Der Philosoph im Museum

Geschrieben von am 3. September 2008 11:58

Es war eine der ersten Ausstellungen, die ich bewusst gesehen habe und die mich damals schon beeindruckt hat, obwohl ich mit Museen noch nichts am Hut hatte: Les Immatériaux, die 1985 im Centre G. Pompidou in Paris gezeigt wurde. Ich erinnere mich, dass die Ausstellung von Anfang an in den Bann gezogen hat, und an wunderliche Räume und Bilder, die nur mit Hilfe des Kopfhörers zu verstehen waren (und das leider nicht immer).
Nun ist die Dissertation von Antonia Wunderlich erschienen, die sich dem „Philosophen im Museum“ widmet. Es war
Jean François Lyotard, der diese, später noch viel zitierte und mythisierte Ausstellung, ein Leuchtturm der Szenographie, gemeinsam mit Thierry Chaput konzipierte.
„Das Buch reflektiert »Les Immatériaux« als eigenständiges philosophisches Werk Lyotards, dessen Wechsel vom akademischen Philosophen zum Kurator einige philosophische und ausstellungsgestalterische Besonderheiten mit sich brachte“, so heißt es auf der Seite des Verlages.
Hier gibt es auf artnet.de schon einmal einen Vorgeschmack.

Der Philosoph im Museum.
Die Ausstellung »Les Immatériaux« von Jean François Lyotard
Transcript Verlag
Juli 2008, 264 S., kart., zahlr. Abb., 28,80 €
ISBN 978-3-89942-937-4

Absolut lesenswert

Geschrieben von am 22. August 2008 14:02

Das ethnographische Museum in Neuchâtel ist seit langem für seine provokanten und insolenten Ausstellungen bekannt – um nicht zu sagen, berühmt und berüchtigt. Anlässlich des 100 Jahre Jubiläums 2004 kam im darauffolgende Jahr ein über 600 Seiten starker, reich illustrierter Band heraus, der „Cent ans d’ethnographie sur la colline de Saint-Nicolas, 1904-2004“ nachzeichnet. 

Der erste Teil widmet sich der Geschichte des Museums, von seinen Anfängen als Kuriositätenkabinett über die kolonialen Sammlungsexpeditionen, die universitäre Einbindung und die Rolle Van Genneps bis hin zu neun Ansätzen für eine Anthropologie/Ethnologie des 21. Jahrhunderts. Ein weiterer Teil lässt Mitarbeiter zu Worte kommen, die ihr Lieblingsobjekt vorstellen. Kollegen aus dem In- und Ausland sind eingeladen, ihre Sicht auf das MEN darzulegen und der Sclussteil berichtet über das Jubiläumsjahr, seine Festlichkeiten und Events.

Was aber das Buch so ausserordentlich lesenswert, ja unentbehrlich für alle im Ausstellunsgbetrieb Tätigen macht, ist jener Teil in dem die Ausstellungsarbeit des MEN im Mittelpunkt steht und hier ganz besonders die Zeit zwischen 1981 und 2004 die von einer immer weiterreichenden Suche nach neuen Inhalten und szenogafischen Inszenierungen unter der Direktion des charismatischen Jacques Hainard Zeugnis ablegt. Alle Ausstellungen finden sich hier einem Schema folgend versammelt: ein emblematisches Foto, das Plakat, Fotos die die grossen Ausstellungslinien widergeben, Pläne und Details zur Konzeption und zur Szenographie, Fotos mit Ausstellungsdetails, eine Analyse, Pressereaktionen und ein Verzeichnis von Publikationen zur Ausstellung runden jedes einzelne Kapitel ab.
Die ca. 90 Euros die der Band kostet können kaum besser angelegt werden!
Gonseth, Marc-Olivier, Jacques Hainard, Roland Kaehr (dir.), 2005, Cents ans d’ethnographie sur la colline de Saint-Nicolas, 1904-2004. Neuchâtel, MEN (ISBN 2-88078-029-2)

Nicht ärgern, nur wundern!

Geschrieben von am 30. Mai 2008 18:54

Wer mag wohl die Beschriftungen in der erst kürzlich generalrenovierten und neu aufgestellten Cité de l’architecture et du patrimoine (Paris) verfasst haben? Die einzigartige Abgusssammlung romanischer und gotischer Architektur verleitet den neugierigen Besucher dazu, mehr zur Ikonographie der meist religiösen Szenen wissen zu wollen. Glücklich eine Beschriftung entdeckt zu haben, geht erwähnter Besucher in die Knie um sie zu lesen. Was erfährt er? Woher die Moulage stammt, o.k., wer die Abformung gemacht hat – was soll der Besucher wohl damit anfangen? – wann die Abformung in die Sammlung aufgenommen wurde – siehe oben…. und ihre Inventarnummer.
Schlussfolgerung: entweder die Kuratoren überschätzen die Besucher und halten sie für Spezialisten mittelalterlicher Ikonographie oder – was wohl eher zu vermuten ist – sie haben diese ewige Neugier der Besucher einfach satt!

Internationales Museumsseminar – SIEM 2008

Geschrieben von am 18. März 2008 11:26

Die Ecole du Louvre organisiert vom 1. bis 12. September 2008 ihr 4. Fortbildungsseminar zum Thema „Das Museum zwischen Kontemplation und Bildung“ („Au musée, entre contemplation et éducation“). Jedes Museum, sei es ein Kunst- oder ein Wissenschaftsmuseum, ein historisches oder ein Gesellschaftsmuseum entwickelt spezifische Vermittlungstechniken und Zugangsweisen angesichts dieser zwei Schlüsselbegriffe jeder Museumsarbeit. Aufsehenerregende Inszenierungen oder diskrete Schausammlungen, Meisterwerke oder Alltagsobjekte, detaillierte oder spärliche Texte, Interaktivität und Multimedia, Performance oder gelehrte Vortragsreihen, jedes Museum muss ständig neue Konzepte und Mittel „erfinden“ um sein Publikum anzusprechen und neue Besucherkreise zu gewinnen.

Vorträge, Round-table Gespräche, Begegnungen mit Fachleuten und Museumsbesuche sollen es den Teilnehmern ermöglichen, verschiedene Strategien neuer oder kürzlichst renovierter Museen kennenzulernen. Der Kursus richtet sich an fortgeschrittene Stundenten oder junge Museumsmitarbeiter aus ganz Europa. 20 Plätze stehen zur Verfügung, französische Sprachkenntnisse sind eine Voraussetzung, gute Englischkenntnisse sind erwünscht (die Vorträge etc. sind auf Französisch, die Teilnehmer können sich auf Englisch ausdrücken).
Die Kandidaturen müssen bis zum 1. Juni 2008 bei der Ecole du Louvre eingelangt sein.

Programm und Organisation: Claire Merleau-Ponty (c.merleau-ponty@ecoledulouvre.fr) und Solange de Barbeyrac (s.debarbeyrac@ecoledulouvre.fr)

Ecole du Louvre, Palais du Louvre, Porte Jaujard
Place du Carroussel
75038 Paris cedex 01
Telefon: +33-1-55.35.19.12

Repräsentation und Museum

Geschrieben von am 12. März 2008 12:52

Was sehen wir eigentlich in Museen und Ausstellungen? Wie werden bestimmte Themen repräsentiert? Wie ist es um die Kategorien Mann-Frau, das Eigene – der Andere bestellt?
Solchen und anderen Fragen gehen Roswitha Muttenthaler und Regina Wonisch anhand der Dauerausstellungen dreier Wiener Museen nach. Es ist höchst interessant, nach der Lektüre dieses Buches selbst wieder in Ausstellungen zu gehen und plötzlich anders zu sehen. Sehr anregend und überzeugend!

Roswitha Muttenthaler/Regina Wonisch: Gesten des Zeigens. Zur Repräsentation von Gender und Race in Ausstellungen, Bielefeld: transcript, 2007. Kart.,268 S., zahlr. Abb., ISBN: 978-3-89942-580-2, EUR 26,80.
Jennifer John hat hier das Buch der beiden Wiener Museologinnen rezensiert.

Hören, dann schauen

Geschrieben von am 26. Februar 2008 11:17

Wie kommen die Samurai nach Speyer? Und wie entstehen eigentlich Ausstellungen? So lauten zwei von vielen Fragen, die das Historische Museum der Pfalz in Speyer anläßlich der Ausstellung Samurai beantworten möchte. Dafür haben sich die AusstellungsmacherInnen eines im Vergleich zum Museum sehr jungen Mediums bedient: dem Podcast. Die AusstellungsmacherInnen erzählen etwas über die Vorbereitungsarbeit, über die Entstehung des Katalogs und die Umsetzung der Ausstellung. Ebenso erfährt man etwas über die Szenographie und den audiovisuellen Stationen. Das sogenannte „Museum zum Hören“ dauert nicht einmal eine Viertelstunde und ist wirklich informativ. Weitere Podcasts mit Hintergundsgeschichten sollen folgen. Gerade weil man soviel über die Ausstellung erfährt, sollte man aber natürlich auch selbst hingehen und schauen, wie es geworden ist.
Spiegel-Online war schon einmal schauen.

Museum international 233/234 – Le patrimoine culturel des Migrants

Geschrieben von am 21. Februar 2008 19:26

Ein Doppelheft der Zeitschrift „Museum international„, herausgegeben von der UNESCO, ist anlässlich der Eröffnung der „Cité national de l’histoire de l’immigration“ in Paris, dem Thema Migration und ihre Darstellung im Museum gewidmet.
In seinem Artikel „L’historien dans la Cité: comment concilier histoire et mémoire de l’immigration?“ unterstreicht der Historiker und Soziologe Gérard NOIRIEL einen der wesentlichen Grundsätze des neuen Museums: Ziel sei es, die Geschichte der Immigrationund nicht jene der Immigranten darzustellen. Sie soll den Besuchern den historischen Prozess verständlich machen, wie Personen aus allen Weltgegenden integrale Mitglieder der nationalen aktuellen Gesellschaft geworden sind. Man könne nicht einerseits Integration verlangen und gleichzeitig einen Erinnerungskult einzelner Gruppen fördern, der sich auf eine als unveränderlich angesehene „Immigrantenkultur“ bezieht. NOIRIEL weiss aber auch aus eigener langjähriger Erfahrung, wie kompliziert die Umsetzung eines solchen Konzeptes sein kann, sind doch Geschichte und Erinnerung oft widersprüchlich…
Hélène LAFONT-COUTURIER, Direktorin der CNHI, beschreibt die Schwierigkeiten eines Museums das a priori ohne Sammlung entstand, „Le musée national de l’histoire de l’immigration: un musée sans collections“. Neben Archivalien haben die Konzeptoren des Museums mehrere Themenbereiche gezielt gesammelt: Dinge die man von „hier“ nach „dort“ mitnimmt; Wissen, know-how, Bildung und Berufserfahrung; Immaterielles „Gepäck“ (Gewohnheiten, Einstellungen, Glaubensvorstellungen, Träume, Mythen); individuelle Berichte und Bilddokumente. Einen wichtigen Platz nehmen die Werke zeitgenössischer Künstler ein: neben Installationen die oft komplexe Zusammenhänge veranschaulichen können, sind hier vor allem Fotografen zu nennen, die in Bildserien festhalten was oftmals als Einzelphänomen gesehen wird. Immigranten soll es so möglich werden, eigenes Erleben in einen grösseren Kontext einzuschreiben.
„Comment concilier l’inconcliable: la place de l’ethnologue dans le musée de la Cité nationale de l’histoire de l’immigration“, wie kann man Unvereinbares vereinbaren, fragt Fabrice GROGNET und meint damit die Verbindung von Ethnologie und Geschichte im musealen Kontext. Er erwartet sich von der neuen Institution einen Dialog zwischen Vergangenheit und Aktualität in Sammlungspraxis und Ausstellungspolitik.
Die konkrete Umsetzung des Museumskonzeptes ist der Inhalt des Beitrages von Pascal PAYEUR und Lydia ELHADAD, „Repères, une exposition permanente, deux cents ans d’histoire de l’immigration“. Das Ziel, den Besucher in die Geschichte der Immigration einzubinden, kollektives Geschick and individuelles zu binden, setzen sie in einem offenen Parcours um, der eine Abfolge von emotionellen und pädagogischen Erlebnissen vorsieht, in die der Besucher förmlich „eintauchen“ soll. Angeregt durch Jacques Hainards Postulat, dass eine „Ausstellung ein intensives Erlebnis einer kollektiven Erfahrung“ sein sollte, stellen Bilder, Installationen, Stimmen, Lebensfragmente den Einstieg dar. Einzelschicksale verbinden sich zum kollektiven Gedächtnis. Im Mitelpunkt des Gebäudes befindet sich die „galerie des dons“ wo dem Museum übergebene Objekte ausgestellt werden – wechselseitiges geben und nehmen finden sich so illustriert. Interaktive „Orientierungstische“ mit touch screens geben detaillierte Informationen zu den einzelnen Phänomenen, vor allem zu ihrem historischen Hintergrund. Grossflächigen Fotos oder Videoprojektionen, die die grossen Ereignisse darstellen (Vertreibung, Krieg, Arbeiteraufstand…) stehen kleine, intime Bilder oder bescheidene Alltagsobjekte gegenüber. Ein „Salon“ am Ende der Ausstellung bietet Lesematerial, interaktive Einrichtungen, Spiele, Musik und ist als Ort der Begegnung, des Austausches zwischen den Besuchern gedacht.
Ein Museum ohne Sammlung, eine Institution die sich als „Cité“ bezeichnet, ein Thema das Polemiken auslöst, welches Publikum will und kann man damit ansprechen? „La cité et ses publics: images, perceptions et évolutions“ ist der Titel des Artikels von Fanny SERVOLE. Sie unterstreicht die Imageschwierigkeiten die mehrere Untersuchungen und Befragungen im Vorfeld der Museumseröffnung aufgezeigt haben. Einerseits die Vorstellung, dass Museum mit Vergangenheit gleichzusetzen sei, die negative Besetzung des Themas „Immigration“ im aktuellen politischen und Mediendiskurs, die Befürchtung eines spröden Zugangs (zu viel Text), die allgemein fehlende Begeisterung für Gesellschaftsmuseen (im Gegensatz zu Kunstmuseen) etc. zeigen, dass noch viel Informationsarbeit nötig sein wird! Weder regelmässige Museumsbesucher noch solche, denen schon das Wort Museum Schwellenangst einflösst, fühlen sich angesprochen. Immigranten und ihre direkten Nachfahren wollen nicht an vergangenes Leid und aktuelle Probleme erinnert werden, „echte“ Franzosen befürchten auf Rassismus und Kolonialismus hingewiesen zu werden. All diese Vorurteile sind noch lange nicht abgebaut und die Besucherzahlen des Museums lassen noch zu wünschen übrig. Eine Öffnung bietet hingegen die Website, die häufig aufgerufen wird und vielleicht auf diesem Wege zur Entdeckung der CNHI beitragen wird.
Auch Deutschland findet im Themenheft Erwähnung, „La signification politique et sociale d’un musée des Migrations en Allemagne“. Aytac ERYILMAZ, Vorsitzender des 1990 gegründeten Vereins DOMiT und Ausstellungsmacher zeichnet die grossen Linien der Immigration in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nach und stellt vor allem die Aktivitäten von DOMiT vor: Aufbau eines Archivs und einer Sammlung zur Immigrationsgeschichte seit den 50er Jahren, die Durchführung von Forschungsprojeken zu diesem Thema; Ausstellungskonzeptionen sowie die Organisation von Tagungen und workshops.

Weitere Artikel: La genèse politique de la Cité (Jacques Toubon); La culture maghrébine en France, à Marseille: entre visible et invisible, entre acceptation et refoulement (Emile Témime); Immigration et droits culturels, reconnaissance politique et acceptation culturelle (Catherine Wihtol de Wenden); Les immigrants portugais et la culture portugaise en France (Marie-Christine Volovitch-Tavres et Dominique Stoenesco); L’ex-palais des Colonies: le poids d’un héritage (Dominique Jarrassé); un lieu de mémoire pour une cité d’histoire (Maureen Murphy); Un creuset d’échanges (Karthika Naïr); La Cité nationale de l’histoire de l’immigration: un lieu et un réseau de partenaires (Agnès Arquez-Roth); La documentation sur l’immigration: du centre des ressources à la médiathèque (Claire Tirefort); La Cité, lieu de transmission et public scolaire (Nathalie Héraud); Le mémorial des Immigrants à Sao Paulo: domaines de recherche et défis pour le XXIsiècle (Ana Maria da Costa Leitao Vieira); Le musée danois de l’immigration à Fureso: l’histoire de l’immigration et la collecte des souvenirs (Cathrine Kyo Hermansen et Thomas Moller); Les musées dédiés aux migrations: le musée portugais de l’Emigration (Maria Beatriz Rocha-Trindade et Miguel Monteiro); Mobiliser les communautés et transmettre leurs histoires: le rôle du musée de l’immigration dans l’une des villes le plus multiculturelles du monde (Padmini Sebastian).

Außerdem interessant: Das Projekt Migration der Kulturstiftung des Bundes und das Museu da Emigração e das Comunidades in Brasilien.

Die Cité wurde schon hier hier für den Museumsblog besucht und auch auf Kulturelle Welten

Jubiläum

Geschrieben von am 13. Juli 2007 15:08

Jetzt habe ich doch tatsächlich das eigene Jubiläum verschlafen: seit 4.7.2006 ist der/das Museumsblog online. Im ersten Jahr, das für die Statistik, sind 130 Blogbeiträge erschienen, die, das möchte ich nochmals betonen, private, persönliche, subjektive Meinungen wiedergeben. Ein herzliches Danke schön an die Mitschreiberinnen und Mitschreiber, ich wünsche uns weiterhin viel Spass bei den Museums- und Ausstellungsbesuchen und dem Bloggen danach.

Von Abfall bis Xenologie

Geschrieben von am 3. Juli 2007 11:16

Ein lehrreiches und amüsantes Glossar zum Ausstellungs- und Museumswesen bietet der Kunsthistoriker und Museologe Gottfried Fliedl, der an der Museumsakademie Joanneum in Graz lehrt. Das Glossar, gemeint eher im Sinne einer Glosse, ist gefüllt mit zahlreichen Bildern und Zitaten. Schön ist etwa der Beitrag zu „Aufseher“, in dem Martin Warnke zitiert wird. Hier ein Ausschnitt:

„Ein ausgebildeter Museumswärter wäre für die Besucher eher eine Belästigung als eine Hilfe. Die Besucher sollten ihre Ruhe haben zur tiefen, stillen, ungestörten Versenkung. Der Wärter soll nicht danebenstehen und unruhig auf die Sekunde warten, da er sein Wissen loswerden kann. Wenn schon nicht zu vermeiden ist, daß Wärter gelegentlich Preise und Werte, Anekdoten und Zoten verfügbar haben, dann soll doch eine fundiertere Kenntnis nicht unkontrolliert ein Informationsmonopol usurpieren, das den Wissenschaftlern von oben gehört. Die Argumente sind spezifische Varianten der in der Gesamtgesellschaft praktizierten Herrschaft.“

Was macht eigentlich Jacques Hainard?

Geschrieben von am 6. Februar 2007 12:32

Man kennt ihn von internationalen Museumstagungen: Immer wenn es langweilig zu werden drohte, kam der französischsprachige Schweizer und provozierte mit einer Äußerung, die alle wieder aufweckte. Er hat zahlreiche Ausstellungen gemacht, als er Leiter des Musée d’Ethnographie Neuchâtel, die weltweit Aufsehen erregten. Das waren nicht nur Ausstellungen, sondern intellektuelle Experimente wie „Der Unterschied“ oder „Das kannibalische Museum„.
Die Devise des MEN lautet:

„Ausstellen heisst die Harmonie trüben.
Ausstellen heisst den Besucher in seiner intellektuellen Behaglichkeit stören.
Ausstellen heisst Gefühle hervorrufen, Wut und das Verlangen noch mehr zu wissen.
Ausstellen heisst einen spezifischen Diskurs über ein Museum führen, bestehend aus Gegenständen, Texten und Darstellungen.
Ausstellen heisst Gegenstände in den Dienst einer theoretischen Betrachtung, eines Diskurses oder einer Geschichte stellen und nicht umgekehrt.
Ausstellen heisst das Wesentliche durch kritische Distanz nahelegen, gefärbt von Humor, Ironie und Spott.
Ausstellen heisst gegen angenommene Ideen kämpfen, die Stereotypen und die Dummheit.
Ausstellen heisst gemeinsam eine Erfahrung intensiv leben.“

Man kann sich nur wünschen, dass dies in mehr Museen dies beherzigt würde! Schon seit einem knappen Jahr hat Hainard seinem Kollegen Marc-Olivier Gonseth das Feld überlassen, und leitet nun die Geschicke des Musée d’Ethnographie Genf. Dies soll von Grund auf neu konzipiert und renoviert werden, eine spannende Angelegenheit, für die Hainard in seinem Mot du Directeur viel Engagement und vor allem viel Liebe fordert. Ich zweifle nicht daran, dass er diese finden bzw. auch bei den Genfern entzünden wird.

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