Mit Hartz IV ins Museum

Geschrieben von am 22. Dezember 2008 15:44

Na, wenn das mal keine Weihnachtsnachricht ist: bis zum 8. Februar können in Dresden sächsische Hartz IV-EmpfängerInnen und Angehörige umsonst in die Staatlichen Museen gehen. So oft, wie sie wollen und in jede Ausstellung, die Kundenkarte der ARGE dient als Eintrittskarte. Schöne Aktion, könnte und sollte länger dauern.

Hier kann man nachlesen, warum der ehemalige Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin gegen den freien Eintritt ist, hier, weshalb Hanno Rauterberg dafür ist und Gottfried Fliedl erinnert uns in seinem Glossar: „Die Einhebung einer Eintrittsgebühr ist – neben der Regelung der Öffnungszeiten -, das wichtigste Instrument der Museen zu Herstellung sozialer Distinktion.“

Hollands Blick auf die Welt

Geschrieben von am 17. Dezember 2008 18:08

– im Tropenmuseum in Amsterdam. Ein Museum in dem man Stunden verbringen kann, immer wieder Neues entdeckt und Lust hat wieder zu kommen. Kann man Schöneres von einem Museum sagen?

Seit mehr als 10 Jahren unterzieht sich das Tropenmuseum einer langsamen Wandlung. Vom einstigen Kolonialmuseum ist es inzwischen zu einem lebendigen Museum aussereuropäischer Kulturen geworden. Die Geschichte des holländischen Kolonialismus wird dabei keineswegs verschwiegen sondern bewusst und (selbst)kritisch eingearbeitet. Den Objekten aus der „klassischen“ Sammlung stehen heutige Produkte des täglichen Gebrauchs ebenso gegenüber wie Werke und Installationen zeitgenössischer Künstler. Dies ist ein ganz bewusster Wunsch der Amsterdamer Museumsdirektion, um einerseits ein neues Publikum anzusprechen und andererseits zu zeigen, dass auch ausserhalb Europas und der anderen grossen Industrienationen durchaus interessante Kunst entsteht.
Moderne Technik steht neben altbewährten – und oft als antiquiert angesehenen –  Gestaltungselementen. Beispiel: im Bereich Latein-/Südamerika kann man in einem nachempfundenen Café sitzen, an einer Wand eine Vitrine die dem populären Catch gewidmet ist und auf einem Fernseher in der Ecke verschiedene emblematische Ereignisse bzw. Personen abrufen (Eva Peron, Che Guevara, „Mann mit der Silbermaske“…). Will man mehr wissen, geht man durch die spärlich beleuchtete „Strasse“ ins Cybercafé um am Computer seine Recherchen weiterzuführen.
Im „islamischen“ Bereich duften die Gewürze in grossen Säcken unter einer Coca Cola Reklame, in der Jukebox kann man zwischen modernem Türkenpop, mittelalterlicher Lautenmusik oder einem Video einer ägyptischen Schönheit wählen, die singend und bauchtanzend die Strassen Prags (!) durchwandert oder sich Hochzeitstänze und -gesänge aus dem Hohen Atlas ansehen.
Ernsthafte wissenschaftliche Arbeit muss nicht unvereinbar mit Humor sein. Kein Objekt ist isoliert, aktuellen Fragestellungen wird ebensowenig ausgewichen wie einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Alle Texte sind zweisprachig (holländisch und englisch), nicht zu lang doch ausreichend informativ und Dank des Einsatzes moderner interaktiver Medien jederzeit erweiterbar.
Ein absolutes Lieblingsmuseum!

Die andere Art, außereuropäische Kulturen auszustellen

Geschrieben von am 9. Dezember 2008 10:58


Die Kisten im Völkerkundemuseum in Wien sind ausgepackt – seit 19. November bietet das Haus Einblicke, wie ein Völkerkundemuseum in der Gegenwart ausstellen kann. Einblicke in die Sammlung vermittelt der neue Teil der Schausammlung. In 21 Vitrinen wird religiöse Kunst aus Süd-, Südostasien und Himalayaländer gezeigt; jede Vitrine steht für sich und bindet neben den Objekten, Texte, Fotografien oder andere Medien mit ein. Ganz deutlich beziehen die Kuratoren damit gegen das ästethisierende Prinzip Musée du quai Branly Stellung:
So heißt es auf der Internetseite zur Ausstellung:

„Obwohl die gezeigten Objekte dem Bereich „religiöse außereuropäische Kunst“ zugeordnet werden können, steht in ihrer Darstellung im Museum für Völkerkunde nicht die Ästhetisierung fremdkultureller Objekte und deren Verwandlung in Werke „nicht- europäischer Kunst“ im Vordergrund, sondern ein Verständnis der durch sie repräsentierten Inhalte und kulturellen Zusammenhänge.“

Ich habe selten bei einer Ausstellunsgeröffnung so viele interessierte BesucherInnen gesehen. Warum es mehrfach lohnt, sich diese neue Präsentation der Schausammlung anzusehen, sind die anderen Ausstellungen, die noch weitere Einblicke in die außereuropäischen Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart bieten: Das ist die Ausstellung „Zeitreise Tibet“ mit Fotografien von Barbara Krobath; die Ausstellung „Kunstvoller Widerstand“ mit zeitgenössischer Kunst aus Sri Lanka und die monographische Ausstellung sowie die objekt-monographische Ausstellung Straps & Bands – die Privatsammlung eines Arztes, die nun zum Museum gehört.

Das Museum in der Presse:
Im Kurier, im Orf-Magazin und bei APA Zukunftswissen

Upside Down

Geschrieben von am 7. Dezember 2008 19:49

Das Musée du Quai Branly (Paris) zeigt zur Zeit die Ausstellung „Upside Down – les Arctiques“. Doug Wheeler, amerikanischer Experimentalkünstler und Szenograph der Ausstellung und Edmund Carpenter, Filmemacher und Anthropologe, ihr Kommissär wollen sie bewusst ohne Kommentare um den Besucher zu einer virtuellen Wanderung durch die Polarwelt einzuladen. Einzige Informationsquelle, eine kleine Broschüre die Objektekartelle und andere Texte ersetzen soll.

Der Raum ist in bläuliches Licht getaucht, durch die grossen gefärbten Glasfenster sieht man schemenhaft die Bäume des umliegenden Gartens, die Vitrinen von unten mit Neonröhren erleuchtet erinnern an Eisblöcke, die Beschallung lässt den Wind auf den riesigen Eisflächen erahnen. Das alles sieht auf dem Papier chic und trendy aus. In der Realität gehen die Besucher ratlos (und fröstelnd) zwischen den Glaskästen herum, wissen nicht was sie sehen. Die Objekte, Masken, kleine Skulpturen, sind berührend schön, mit einer bewunderungswürdigen Finesse ausgeführt, fremdartig… Man möchte so vieles wissen. Man möchte wissen wer die Menschen sind die diese zauberhaften kleinen Eisbären geschnitzt haben, wer diese Masken trug und warum… das magere Heftchen gibt kaum Antworten, die zum Grossteil sehr kleinen Objekte sind oft auf Kniehöhe angebracht, die zur Verfügung gestellte Lupe macht die Frustration nur noch grösser. Warum nicht wenigstens ein kurzer Film im Eingangsbereich, der erlaubt die Gegenstände zu situieren, mehr über ihre Erzeuger und Benutzer zu erfahren? Ein Film wird dort allerdings gezeigt: ein Willkommentanz bei dem die Bilder auf dem Kopf stehen…
Der Quai Branly bleibt sich treu: „Volkskunst“ soll schön zum Anschauen sein, auf den Rest pfeift man!

Sitzen im Museum XI

Geschrieben von am 6. Dezember 2008 11:24


Aufrecht sitzen im Pergamonmuseum in Berlin, dafür mit Ansicht.

Überraschende Nominierung

Geschrieben von am 1. Dezember 2008 16:28

Italiens Regierung ist immer für Überraschungen gut: diesmal kommt sie aus der Museumsszene. Da wurde nämlich der 63 jährige Mario Resca zum Direktor der nationalen Museen und Galerien ernannt.  Resca ist weder Kunsthistoriker noch Museumsmanager, sondern „schlichter“ Museumsbesucher wie er in einem Interview feststellte. Er habe auch nichts über fast-food gewusst bevor er McDonalds leitete, und nichts über Glücksspiel bevor er zum Kasinodirektor ernannt wurde… Einig sind sich aber alle über seine Manager Fähigkeiten. Und daran scheint Bedarf zu sein, ist doch kein einziges der italienischen Museen unter den internationalen Tophäusern zu finden. Seine Ambition ist es, das Image der Kunstsammlungen aufzuwerten, den Kulturtourismus anzukurbeln und dem Vorbild des Louvre im internationalen Ausstellungsaustausch zu folgen. Man darf gespannt sein…

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