Ausstellung ist Bodo-Michael Baumunk, die Gestaltung stammt von Norbert W. Hinterberger und Catarina Popp.
Hier und hier können noch Ausstellungsrezensionen gelesen werden.

Jüdisches Museum der Stadt Wien. Ein Opfer populistischer Kulturpolitik?

Geschrieben von am 3. Dezember 2009 13:27

Das Jüdische Museum in Wien hat eine neue Leitung. Beworben haben sich unter anderem Hanno Loewy und Bernhard Purin, beide als Wissenschafter und Museumsleiter hervorragend qualifiziert. Die Stadt Wien hat sich für eine Nachrichtensprecherin des ORF Fernsehens entschieden. Aus den Zeitungsberichten war nichts über eine Qualifikation für den Job einer Museumsdirektion herauszulesen. Keine Managementerfahrung, keine mit dem Ausstellen, keine einschlägige wissenschaftliche Qualifikation.

Worum es geht, wurde in den ersten Äußerungen auf der Pressekonferenz klar, in der Frau Spera vorgestellt wurde. Es geht um Popularisierung, um mediale Präsenz, um bessere ‚Quoten‘. Das Museum hat etwa 80.000 Besucher im Jahr und das scheint den Kommunalpolitikern zu wenig zu sein.

Das Museum hat eine der innovativsten Dauerausstellungen, die ich kenne. Es gab hier zahlreiche Ausstellungen, die nicht nur durch die Themenwahl interessant waren, sondern durch ihre Reflexivität. Was theoretisch unter diesem Schlagwort so oft gefordert wird, daß Museen sich der Bedingungen ihrer komplexen Arbeit bewußt werden sollen, ihrer ‚Hybridität‘, um damit praktisch neue Repräsentationsformen zu entwickeln, das galt für viele der Ausstellungen des Jüdischen Museums.

Also warum mißt man Museen immer und immer wieder nur an der Zahl der Besucher und nicht an der – in diesem Fall – überragenden Qualität? Warum kann man nicht ertragen, daß es unter hunderten ein Museum gibt, das intelligente, nachhaltige und innovative Arbeit macht? Warum respektiert man nicht die über viele Jahre hin bewährte kuratorische Professionalität und Erfahrung?

Jüdische Sportlerinnen in der NS-Zeit

Geschrieben von am 6. Juli 2009 12:54

In Berlin finden demnächst die Leichtathletik-Weltmeisterschaften statt. Wie es mittlerweile zu sportlichen Großereignissen gehört, sind darüber hinaus zahlreiche (kulturelle) Events geplant. Dafür stehen 2 Millionen Euro bereit – selbstverständlich können damit nicht alle Projekte unterstützt werden. Auch das Ausstellungsprojekt über jüdische Sportlerinnen, das im Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Sports an der Universität Potsdam entstand, erhielt anscheinend keine finanzielle Unterstützung – vielleicht weil es nur zu deutlich macht, dass es den unpolitischen Sport nicht gibt?

Finanziert hat schließlich die Ausstellung die Alfried Krupp von Bohlen Halbach-Stiftung. Nun ist Vergessene Rekorde. Jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933, im Centrum Judaicum in Berlin zu sehen und auch im offiziellen Kulturprogramm der WM aufgenommen.

Anhand der Biographie dreier jüdischer Sportlerinnen – Gretel Bergmann, Lilli Henoch, Martha Jacob -, die in den 1930er Jahren sehr erfolgreich waren, wird gezeigt, wie die Ausgrenzung jüdischer Athleten in den Sport-Vereinen auf allen Ebenen durchgesetzt wurde. So wurde für die Olympiade 1936 in Berlin die Hochspringerin Gretel Bergmann aus dem Exil zurückbeordert, für Olympia nominiert, dann wieder ausgeladen – aufgrund ungenügender Leistungen, wie es hieß – dabei war sie die deutsche Rekordhalterin gewesen! Lili Henoch überlebt das Nazi-Regime nicht – sie wird in einem Lager ermordet.

In Deutschlandradio Kultur erzählen Hans Joachim Treichler und Jutta Braun von der Genese der Ausstellung und auch darüber, wie wenig die Vereine ihre eigene Vergangenheit reflektieren. Die ZEIT von der letzten Woche widmet sich dem Leben von Gretel Bergmann.
Die Taz berichtete im Vorfeld über die Ausstellung, hier der taz-artikel als Pdf.

Die Publikation zur Ausstellung: Bahro, Berno, Jutta Braun, Hans Joachim Teichler (Hg.): Vergessene Rekorde – jüdische Athletinnen vor und nach 1933, Berlin 2009. (16,90€)
Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert.

Manchmal sollte man lieber zu Hause bleiben

Geschrieben von am 1. Februar 2009 11:41

Manche Museumsbesuche stehen unter keinem guten Stern – so wie diese Woche im Jüdischen Museum im Palais Eskeles in Wien. So würde das Kurzprotokoll zu diesem Besuch lauten:

– Schon im Atrium eine Schulklasse im Nacken, als ich mir die raumfüllende Vitrine anschaute. Geahnt, dass es zu einem Interessenskonflikt kommen könnte. Schnell zur Installation der Hologramme gegangen. Leider nicht weit gekommen, da sich die Schulklasse nun inklusive Führung in der Mitte der Installation auf Hockern niederließ; und nur von hier aus kann man sich die Hologramme, prominenter Teil der Schausammlung, ansehen.
– Ins Schaudepot gewechselt. Idee und Umsetzung wieder für gut befunden. Nehme das Angebot wahr, merke mir Inventarnummern und schlage diese im Inventarbuch nach. Die Nummern alle nicht gefunden. Der sonst hervorragende Audioguide sagt nichts dazu. Eine freundliche Aufsicht hilft weiter, weiss aber auch nicht alles.
– Nochmals zu den Hologrammen: immer noch besetzt. Die Friedrich Torberg-Ausstellung angeschaut. Im ersten Raum: Texttafeln auf Oberschenkelhöhe; hätte fast die Ausstellung verlassen. Zum Glück ist es in den anderen Räumen besser. Irgendwann mag ich aber nicht mehr lesen.
– Dritter Versuch, die Hologramme anzuschauen. Die Schulklasse ist immer noch da; nun werden die Hologramme selbst erklärt. Mich gefragt, um was es in der (gefühlten) Stunde zuvor ging. Mich sehr gewundert, warum die Führung nicht auf der freien Fläche neben den Hologrammen begonnen hat. Mißgelaunt wieder gegangen, ohne die Hologramme richtig anschauen zu können; deswegen war ich gekommen.
Das war kein guter Tag für einen Museumsbesuch (und das ist kein Plädoyer gegen Schulklassen im Museum, sondern dafür, individuelle BesucherInnen und Gruppen besser unter einen Hut zu bringen).

Was ist das gewisse jüdische Etwas?

Geschrieben von am 27. Mai 2008 17:05

Wenn Ihnen dazu etwas einfällt, dann können Sie mit Ihrem Gegenstand und der dazugehörenden Geschichte eine Ausstellung mitgestalten. Denn die Objekte und Geschichten sollen am Jüdischen Museum München eingereicht werden, um die Ausstellung Ein gewisses jüdisches Etwas“ zu entwickeln. Dazu heißt es im Internet:

„Wir möchten Menschen unterschiedlicher Herkunft anregen, sich mit unerwartet Jüdischem ausserhalb der gewohnten Schienen zu befassen; wir möchten ein Erlebnis vermitteln, das jüdische Klischees nicht unhinterfragt lässt und Begegnungen rund um überraschende Gegenstände ermöglicht. (…) Wir laden herzlich ein, einen persönlichen Gegenstand, mit dem sich irgendetwas Jüdisches verbindet, irgendeine Geschichte, die einen jüdischen Aspekt hat, ins Museum zu bringen. Und die Geschichte, auf einem A4-Blatt aufgeschrieben, gleich dazu. Da gibt es Naheliegendes und Unerwartetes, Traditionelles und Überraschendes – wir freuen uns auf was immer da kommen mag, auf jede Art von Objekt und von Geschichten, die sich für jemanden darum ranken.“

Das könnte ganz interessant werden. Damit die KuratorInnen sich etwas darauf einstellen können, bitten sie um eine kurze Nachricht vor ab. Die Objekte und Geschichten sollen am 22. Juni in München im Museum abgegeben werden; die Ausstellung wird dann für drei Monate zu sehen sein, als letztes Kapitel der Ausstellungsreihe Sammelbilder. Alle Informationen stehen auf der Seite des Jüdischen Museums München.

"Leben!"

Geschrieben von am 3. April 2008 18:05

Unter diesem Titel zeigt das Jüdische Museum Wien bis zum 22. Juni mehr als 3.500 Fotos. Sie zeugen vom unerwartet schnellen Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde Wiens nach 1945. Die 1956 aus Ungarn geflüchtete Fotografin Margit Dobronyi, hielt mit ihrer Kamera Hochzeiten, Bar Mizvahs, Sommerfrische, Geburtstagsfeste und andere Szenen aus dem Alltagsleben fest. 150.000 Negative umfasst ihr Archiv das 2004 vom jüdischen Museum angekauft wurde und aus dem die Kuratorin Ruth Beckermann ihre Auswahl getroffen hat. Die Fotos spiegeln Lebensfreude wider, eine Lebensfreude wie sie in Ausstellungen über die jüdischen Gemeinden im 20. Jahrhundert selten ist. Die Zeit nach der Schoah darzustellen, sei „Neuland“ sagte Karl Albrecht-Weinberger, Direktor des Museums.

Zeitgeschichte im Blick

Geschrieben von am 3. August 2007 16:29

Eine weitere Ausstellung in Frankfurt am Main, die sich vor allem wegen ihrer Verknüpfung mit der Zeitgeschichte lohnt, ist die Schau Ignatz Bubis (1927-1999) Ein jüdisches Leben in Deutschland im Jüdischen Museum am Untermainkai. Die Ausstellungsarchitektur ist etwas eigenwillig, auch muss man sich auf viele audiovisuelle Medien, Fotos oder Zeitungscollagen einlassen. Der Besuch lohnt sich aber durchaus. Warum, erläutert die ausführliche Rezension.

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