Sitzmöbel XXXXI
Auf welchem Stuhl darf man wohl hier im Hällisch-Fränkischen Museum in Schwäbisch Hall Paltz nehmen?
Auf welchem Stuhl darf man wohl hier im Hällisch-Fränkischen Museum in Schwäbisch Hall Paltz nehmen?
Und es geht weiter mit dem Blick nach Marseille!
Das Fort St. Jean ist eher dem volkskundlichem Erbe des MuCEM vorbehalten, sprich hier kommen in den Ausstellungen Objekte aus der Sammlung der Vorgängerinstitution MNATP zum Einsatz. Die Ausstellungen drehen sich um das Thema Le temps des Loisirs, sprich um Freizeit: um Themen wie Marionetten, Zirkus und Feste. Diese zum Teil sehr kleinen Präsentationen findet man quasi en passant, wenn man das Fort erkundet. So kann man über ein riesiges Zirkusmodell staunen und vor allem über die Marionetten. Noch nicht alle Räume waren im Juni schon eröffnet.
Die Marionetten nahmen auch in der Dauerausstellung des MNATP in Paris einen breiten Raum ein. Besonders gut gefallen hat mir in den kleinen Räumen die Inszenierung mit dem Nylonfaden gefallen, die sich natürlich bei der Thematik anbietet, eingesetzt wurde. Darüber hinaus verweist diese Inszenierung auch auf die museale Vergangenheit, da der Nylonfaden ja das Kennzeichen der Museologie von Georges Henri Rivière war – zum Einsatz kommen konnte und so nochmals auf die museale Vergangenheit verweist. Eine weitere Inszenierung hat mir besonders gut gefallen, so dass ich darüber noch extra berichten möchte. Demnächst.
Zugegeben: diese Schafe und Pferde waren nicht im Museum. Aber das Erleben der TransHumance in Marseille am Eröffnungswochenende gerade vor dem MuCEM war ein großer emotionaler Moment. Großartige Bilder vor dem großartigem Gebäude! Und das Fort St. Jean hat nicht plötzlich Zinnen bekommen…
Natürlich war es keine „echte“ Transhumanz; es handelte sich um eine ausgeklügelte Choreographie des Theatre du Centaure, die schon Mitte Mai weit vor den Toren Marseilles begann. Toll, dass dieses Spektakel mit der Eröffnung des MuCEM gekoppelt wurde! Denn eines der großen Sammlungsgebiete des Musée national des Arts etTtraditions populaires – der Vorgängerinstitution – war die Transhumance, wie sie beispielsweise in Aubrac gepflegt wurde. Das spielte bei der Planung wahrscheinlich überhaupt keine Rolle – ich fühlte mich dennoch daran erinnert. Die fliegenden Sardinen sind freilich ein Schmankerl des MuCEM…
Nicht ganz so rustikal sitzen die BesucherInnen im neuen Gebäude von Rudy Ricciotti: vor allem die Liegestühle und Stühle auf der Terrasse des MuCEM sind aus Metall. Hier lässt es sich mit Blick auf’s Meer schön erholen!
Im muCEM lässt es sich natürlich vortrefflich sitzen – ob in den Ausstellungen, auf der Terrasse oder im Fort St. Jean: von klassischen Museumsbänken, Stühlen, Picknick-Bänken und Liegestühlen ist für jede müde Museumsbesucherin etwas dabei! Hier sind die diversen Sitzmöbel im Fort St. Jean: rustikal und solide, da Wind und Wetter ausgesetzt!
Als cité culturelle möchte das MuCEM viele Orte zugleich sein. Dieses Prinzip gilt auch für die Ausstellungen: nicht eine große monolithische Dauerausstellung, sondern diverse Formate für unterschiedliche Zielgruppen und Geschmäcker. Ich habe mit der Dauerausstellung (wobei die Dauer 3-5 Jahre heisst) im neuen Gebäude J4 begonnen.
Die Galerie de la Méditerranée ist hier das Herzstück. Sie umfasst 1.500 qm des Erdgeschosses. Zunächst quert man einen Raum mit einer Grossprojektion, um dann in eine großen, weiss und braun gehaltenen Ausstellungsraum einzutreten. Ich habe den Raum wie eine Ausstellungslandschaft wahrgenommen, mit vielen freistehenden Großobjekten, leicht und beschwingt. Das Thema der Dauerausstellung ist das, dass sei hier nochmals gesagt, das Mittelmeer – diese Verschiebung vom ganzen Europa zum Mittelmeer war eine politisch gewollte. Dennoch kommt natürlich Europa auch vor, sogar ein Stück der Berliner Mauer fand ihren Platz!
Das Mittelmeer umranden viele Nationen, mit komplett unterschiedlichen Traditionen, Wertevorstellungen, und Kulturen. Wie wird das nun hier zusammengeschnürt? Vier Aspekte, Besonderheiten wie es heisst, stehen im Zentrum: Die Landwirtschaft und die Erfindung der Götter, die gleich dreimal heilige Stadt Jerusalem, die Bürgertum und Bürgerrechte und schließt mit Der Entdeckung unbekannter Welten ab.
Am längsten habe ich mich im ersten Teil aufgehalten – ihn fand ich gestalterisch am gelungensten; auch konnte man durch die Anordnung der Objekte sich so richtig schön vertiefen. Mir hat vor allem gut die Zusammenstellung der Objekte gefallen und die luftige Präsentation. Man begibt sich auf einen Rundgang durch die Zeit und durch den Raum: die Objekte decken einen Zeitraum vom Neolithikum bis in die Gegenwart ab und stammen von Frankreich über Algerien, Griechenland bis hin nach Bulgarien. Die Objektauswahl war sehr überzeugend; Großobjekte wie die hydraulische Maschine aus Ägytpen aus dem 20. Jahrhundert, die große (Vorrats-) Amphore aus dem 2.-3. Jahrhundert oder die Hütte der Sarakatsan, griech. Schäfer, sind Blickfänger. Natürlich fehlt auch der Eselskarren aus Sizilien nicht! Es lassen sich durchaus auch „klassische“ angeordnete Vitrinen finden. Gut gefallen hat mir etwa auch die Installation der Brote (wie Lebkuchen etc), und ihren diversen Formen.. Die anderen drei Ausstellungsteile sind etwas dichter präsentiert; in den Räumen wird viel mit Vorhängen gearbeitet, da die filigrane Betonmauer von Rudy Ricciotti zuviel Licht durchlässt, sich immer wieder in den Vitrinen spiegelt.
Ein besonderes Prinzip ist die Einbindung von zeitgenössischer Kunst in den Parcours. Hier ist etwa den Water Meter Tree von Sigalit Landau zu nennen, die sich so schön in die Objektreihe eingliedert oder die Installation von Suchtmitteln, der Jardin d’addictions von Christophe Bérdaguer und Marie Péjus . Sehr gut hat mir auch die Videoinstallation von Cristina Lucas La Liberté raisonnée gefallen: Das wohlbekannte Delacorix-Gemälde Die Freiheit führt das Volk wird nachinszeniert bzw. neu interpretiert. Passend dazu steht direkt daneben eine Guillotine von 1872!
Gut fand ich auch den Einsatz der Medien: Fast immer lautlos lieferten die zum Teil riesigen Projektionen, eitlose Bilder, gaben Einblick in Praktiken oder gaben Zeitzeuginnen eine große Bühne.
Ein starker musealer Auftakt, kuratiert von Zeev Gourarier und gestalterisch umgesetzt von Adeline Rispal.
Was für ein Wochenende! Das Eröffnungswochenende des MuCEM in Marseille war eine große Freude, die ich erst einmal verdauen muss – soviel habe ich gesehen, soviel muss erst einmal sortiert werden.
Gemeinsam mit 64.000 BesucherInnen war ich unterwegs und habe erst einmal viel Zeit damit verbracht, überhaupt erst einmal das Gebäude von Rudy Ricciotti zu erkunden. Es ist kein Wunder, dass bei den ganzen Beiträgen über die Neueröffnung immer der Bau und der Architekt im Vordergrund stehen: Bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein bietet das Gebäude eine sehr fotogene Ansichten. Aber nicht nur: es ist ein Gebäude, dessen Entdeckung viel Spaß macht! Toll fand ich, dass man es auf J4 (so der Name der Hafenmole) umrunden kann – so funktioniert die Aneignung eines Ortes! Und auch innendrin lässt es sich gut erschließen. Es macht sehr viel Spass, den Stegen außerhalb des Innenkubus zu folgen und am Ende auf der Dachterrasse zu enden – auch hier wird man natürlich mit tollen Blickachsen belohnt.
Mindestens genausoviel Spass machte es mir auch, das renovierte Fort St. Jean zu entdecken. Hier ging es treppauf treppab und ganz oft mit einem fantastischem Blick auf die Stadt, den Hafen oder die La Major. Mich hat das Neue und das Alte total begeistert und vor allem, wie die beiden Örtlichkeiten so elegant mit der filigranen Brücke miteinander verbunden sind.
Es ist war interessant zu merken, wie der Zugang die Wahrnehmung steuert: geht man ins neue Gebäude am eher leeren Platz mit dem Ausblick zum Meer, stellt sich schon von fasr selbst ein Museumsgefühl ein. Man betritt ein Foyer, orientiert sich erst einmal, steuert direkt die Ausstellung, den Buchshop oder die Cafe-Theke an. Beginnt man den Rundgang in einem der beiden Zugänge im Fort, so fühlt man sich eher wie bei einem Ausflug, etwa wenn man die Passage des canons folgt, das heißt die 29 Treppen hinaufsteigt, um auf den oberen Platz zu gelangen. à suivre
Der wilde Krieger aus Gaya ist aus seiner Zeit direkt in die Umzäunung im Nationalmuseum von Korea gehüpft.
Sehen Museen in Ländern, die eine völlig andere Kultur als die europäische haben, eigentlich anders aus? Neulich hatte ich Gelegenheit, dieser Frage in Südkorea nachzugehen.
Das National Museum of Korea ist aber zweifellos nicht irgendein Museum – sondern DAS Museum, in dem die wichtigste Schätze der Kunst und Kultur des Landes gesammelt und gezeigt werden.
Der Eingang
Schon das Ankommen und Hineingehen war gigantisch: Von der U-Bahn wird die Besucherin gleich in Richtung Museum geschickt. Da doch eine große Strecke zu überwinden ist, werden Laufbänder eingesetzt.
Aber dann ist man immer noch nicht am Eingang – sondern man darf über eine kleine Anlage mit Teich zum eigentlichen Eingang schlendern. Das Museum kostet selbst keinen Eintritt, Sonderausstellungen kosten allerdings. Das Museum, das seit 2005 an diesem Standort liegt, zählte ab dieser Zeit schon mehr als 20 Millionen Besucherinnen! Vor allem für Schulklassen scheint es Pflicht zu sein, hier einmal herzukommen.
Der Eingangsbereich des Museums ist gigantisch: so großzügig auf der einen Seite und wer kann sich denn solch eine Pagode diesen Ausmaßes ins Museum stellen? Auf der anderen Seite wird einem aber auch schon etwas angst und bange, da man nun eine Vorstellung von der Ausstellungsfläche hat. Die vielen BesucherInnen verlaufen sich fast…
Gut, dass es auf jeder Etage Verpflegungsstationen gibt: ein Restaurant, eine Cafeteiria und ein Teehaus. Auch für andere Bedürfnisse ist gesorgt: beim Eingang kann man sein Handy laden und in den Gängen stehen Wassercontainer, die die durstige Besucherin versorgen.
Die Ausstellungssäle
Der Besucherin wird ein chronologischer Gang vorschlagen, einfach zu finden mit den Markierungen auf dem Boden. Beginn ist in der Vor- und Frühgeschichte, und so geht es durch die Geschichte bis fast bis in die Gegenwart. Anscheinend sind bis zu 12. 000 Objekte zu sehen – von Faustkeilen, über Porzellan, kalligraphischen Zeichnungen zu Buddhastatuen und vieles mehr. Sehr eindrucksvolle Stücke, auch wenn man sich in der koreanischen Geschichte nicht so auskennt! Alles ist eher zurückhaltend inszeniert; der Focus liegt eindeutig auf den Originalen. . Die Texte sind fast alle auf englisch. Auch für Kinder oder zum Beispiel Sehbehinderte ist gesorgt: immer wieder gibt es vertiefende Stationen, an denen man etwas anfassen und hören kann. Für Kinder gibt es darüber hinaus noch ein eigenes Museum – dafür blieb aber keine Zeit.
Medien
Mit Medien geht das National Museum eher zurückhaltend um, was doch eher etwas erstaunt, da eigentlich alle im öffentlichen Raum mit Riesen-Smartphones unterwegs sind. Doch hier im Museum gilt die Aufmerksamkeit eindeutig den Objekten! Mediale Inszenierungen werden sehr gezielt eingesetzt: Sehr schön war die mediale Inszenierung einer Landschaft durch die vier Jahreszeiten – ein großflächiges zartes Aquarell, das plötzlich zum Leben erwacht. Das war sehr eindrucksvoll, wurde auch von vielen BesucherInnen goutiert.
Fazit
Das Ankommen und das Hineingehen unterschied sich schon sehr von anderen Museen, die ich kenne – solche Dimensionen hatte ich bis dahin noch nicht gesehen. Das Museum widmet sich einem langen Zeitraum und präsentiert wahnsinnig viele Objekte – und man braucht viel Zeit, um allein die Galerien abzulaufen. Aber es lohnt sich und unterscheidet sich gar nicht so viel von den Sehgewohnheiten in unseren Museen. Den Besucherservice fand ich aufmerksamer als etwa bei uns. Das Nationalmuseum bietet einen richtig klassischen Museumsbesuch, ohne ins Altmodische oder Langweilige abzudriften.
Der letzte Blick galt natürlich dem Museumsshop. Beeindruckend war hier, wie viel qualitätvolles Kunsthandwerk verkauft wird, natürlich angelehnt an die Museumsobjekte und wie viele schöne, brauchbare Dinge, vor allem aus der Eigenproduktion – anders als bei uns, wo sich oft schon der kommerzielle Einheitsbrei durchgesetzt hat…
In einem Land wie Südkorea, in dem Sitzen auf dem Boden durchaus üblich ist, ist eine gediegene Ledergarnitur wie im Kalligraphie-Museum in Jeonju sehr willkommen!