Eissenhauer in Berlin

Geschrieben von am 26. August 2008 11:50

Der Kunsthistoriker und Möbelschreiner (laut Wikipedia), Michael Eissenhauer, ist ab 1. November Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin. Heute hat er im Deutschlandradio Kultur Stellung bezogen zur Problematik der Provenienz und Restitution in deutschen Museen und sich dazu geäußert, was er in Berlin verwirklichen möchte, nämlich die Erfolgsgeschichte der Museen weiter fortzuschreiben.
Das Interview auf DeutschlandRadio Kultur kann man sich hier nochmals anhören

Carte Blanche für Christian Lacroix

Geschrieben von am 25. August 2008 15:56

Schon als Jugendlicher war der aus Arles gebürtige Christian Lacroix ein Fan des Musée Réattu, hat dort erste künstlerische Entdeckungen gemacht, Inspiration für seine späteren Kreationen gesammelt und, last but not least, auch mit mancher Jugendliebe Händchen gehalten. Damals hätte er es sich wohl kaum träumen lassen, dass dieses ehrwürdige Museum, das in einem Renaissance Palais, einst Grosspriorat des Malteserordens, untergebracht ist, ihm einst carte blanche für eine Ausstellung geben würde. Das Museum hatte damit einen überaus glücklichen Einfall. Wunderbar gelungen ist diese Inszenierung die sich über alle Säle des Museums erstreckt. Lacroix wählte Bilder und Skulpturen aus den Beständen des Museums um sie in thematischen Räumen mit moderner Kunst, Installationen, Skulpturen, Gemälden, Zeichnungen und Fotos und seinen eigenen Haute Couture Modellen zu konfrontieren. In jedem Detail wird das Auge und das Gespür für Farben, Gegensätze, Harmonien des Modeschöpfers sichtbar. Eigens nach Entwürfen von Lacroix angefertigte Teppiche sind ebenso Bestandteil der szenischen Einrichtung wie die subtilen Farbschattierungen der Wände und lassen somit das Museum und seine Objekte zu einem Gesamtkunstwerk werden.

Leider läuft die Ausstellung nur mehr bis zum 31. Oktober, aber wer in der Gegend ist, sollte sie sich nicht entgehen lassen.
Eine andere äusserst interessante Initiative des Musée Réattu gilt es noch zu erwähnen: 2007 hat das Museum eine eigene Abteilung für „Hörkunst“ geschaffen. In einem (von Lacroix gestalteten) Raum, der „chambre d’écoute“ mit orientalisch anmutenden Diwan-Betten und Blick auf die breit dahinströmende Rhône kann man sich in die Kissen zurücklehnen und „Hörbildern“ lauschen. Jeden Monat wird ein anderes Werk vorgestellt, diesmal war es „Containers“ der Australier Sherre Delys und Russel Stapleton das versucht, die „Melodie“ des Hafens von Sydney einzufangen.

Absolut lesenswert

Geschrieben von am 22. August 2008 14:02

Das ethnographische Museum in Neuchâtel ist seit langem für seine provokanten und insolenten Ausstellungen bekannt – um nicht zu sagen, berühmt und berüchtigt. Anlässlich des 100 Jahre Jubiläums 2004 kam im darauffolgende Jahr ein über 600 Seiten starker, reich illustrierter Band heraus, der „Cent ans d’ethnographie sur la colline de Saint-Nicolas, 1904-2004“ nachzeichnet. 

Der erste Teil widmet sich der Geschichte des Museums, von seinen Anfängen als Kuriositätenkabinett über die kolonialen Sammlungsexpeditionen, die universitäre Einbindung und die Rolle Van Genneps bis hin zu neun Ansätzen für eine Anthropologie/Ethnologie des 21. Jahrhunderts. Ein weiterer Teil lässt Mitarbeiter zu Worte kommen, die ihr Lieblingsobjekt vorstellen. Kollegen aus dem In- und Ausland sind eingeladen, ihre Sicht auf das MEN darzulegen und der Sclussteil berichtet über das Jubiläumsjahr, seine Festlichkeiten und Events.

Was aber das Buch so ausserordentlich lesenswert, ja unentbehrlich für alle im Ausstellunsgbetrieb Tätigen macht, ist jener Teil in dem die Ausstellungsarbeit des MEN im Mittelpunkt steht und hier ganz besonders die Zeit zwischen 1981 und 2004 die von einer immer weiterreichenden Suche nach neuen Inhalten und szenogafischen Inszenierungen unter der Direktion des charismatischen Jacques Hainard Zeugnis ablegt. Alle Ausstellungen finden sich hier einem Schema folgend versammelt: ein emblematisches Foto, das Plakat, Fotos die die grossen Ausstellungslinien widergeben, Pläne und Details zur Konzeption und zur Szenographie, Fotos mit Ausstellungsdetails, eine Analyse, Pressereaktionen und ein Verzeichnis von Publikationen zur Ausstellung runden jedes einzelne Kapitel ab.
Die ca. 90 Euros die der Band kostet können kaum besser angelegt werden!
Gonseth, Marc-Olivier, Jacques Hainard, Roland Kaehr (dir.), 2005, Cents ans d’ethnographie sur la colline de Saint-Nicolas, 1904-2004. Neuchâtel, MEN (ISBN 2-88078-029-2)

Mal wieder über Dinge lesen.

Geschrieben von am 14. August 2008 08:55

Es geht hier um Dinge, im Museum, aber auch im Alltag und um die vielfältigen Beziehungen zu den Dingen aus historischer, ethnographischer, soziologischer oder museologischer Perspektive. Darüber wurde einmal anläßlich der „Ersten kulturwissenschaftlichen Gespräche“ 2002 im Ludwig-Uhland-Institut in Tübingen zu Ehren von Gottfried Korff diskutiert. Gudrun M. König hatte 2005 die Gespräche als Buch herausgegeben, doch das ist leider vergriffen. Man braucht sich darüber aber nicht zu grämen oder schlechtgelaunt in eine überfüllte Bibliothek gehen – denn man kann es sich hier als pdf herunterladen. Sehr schön.

Gudrun M. König (Hg.):
Alltagsdinge : Erkundungen der materiellen Kultur. (Studien und Materialien des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen ; 27. Tübingen 2005

Eine Trouvaille mitten in Paris

Geschrieben von am 11. August 2008 16:20

Ein unscheinbares messingfarbenes Schild im Pariser Stadtviertel Marais verweist auf das um die Ecke liegende Museum, das Musée de la chasse et de la nature. Um so spannender ist aber der Besuch des Museums selbst. Was man hier alles zu sehen bekommt und wie, ist einfach grandios: es war einer der kurzweiligsten Museumsbesuche überhaupt. Auf kühne und elegante Weise wird hier ein nicht unumstrittenes Thema, nämlich die Jagd, mit (zeitgenössischer) Kunst und klassischen musealen Inszenierungen präsentiert, die perfekt in das historische Gebäude eingebunden sind. All das geschieht mit einem leichten Augenzwinkern.

In zwei Rundgängen – die hier ganz gut nachvollzogen werden können – läuft die Besucherin durchs Haus. „Das Bild des Tieres“ widmet sich verschiedenen Tieren wie Wolf und Hase; ein Wildschwein begrüßt mich als erstes. Künstlerische Darstellungen aus Vergangenheit und Gegenwart werden naturwissenschaftliche Erkenntnisse entgegengesetzt und ermöglichen gewissermaßen, mit den Augen des Jägers zu sehen. Dazu dienen etwa eine Art Schränke, bei denen man viele Schubladen aufziehen kann.

Imposante zeitgenössische Kunstinstallationen laden ganz direkt, aber auch versteckt ein, über das eigene Verhältnis zu Tieren nachzudenken. Der zweite Rundgang, „Jagd und Kunst“, thematisiert das Sammeln selbst. Die Atmosphäre eines Sammler-Hauses soll vermittelt werden, genauer die des Sammlerpaars, François und Jacqueline Sommer, die in den 1960er Jahren die Sammlung anlegten.

Das geschieht nie ungebrochen und wird dann im 2. Stock konsequent bis in die Gegenwart fortgesetzt. Der amerikanische Künstler Mark Dion hat hier mit der Installation der Sommerschen Jagdhütte den Museumsgründern ein unprätentiöses Denkmal gesetzt.

Sehenswert sind auch die beiden Stadtpalais, in denen das Museum untergebracht ist: das Hôtel de Guénégaud, um 1655 erbaut von François Mansart, ist das einzige Hôtel im Marais, das noch vollständig erhalten ist.
Beim nächsten Paris-Besuch auf GAR KEINEN Fall versäumen!

Das Intro der Website laut anhören.
Musée de la Chasse et de la Nature

62, rue des Archives
750003 Paris , Metro Rambuteau
Di-So 11-18 Uhr, mo und feiertags geschlossen

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