Musée du quai Branly, die vierte



Ich habe nun das auch hier schon viel besprochene Musée du Quai Branly in Paris besichtigt. Es hat mich sehr enttäuscht: weder Architektur, Museographie oder Präsentation ist neu oder gar innovativ. Es bietet kein Aha-Erlebnis, wie damals die Grande Galerie d’Évolution des naturhistorischen Muséum oder wie die Präsentation des Musée d’Orsay. Es wird sich dennoch durchsetzen, aber nicht, weil es richtig gut ist, sondern weil damit Prestige verbunden ist. Mein erster Eindruck (weitere werden noch folgen):
Den Besucher empfängt, wenn er den wirklich interessanten Garten durchquert hat und die üblichen Hürden (einmal anstehen für die Tickets, einmal für die Sicherheitskontrolle, einmal für den Einlass), überwunden hat, ein sehr dunkel gehaltenes Foyer. Dann begibt man sich auf eine Rampe, die auf einem geschwungenen Weg hinauf in die Ausstellung führt. Eigentlich handelt es sich eher um einen Tunnel mit einer sehr niedrigen Decke. Ab und zu werden kurze Sätze in Leuchtschrift eingeblendet, mal sieht man einen Film oder Dias. Sonst passiert nichts. Auch der Audio-Guide, (der 5 Euro kostet) gibt nur eine knappe Einführung her. Dennoch baut die Rampe eine Erwartungshaltung auf, die dann leider nicht erfüllt wird: Man strandet auf einer Art Kreuzung und weiß nicht genau, wo man hin soll. Es ist schummrig, es gibt keinen Eye-Catcher. Also schaue ich mir erst die androgyne Figur an, die da etwas verloren steht. Zwar hatte das Museum aufgrund des Protestes Objektbeschriftungen angebracht, genützt hat es jedoch nicht viel, haben die Schilder doch eine viel zu kleine Schrift und es ist viel zu dunkel, um sie überhaupt lesen zu können. Überhaupt wird es einem schwer gemacht, Objekte anzusehen: so stehen viele Objekte frei vor der Glasfassade. Zum Schutz wurde auf die Fassade eine perforierte Folie geklebt. Vor der Fassade sind allerdings ebenfalls, anders perforierte Jalousien angebracht. Es entsteht also eine Art psychadelischer Effekt, so dass man die Objekte vor lauter Augenflimmern gar nicht richtig ansehen kann. Dazu ist es schwierig, überhaupt den Weg zu finden durch den mit Vitrinen vollgestellten Ausstellungsraum; die Besucherführung ist gleich null. Ich weiß nicht, wo ich mich befinde und habe keinen Überblick, was mich erwartet. Es sind diese Sachen, die mich ärgern und die mir zeigen, dass da wenig an den Museumsbesucher gedacht wurde. Auch die Museographie halte ich für überdenkenswert – wie ich das meine, werde ich noch in anderen Posts zur Diskussion stellen.Auf ihn wirke das Museum, so ein französischer Freund und unvoreingenommener Biologe, wie ein luxuriöser Duty-Free-Shop. Nach meinem Besuch muss ich ihm Recht geben: ich habe noch nie so viele Menschen in einem Museum gelangweilt um Vitrinen wandeln, telefonieren und Zeitung lesen sehen noch habe ich so viele Unterhaltungen über Erziehungsprobleme oder geschäftliche Angelegenheiten mitangehört. Das Museum bietet dazu wirklich die ideale, dekorative Kulisse. Allerdings erinnert mich alles eher an eine Shopping Mall der Mittelklasse: im Juni 2006 eröffnet, zeigt die Ausstellung jetzt schon einige Gesprauchsspuren. So ist der Bodenbelag teilweise zerstört und elektrische Kabel ragen ungeschützt in den Raum hinein.

Das MQB im Museumsblog wurde hier, hier und hier besprochen.

Kategorie: Ethnologie, Frankreich, Paris, Quai Branly

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