Die Bahn möchte lieber ihre Version des Holocausts
„Elftausend Kinder“, das ist eine Foto-Ausstellung über die während des Nationalsozialismus ermordeten Kinder, die Beate und Serge Klarsfeld federführend in Frankreich mit einem Verein erarbeitet haben. Sie erinnert an die Kinder zumeist deutscher Herkunft, die mit der Bahn von Frankreich aus in die deutschen Vernichtungslager fuhren. In Frankreich wurde die Ausstellung, unterstützt von der französischen Bahngesellschaft SNCF, an vielen Bahnhöfen gezeigt. In Deutschland lehnte die Deutsche Bahn, bzw. Herr Mehdorn, das Ansinnnen mit fadenscheinigen Gründen ab. Es kam im Sommer 2006 zum Eklat, über den der Museumsblog berichtete. Am 1.12.2006 kam es, durch die Vermittlung von Verkehrsminister Tiefensee, zu einer Einigung: Dem Deutschlandfunk sagte Beate Klarsfeld im Interview, dass das Bahnmuseum in Nürnberg für Januar 2008 eine Ausstellung vorbereiten werde, in der es auch über die Rolle der Reichsbahn bei den Deportationen gehen solle. Der Verein stelle dafür Material zur Verfügung, wobei alle weiteren Modalitäten für Beate Klarsfeld nicht geklärt waren: sie ging weiterhin von einer Ausstellung auf deutschen Bahnhöfen aus. Zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar zeigte sich nun, das keine Einigung erzielt wurde und die Fronten eher verhärtet sind. So wird in der Frankfurter Rundschau der Politikwissenschaftler Ekkehart Krippendorff zitiert:
„Mehdorn beschädige mit seiner Weigerung „massiv“ das moralische Fundament der Bundesrepublik, rügte Krippendorff. Der Bahnchef kündige „partiell den Konsens der deutschen Demokratie auf“. Besonders infam sei es, dass die Bahn AG Beate Klarsfeld aufgefordert habe, Exponate aus der Ausstellung „Elftausend Kinder“ für eine eigene Bahnschau zu Verfügung zu stellen. Damit werde das Gedenken ins Belieben der Bahn AG gestellt, kritisieren die Demonstranten. Vor allem das Schicksal der Kinder werde dann wohl nicht mehr gewürdigt.“
Letzten Samstag setzten sich mehrere Menschen in vielen Aktionen dafür ein, dass die Ausstellung nun endlich hier auf deutschen Bahnhöfen gezeigt werden kann. Es fuhr der „Zug der Erinnerung“ zwischen Würzburg und Schweinfurt mit Teilen der Ausstellung „Elftausend Kinder“, ganz legal von einer Bürgerinitiative gemietet. In anderen Städten verteilte Demonstranten auf den Bahnhöfen und in den Zügen Flyer, um die Reisenden auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Bahn ging mit den Demonstranten nicht zimperlich um, verhinderte Vorträge vor den Bahnhöfen und auf den Bahnsteigen, wie mehrere TeilnehmerInnen berichten. Das Ganze trägt also weiterhin zur Beschädigung der Bahn bei.
Auf der Seite von German-Foreign-Policy.de ist ein Dossier zu den „Elftausend Kindern“ zu finden.
Geschrieben von Nina Gorgus am 30. Januar 2007 10:38