Keine (Regierungs-)Geschichte im Marais

Geschrieben von am 30. August 2012 22:10

Nun ist es raus: das Maison de l’Histoire, das Projekt von Sarkozy, wird es nicht geben – die Kulturministerin Aurélie Filippetti hatte in einer Sendung von France Inter, in der HörerInnen anrufen dürfen, das Ende des Projekts angekündigt. Die Ministerin sagte, dass sie nicht glaube, dass es nur eine Art gebe, die Geschichte Frankreichs zu erzählen (- und vor allem zu diesem Preis…)

Auch in den anderen Medien wie in Le Monde gab es Arikel dazu – Jörn Borchert hatte ja schon darauf hingewiesen.
Hier im Museumsblog hatte ich das Projekt schon einige Male vorgestellt und war nicht sehr davon angetan – denn mir erschien es nicht um was wirklich Neues, sondern eher um den starken präsidialen Willen, sich auch kulturell zu verewigen – wie die anderen französischen Präsidenten auch.
Für besonders innovativ hielt ich das das Konzept nicht; eher war zu beobachten, dass das Bemühen groß war, ja alles richtig zu machen – also von allem ein bißchen umzusetzen. Ein bißchen Forum, ein bißchen Museum, vor allem aber: bereits bestehende Institutionen und ihre Sammlungen sich auf irgendeine Weise einzuverleiben. Das galt für den geplanten Ort, das Nationalarchiv im Marais ebenso wie etwa die vierwöchige Schau im Grand Palais im Januar/Februar dieses Jahres. Die Schätze des wunderbaren Musée de Plans Reliefs zu zeigen, war eine gute Idee, aber auch eine etwas unnötige Machtdemonstration: die Ausstellung hat offiziell 2,5 Mill. Euro gekostet und hat schmerzhaft sichtbar gemacht, wie der exzellente Beitrag auf Tribune de l’Art offenlegt, wie sehr man diese Sammlung seit Jahren vernachlässigt hat. Mit dem Betrag hätte man auf eine viel nachhaltigere Weise das Museum selbst unterstützen können.

Was die Kulturministerin vorhat, ist vielleicht eine große Chance, etwas wirklich Neues, etwas Leichtes und nicht so ideologisch Behaftetes zu wagen: die bestehenden Institutionen – wie archäologische Museen, Schlossmuseen etc -sollen in einem Netzwerk mehr miteinander verknüpft werden, ein gemeinsames wissenschaftliche Komitee soll agieren, Wanderausstellungen entwickelt werden – als Knotenpunkt soll vorläufig das Internet dienen. Das klingt ja wie ein virtuelles Écomusee Frankreichs. Ich bin sicher: Da geht noch was!

War ja nur eine Idee

Geschrieben von am 16. Juli 2012 17:55

Ausgerechnet am französischen Nationalfeiertag, am 14. Juli, war in der FAZ kleine Notiz über das Maison de l’Histoire zu finden: es wird wohl nicht umgesetzt.  Das hatten wir ja schon länger vermutet – was will auch der Staatspräsident Hollande mit dem Prestigeobjekt des alten Präsidenten… Voraussichtlich wird es wenig Gegenstimmen geben – hier etwa formuliert nochmals die Gewerkschaft des Nationalarchivs, warum sie gegen das Projekt ist. Vielleicht kann einfach die Internetseite der geplanten Institution als Portal bestehen bleiben, um zu zeigen, dass Frankreich eigentlich schon viele – dezentrale – Geschichtsmuseen hat?

Was machen die Museen in Frankreich nach der Wahl?

Geschrieben von am 31. Mai 2012 09:42

Frankreich befindet sich in der Nach-Sarkozy-Phase, und da tut sich natürlich die Frage auf: was passiert mit der Kultur? Und noch spezifischer: was ändert sich in der Museumsszene? Hier gibt es wohl noch keine detaillierten Vorstellungen des neuen Präsidenten François Hollande.
Wie seine Kulturpolitik wohl aussehen wird, fasste radio france internationale rfi gleich nach der Wahl zusammen. Hollande hatte während des Wahlkampfs betont, dass für ihn die Kultur « au cœur de l’engagement présidentiel » stehe – doch was heisst das etwa für die Herzensangelegenheit von Sarkozy, dem Maison de l’Histoire de France? Dieses Projekt, das im Nationalarchiv im Marais-Viertel untergebracht werden soll, erfreut sich ja nicht überall an Beliebtheit.
Heute abend wir die Angelegenheit (mal wieder) auf deutschem Boden diskutiert: der französische Historiker Etienne François diskutiert u.a. mit Museumsdirektor Alexander Koch – unter der Überschrift: Ein anachronistisches Projekt oder eine Chance für die Zukunft? im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums. Vielleicht wissen wir morgen mehr?

Neues aus dem französischen Haus für Geschichte

Geschrieben von am 9. Januar 2012 08:18

Das Maison de l’histoire de France hat seit Ende des letzten Jahres eine Gründungsdirekrorin: Madame Maryvonne de Saint-Pulgent aus dem Kulturministerium und bereits Vorsitzende der Kommission zur Bildung des Museums, übernimmt die Leitung für das geplante museale Projekt. Auf der Ankündung des Kulturministeriums sieht es auch schon so aus, als sei die Sache klar und das Museum schon ins Nationalarchiv eingezogen.

 

 

Frankreichs Geschichte im Internet

Geschrieben von am 26. November 2011 10:43

Das von Sarkozy geplante Geschichtsmuseum Maison de l’histoire de France präsentiert nun sein Anliegen im Internet.


Das Projekt und das wissenschaftliche Komitee werden beschrieben. Auch kann die Benutzerin an einigen Umfragen partizipieren; allerdings werden nicht wirklich spannende Fragen gestellt. Interessant wäre es doch, angesichts des Streits über das geplante Museum hier eine Diskussionsplattform zu schaffen!
Deutlich wird auf der Seite vor allem eines: das Museum stützt sich auf das Netz vorhandener Institutionen, indem es auf Institution, Veranstaltungen und Ausstellungen in ganz Frankreich verweist. Dies geschieht zum Beispiel in Form einer interaktiven Karte von Frankreich, in der Geschichtsinstitutionen verlinkt sind.
Warum braucht man eigentlich ein neues Museum, fragt man sich wiederholt, wenn es doch schon so viele Einrichtungen gibt, die sich allen möglichen Facetten der französischen Geschichte widmen? Und die vor allem den Gedanken des kulturellen Förderalismus umsetzen?

Exemplarisch ist vielleicht in dieser Hinsicht die erste Ausstellung, die im Namen des MHF geplant ist und die ein Teil der Sammlung des Musée des plans reliefs in Szene setzt. Die erste Ausstellung findet nicht in Invalides statt, wo das Museum beheimatet ist (und freilich etwas ein Schattendasein fristet, obwohl ein Besuch sehr lohnend ist), sondern gleich im Grand Palais – allerdings nur für einen Monat.* Es geht in Paris also irgendwie weiter – trotz Finanzkrise!

* Interessanterweise wird die Ausstellung auf der Seite des Reliefmuseums nicht erwähnt – hat das wohl einen Grund?

Neues vom MHF?

Geschrieben von am 20. Juli 2011 07:40

Jörn weist in Kulturelle Welten auf ein Interview von Annette Schuhmann mit Étienne François in Zeitgeschichte online über das Maison de l’histoire de France hin.
Das erinnert mich daran, dass ich eigentlich noch etwas über die Veranstaltung Nationenbildung im Museum schreiben wollte, die schon Anfang Juni in Frankfurt stattfand.
Leider erinnerten hier die Ausführungen über das Sarkozy-Projekt von Étienne François eher an die Rede eines Politikers, so glatt und unbestimmt wirkten sie. Letztendlich, so sollte sich wohl der Eindruck verfestigen, sei in den Planungen alles berücksichtigt worden, ob es sich um die Rolle der bereits existierenden Institutionen oder Museen handelte, oder zum Beispiel um die Berücksichtigung des Themas Migration in der wissenschaflichen Vorbereitungsgruppe (es gibt unter den 20 Mitgliedern einen Historiker mit Migrationshintergrund, und, by the way, vier Frauen). François betonte v.a. den Forumsgedanken der geplanten Institution und die wichtige Rolle der Wechselausstellungen.

Die interessanteste Frage diese Abends eines Teilnehmers, ob es überhaupt ein Museum bzw. einen realen Ort brauche, um all diese Ideen zu verwirklichen, da ja vieles schon vorhanden sei, blieb leider unbeantwortet.

Das MHF im Sprachnebel

Geschrieben von am 21. Juni 2011 20:30

Der geschätzte Didier Rykner vom Blog La Tribune de L’Art war bei der Pressekonferenz dabei, als das Maison de l’histoire de France vorgestellt wurde (es war wohl etwas konfus) und hat den von Jean-Paul Rioux hier vorgestellten Bericht genauer gelesen.
Rykner weist auf viele missverständliche, gar unverständliche Formulierungen hin; so dass eigentlich keiner so richtig weiss, um was es in der neuen Institution eigentlich geht bzw. wohin die Reise gehen soll. Das Nebulöse steht allerdings konträr zum politisch propagierten Inhalt der Transparenz und Allgemeinverständlichkeit – da gilt es noch viel auszulegen!

Ich visualisiere indessen schon viele Blogbeiträge zur nationalen Geschichtsmuseum. Schön, dass uns Frankreich in dieser Hinsicht nie enttäuscht – das MQB und die ganzen Querellen sind ja schließlich auch schon eine Weile her….

Es geht weiter mit dem MHF

Geschrieben von am 19. Juni 2011 14:48

Am 16. Juni war es soweit: der Vorsitzende der Kommission zur Vorbereitung des MHF, Jean-Pierre Rioux, hat dem Kulturminister Frédéric Mitterrand sozusagen den Masterplan vorgelegt, wie das Maison de l’Histoire de France einmal aussehen soll. Le Monde und AFP stellten diesen Bericht vor.

Neben den bereits bekannten Überlegungen sind wohl zahlreiche Multimedia- und Internet-Angebote geplant wie ein eigener TV-Kanal, um das Projekt besser in der breiten Öffentlichkeit zu implantieren. Besonders Kindern soll die Geschichte mit attraktiven Angeboten näher gebracht werden – da sind wir natürlich sehr gespannt. Auf der bereits eingerichteten Internetseite ist man übrigens aufgerufen, Vorschläge für die Inhalte zu machen – Partizipation der Basis sozusagen.

Geplant ist außerdem, verstärkt ausländische WissenschaftlerInnen einzuladen, die dann bei Ausstellungsvorbereitungen oder bei Vortragsreihen unterstützend mit wirken sollen.

Der Masterplan geht auch auf die Dauerausstellung ein, die 2.500 qm umfassen soll. Anscheinend ist diese in drei grosse Abschnitte oder Zugänge unterteilt: erstens eine Art chronologisches Rückgrat, zweitens Spots auf Ereignisse oder Perönlichkeiten sowie eine Helden-Allee. (Gerade letzteres klingt für mich so richtig typisch französisch).
Natürlich wird auch wieder mal die Frage aufgeworfen, wann die Geschichte anfängt – da gibt es wohl weiterhin noch große Unstimmigkeiten zwischen Politik und Wissenschaft.
Aber noch ist etwas Zeit, im Januar 2012 soll der Abschlussbericht vorliegen. Strittiges wurde ausgespart: der Standort, die Rolle der neun historischen Nationalmuseen und das Geld.

Und noch ein Hinweis: am Mittwoch, 22. Juni findet in Frankfurt ein Disskusionsabend über die Nationenbindung im Museum im IG-Farbenhaus statt.

Neues zum MHF

Geschrieben von am 9. Juni 2011 20:02

Man hört im Moment nichts mehr so richtig etwas über das geplante Maison de l’Histoire de France in Paris, aber offiziell steht anscheinend der Eröffnungstermin schon fest: 2015.

Dies geht aus einem Bericht des französischen Senats hervor. Noch dieses Jahr soll es eine Internetseite geben und Anfang 2012 soll die Institution offiziell gegründet werden. Wie geplant, soll es Gebäudeteile der Archives Nationales im Marais beziehen. Das Archiv wiederum zieht in einen vorort, einige alte Archivalien bleiben aber Vorort genauso wie das Museum des Archivs, das sich eigentlich auch der Geschichte Frankreichs widmet.

Aus dem Bericht des Senats geht auch hervor, dass das Museum selbst keine eigene Sammlung aufbauen soll. In einer chronologischen Dauerausstellung sollen stattdessen Objekte aus französischen Geschichtsmuseen gezeigt werden. Die Institution soll als eine Art Brückenkopf von vorhandenen Geschichtsmuseen, Unis und WissenschaftlerInnen werden.
Ich kann mir jetzt schon lebhaft die Diskussionen in Museumskreisen über prestigeträchtige Objekte vorstellen, die dann aus der Provinz nach Paris reisen müssen!

Catherine Dumas, die den sehr langen Bericht verfasst hat, meint im übrigen, dass die heftigen Kontroversen (Inhalte, Standort, mehr dazu hier oder hier) nur auf einer schlechten Kommunikation beruhe…
Aber noch ist alles nicht geregelt, wie das Journal Actualité du jour en direct weiss. Die HistorikerInnen sind immer noch nicht einverstanden; im April kam das Buch Quel musée d’histoire pour la France? heraus. Der geplante Standort ist weiterhin umstritten, auch das mit dem Geld scheint noch nicht komplett gelöst sein.
France 2 hat auf seinen Seiten Gegner und BefürworterInnen zu Wort kommen lassen.

Zum Glück wurde schon ein für Frankreich wichtiger Aspekt gelöst: die richtige Abkürzung für die neue Institution. Wer hätte das gedacht, sie lautet: MHF. Da kommt aber bestimmt noch was griffigeres!

Das Nationalarchiv wird im übrigen weiterhin von der Gewerkschaft besetzt; wohl im Gegenzug hat das Kulturministerium beschlossen, die Gärten öffentlich zugänglich zu machen. Das freut die Touristen, aber nicht so sehr die Angestellten….

Wer hierzu aktuelles erfahren möchte, kann sich auf der Facebook-Seite Maison de l’Histoire, pas aux archives informieren.

Neue Direktorin im Nationalarchiv in Paris

Geschrieben von am 19. April 2011 12:54

Das Pariser Nationalarchiv, in dem Sarkozy das Maison  de l’histoire installieren möchte, hat schon seit Ende Februar 2011 eine neue Direktor, nachdem die alte mit dem schönen Namen Isabelle Neuschwander gehen musste. Hier in Le Monde ist ein Interveiw mit der neuen, Madame Agnès Magnien, die sagt: das Maison  de l’histoire ist nicht mein Thema!

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