Das DHM kündigt eine Tagung an

Geschrieben von am 8. Februar 2007 11:54

Im Deutschen Historischen Museum in Berlin findet zwischen dem 14. – 16. März 2007 das Internationale Symposium „Gedächtnis der Nationen? Neue nationale Geschichts- und Kulturmuseen: Konzeptionen, Realisierung und Erwartungen“ statt. Geladen sind illustre Gäste aus Japan, Neuseeland oder Frankreich. Es soll herausgearbeitet werden, so die Ankündigung, „ob und wie es den neukonzipierten Museen gelingt, Gedächtnis der Nation zu sein, um in diesem Sinne von den Besuchenden angenommen zu werden“. Besucher kommen aber, glaube ich, hier nicht zu Wort.

Das Programm kann man sich hier als PDF herunterladen.
Um sich die Gründung des DHM wieder ins Gedächtnis zu rufen, empfehle ich die Lektüre von Moritz Mälzer: Ausstellungsstück Nation. Die Debatte um die Gründung des Deutschen Historischen Museums in Berlin (Reihe Gesprächskreis Geschichte 59). Bonn 2005. Dieses Buch kann bei der Friedrich-Ebert-Stiftung als PDF oder altmodisch als Buch bezogen werden.

Musée du quai Branly, die vierte

Geschrieben von am 7. Februar 2007 13:04



Ich habe nun das auch hier schon viel besprochene Musée du Quai Branly in Paris besichtigt. Es hat mich sehr enttäuscht: weder Architektur, Museographie oder Präsentation ist neu oder gar innovativ. Es bietet kein Aha-Erlebnis, wie damals die Grande Galerie d’Évolution des naturhistorischen Muséum oder wie die Präsentation des Musée d’Orsay. Es wird sich dennoch durchsetzen, aber nicht, weil es richtig gut ist, sondern weil damit Prestige verbunden ist. Mein erster Eindruck (weitere werden noch folgen):
Den Besucher empfängt, wenn er den wirklich interessanten Garten durchquert hat und die üblichen Hürden (einmal anstehen für die Tickets, einmal für die Sicherheitskontrolle, einmal für den Einlass), überwunden hat, ein sehr dunkel gehaltenes Foyer. Dann begibt man sich auf eine Rampe, die auf einem geschwungenen Weg hinauf in die Ausstellung führt. Eigentlich handelt es sich eher um einen Tunnel mit einer sehr niedrigen Decke. Ab und zu werden kurze Sätze in Leuchtschrift eingeblendet, mal sieht man einen Film oder Dias. Sonst passiert nichts. Auch der Audio-Guide, (der 5 Euro kostet) gibt nur eine knappe Einführung her. Dennoch baut die Rampe eine Erwartungshaltung auf, die dann leider nicht erfüllt wird: Man strandet auf einer Art Kreuzung und weiß nicht genau, wo man hin soll. Es ist schummrig, es gibt keinen Eye-Catcher. Also schaue ich mir erst die androgyne Figur an, die da etwas verloren steht. Zwar hatte das Museum aufgrund des Protestes Objektbeschriftungen angebracht, genützt hat es jedoch nicht viel, haben die Schilder doch eine viel zu kleine Schrift und es ist viel zu dunkel, um sie überhaupt lesen zu können. Überhaupt wird es einem schwer gemacht, Objekte anzusehen: so stehen viele Objekte frei vor der Glasfassade. Zum Schutz wurde auf die Fassade eine perforierte Folie geklebt. Vor der Fassade sind allerdings ebenfalls, anders perforierte Jalousien angebracht. Es entsteht also eine Art psychadelischer Effekt, so dass man die Objekte vor lauter Augenflimmern gar nicht richtig ansehen kann. Dazu ist es schwierig, überhaupt den Weg zu finden durch den mit Vitrinen vollgestellten Ausstellungsraum; die Besucherführung ist gleich null. Ich weiß nicht, wo ich mich befinde und habe keinen Überblick, was mich erwartet. Es sind diese Sachen, die mich ärgern und die mir zeigen, dass da wenig an den Museumsbesucher gedacht wurde. Auch die Museographie halte ich für überdenkenswert – wie ich das meine, werde ich noch in anderen Posts zur Diskussion stellen.Auf ihn wirke das Museum, so ein französischer Freund und unvoreingenommener Biologe, wie ein luxuriöser Duty-Free-Shop. Nach meinem Besuch muss ich ihm Recht geben: ich habe noch nie so viele Menschen in einem Museum gelangweilt um Vitrinen wandeln, telefonieren und Zeitung lesen sehen noch habe ich so viele Unterhaltungen über Erziehungsprobleme oder geschäftliche Angelegenheiten mitangehört. Das Museum bietet dazu wirklich die ideale, dekorative Kulisse. Allerdings erinnert mich alles eher an eine Shopping Mall der Mittelklasse: im Juni 2006 eröffnet, zeigt die Ausstellung jetzt schon einige Gesprauchsspuren. So ist der Bodenbelag teilweise zerstört und elektrische Kabel ragen ungeschützt in den Raum hinein.

Das MQB im Museumsblog wurde hier, hier und hier besprochen.

Was macht eigentlich Jacques Hainard?

Geschrieben von am 6. Februar 2007 12:32

Man kennt ihn von internationalen Museumstagungen: Immer wenn es langweilig zu werden drohte, kam der französischsprachige Schweizer und provozierte mit einer Äußerung, die alle wieder aufweckte. Er hat zahlreiche Ausstellungen gemacht, als er Leiter des Musée d’Ethnographie Neuchâtel, die weltweit Aufsehen erregten. Das waren nicht nur Ausstellungen, sondern intellektuelle Experimente wie „Der Unterschied“ oder „Das kannibalische Museum„.
Die Devise des MEN lautet:

„Ausstellen heisst die Harmonie trüben.
Ausstellen heisst den Besucher in seiner intellektuellen Behaglichkeit stören.
Ausstellen heisst Gefühle hervorrufen, Wut und das Verlangen noch mehr zu wissen.
Ausstellen heisst einen spezifischen Diskurs über ein Museum führen, bestehend aus Gegenständen, Texten und Darstellungen.
Ausstellen heisst Gegenstände in den Dienst einer theoretischen Betrachtung, eines Diskurses oder einer Geschichte stellen und nicht umgekehrt.
Ausstellen heisst das Wesentliche durch kritische Distanz nahelegen, gefärbt von Humor, Ironie und Spott.
Ausstellen heisst gegen angenommene Ideen kämpfen, die Stereotypen und die Dummheit.
Ausstellen heisst gemeinsam eine Erfahrung intensiv leben.“

Man kann sich nur wünschen, dass dies in mehr Museen dies beherzigt würde! Schon seit einem knappen Jahr hat Hainard seinem Kollegen Marc-Olivier Gonseth das Feld überlassen, und leitet nun die Geschicke des Musée d’Ethnographie Genf. Dies soll von Grund auf neu konzipiert und renoviert werden, eine spannende Angelegenheit, für die Hainard in seinem Mot du Directeur viel Engagement und vor allem viel Liebe fordert. Ich zweifle nicht daran, dass er diese finden bzw. auch bei den Genfern entzünden wird.

Sieger in allen Kategorien

Geschrieben von am 5. Februar 2007 11:13



Das Musée des arts décoratifs in Paris präsentiert sich seit September 2006 mit neuem Konzept und neuer Gestaltung. Das Ergebnis ist mehr als gelungen. Hier haben sich offensichtlich Menschen, die ihre Arbeit lieben, mit der Sammlung intenisv auseinandergesetzt, sie haben sich nicht von Gestaltern reinreden lassen, sondern mit ihnen zusammengearbeitet und viele schöne Ideen umgesetzt, von denen man gar nicht genug bekommen kann. Der chronologische Rundgang beginnt im Mittelalter und reicht bis in die Gegenwart, und führt durch das ganze Gebäude (einem Seitenflügel des Louvre). Das Kunsthandwerk wird so interessant und abwechslungsreich präsentiert, es ist hell und freundlich, die Texte sind angenehm zu lesen. Schön sind die 10 auf allen Epochen verteilten „Period rooms“ (usprünglich eine deutsche Erfindung von Herrn Bode), die einen Eindruck ganzer Ensembles wiedergeben. Der Audioguide, der gratis in vier Sprachen zur Verfügung gestellt wird, stellt Objekte und Sammlung in einen größeren Kontext. Gut gefallen hat mir auch die thematische Ausstellungen in der Galerie d’études: Hier geht es um die beiden zentralen Themen Essen und Ausruhen. Die beiden Themen werden mit zahlreichen Objekten durchdekliniert. Dazu gibt es ein Heft, in dem ein Glossar Wörter und Ausdrücke zu beiden Themen kombiniert und erklärt. Ich bin restlos begeistert von dieser Präsentation: Der Museumsbesuch ist ein einziger Genuß, nicht, weil es sich nur um „schöne“ Objekte handelt, sondern weil alles stimmig ist.

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