Das Museum Neukölln in Britz – (K)eine Landpartie

Geschrieben von am 16. Juli 2010 10:27

Was macht man, wenn die Sommerhitze das Quecksilber gegen die 40 treibt, die Freibäder überfüllt sind und die Seen von Berlin auch keine Abkühlung mehr zu bieten haben? Man sucht die kühlen Orte der Stadt auf – und dazu gehören die wegen ihrer empfindlichen Objekte klimatisierten Museen.

Wer sich auf den Weg zum Museum Neukölln nach Britz macht, steigt an der Parchimer Allee aus der U7 aus und muss dann noch ein Stück zu Fuß laufen. Das Museum, dass sich erst seit Mai 2010 an seinem neuen Standort auf dem Gutshof Britz befindet, ist noch nicht ausgeschildert. Man sollte sich aber nicht entmutigen lassen, sondern unbeirrt die Parchimer Allee hinunterlaufen, bis man zur Rechten auf das Gelände des Gutshofes stößt. Dort wird man von Kühen und Schafen begrüßt und hat mitten in Berlin das Gefühl, auf dem Land angekommen zu sein.

Der Gutshof, der nach dem Zweiten Weltkrieg als Kinderheim genutzt wurde, beherbergt heute neben dem Museum Neukölln eine Außenstelle der „Musikschule Paul Hindemith“ im Gutsverwalterhaus. Die Dauerausstellung des Museums befindet sich im ehemaligen Pferdestall, der ehemalige Ochsenstall steht für Sonderausstellungen zur Verfügung. Im nächsten Jahr soll im alten Kuhstall der „Kulturstall“ mit Konzertsaal eröffnet werden.

Die Räumlichkeiten des Museums sind so renoviert worden, dass die Stallatmosphäre noch zu spüren ist, aber durch die helle Bemalung des Deckengebälks und die Glastüren wirken sie sehr licht und großzügig. Zu diesem Raumgefühl trägt nicht zuletzt das Arrangement der Ausstellung bei. In dem für ein Museum recht kleinen Raum steht man mit Betreten des Gebäudes schon mitten in der neukonzipierten Ausstellung, die sich unter dem Motto 99x Neukölln mit nur 99 Objekten in sechs Glasvitrinen präsentiert.

In Anbetracht der begrenzten Anzahl haben die Ausstellungsmacher mit Sicherheit mehr als einmal die berühmte Qual der Wahl empfunden. Denn wie wählt man schon die „richtigen“, repräsentativsten Stücke für die Stadtteil- und Regionalgeschichte von Neukölln aus? Und so scheinen sich die Kuratoren eines kleinen, sehr gelungen Tricks bedient zu haben: Mit bewegbaren Touchscreens kann der Besucher Informationen zu den einzelnen Gegenständen anwählen. Und dann, je nach Interesse, immer tiefer in die Geschichte(n) zu den Objekten eintauchen. Und das hierbei die digitalisierten Bild- und Tonquellen des Museums, sowie Abbildungen von weiteren Objekten aus dem Depot zur Verfügung stehen, mag die Ausstellungsmacher für die strikte Beschränkung auf 99 Objekte entschädigt haben.
Die Dauerausstellung 99x Neukölln im ehemaligen PferdestallWer hier sitzt, kann an den Computerterminals nach Herzenslust recherchieren.

Der Besucherin kommt diese Reduktion jedenfalls sehr zugute: Es droht keine Überfrachtung und da sich an den Objekten keine Beschriftung befindet, konzentriert man sich zunächst nur auf die Gegenstände selbst. Das regt die Fantasie an und umso spannender ist es, dann über den Touchscreen herauszufinden, welche Geschichte hinter dem jeweiligen Objekt steht: Zum Beispiel die Kochmaschine für Kinder, mit der zwei Generationen einer Neuköllner Familie spielten und die über die Erziehung von Mädchen zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzählt. Oder auch das Schild, das in den 1970er Jahren vor dem Arbeitsamt Neukölln hing und Anstoß zur Problematisierung der hohen Arbeitslosenzahlen im traditionellen Arbeiterstadtteil gibt.

Die hier abgebildeten Kasperlepuppen bekam ein Neuköllner Mädchen 1943 zu Weihnachten geschenkt. Der Vater hatte sie selbst gebastelt, da es in den Kriegsjahren kaum noch Spielsachen zu kaufen gab. Dass die Zeichen der Zeit auch vor Kinderspielzeug nicht Halt machen, sieht man an der NS-Propaganda-Figur des „Kohlenklau“, die zu dieser Puppenausstattung gehört.

Darüber hinaus stehen noch Computerterminals zur Verfügung, an denen man weitere Informationen bekommt und die die ausgestellten Objekte im Bezug auf die Leitfragen „Wann, Was, Wo?“ verknüpft werden.

Die derzeitige Sonderausstellung beschäftigt sich mit den sogenannten „Löwenhäusern“ in der Hannemannstraße und wurde gemeinsam mit den Bewohnern erarbeitet und konzipiert. Für September ist die Eröffnung des Geschichtsspeichers geplant, der den Besuchern ermöglichen soll, Informationen zur Geschichte, Kultur und Alltag Neuköllns zu suchen und abzurufen. Darauf, wie das genau aussehen soll, darf man gespannt sein. Die gut strukturierte und verständliche Bildschirmführung und angemessene Objektauswahl auf den Ausstellungscomputern lassen jedenfalls auf das Beste hoffen.

Nicht zu verachten ist auch der wunderschöne nach hinten gelegene Garten, dessen Blumenrabatten nach alten Plänen neu angelegt wurden.

Hier würde sich die Besucherin einen Sitzplatz unterm Sonnenschirm und eine kleine Gastronomie mit kühlen Getränken wünschen. Aber, wie man hört, sind solche Pläne vom Museum wegen lärmempfindlichen Anwohnern fürs erste auf Eis gelegt worden. Wer weiß, vielleicht entdecken diese ja das in ihrer Nachbarschaft neu entstandene Kleinod noch für sich und freuen sich über den Kulturtreffpunkt in ihrer Nähe. Zu wünschen wäre es ihnen und dem Museum, dem einige Besucher mehr sicher nicht schaden könnten. Der Eintritt ist übrigens frei.

Am Sonntag geht’s nach Neukölln,

Geschrieben von am 13. Mai 2010 17:50


wenn ich in Berlin wohnen würde. Denn dann eröffnet im Gutshof Britz das Museum Neukölln, das mit 99 Objekten den Berliner Stadtteil erklären möchte.

Die 99 Objekte kann man sich auch in Ermangelung einer Berlin-Reise schon im Internet ansehen. Neukölln bildet den Auftakt einer Serie von neugeordneteten stadtgeschichtlichen Museen in Deutschland – wir können also zu Recht gespannt sein.

Bei Bach in Leipzig

Geschrieben von am 13. April 2010 23:04

Das Bach-Museum in Leipzig erstrahlt seit kurzer Zeit im neuen Glanz – im Bose-Haus wurde um- und angebaut. Das Ergebnis ist sehr sehenswert: ein kleines, feines Museum mit schönen Inszenierungen.

Das Gebäude ist gewissermaßen das erste Ausstellungsstück – die Familie des Kaufmanns Bose, der hier wohnte, hatte enge Beziehungen zu den Bachs, die gegenüber in der Thomasschule residierten. Das Bose-Haus wurde sorgsam restauriert, zuweilen gibt es davon noch Spuren zu sehen.

Es geht hier natürlich in der Hauptsache um den Musiker Bach und um seine Werke. Das Schöne am Besuch ist, dass auch nicht ausgewiesene Bach- oder Musikexperten Spass am neuen Museum haben. Die Zugänge zu Bach erklären sich aus der Gegenwart. Themen wie: Bach privat oder Bach auf Reisen bieten Einblicke in den Alltag des Musikers und seiner Familie. Einblicke erhält die Besucherin auch in die Arbeit des Bach-Archivs, zu dem das Museum gehört: so dürfen die Handschriften sozusagen selbst erforscht werden.

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Figurinen XXI

Geschrieben von am 9. März 2010 08:44


Dieser Herr steht im Münchner Stadtmuseum. Die Uniform ist des Portiers des Münchner Rathauses samt Zeremonienstab – eine Gala-Uniform um 1890.

Sitzen im Museum XVI

Geschrieben von am 2. März 2010 23:15

Hier haben einige BesucherInnen Platz:
Wie eine Schlange schlängelt sich die Sitzbank durch die Dauerausstellung des Münchner Stadtmuseums.

Sitzen im Museum- einmal anders

Geschrieben von am 2. Juni 2009 15:56

oder: Alles über Stühle

„Alla dessa stolar“ heisst eine Ausstellung im Göteborger Stadtmuseum die noch bis zum 31. August zu sehen ist.
700 Sitzgelegenheiten aller Art, vom Melkschemel bis zum Designersessel oder zum bürgerlichen Ohrenfauteuil sind in der Sammlung des Museums zu finden. Die pfiffig gemachte, mit Licht- und Farbeffekten arbeitende Ausstellung geht nun verschiedenen Fragestellungen nach: wie sind die einzelnen Objekte ins Museums gelangt? Wer hat sie gesammelt und warum? Wie wird ihr Wert bestimmt? Was kann man über soziale Verhältnisse aus ihnen herauslesen? Was sagen sie aus über Geschlechterrollen?
Die Ausstellung mit ihren klaren nicht zu umfangreichen Texten (auf Schwedisch und Englisch) regt zum Nachdenken an und macht deutlich, dass das Museum als bürgerliche Gründung mit Mitarbeitern aus dem gehobenen Mittelstand ganz bewusst „Typisches“ kreierte.
Die ständige Schausammlung des Museums ist leider weniger kritisch und wirkt eher verstaubt: eine Überfülle von Objekten, ein völlig unklarer Ausstellungsparcours, Texte oft nur in Schwedisch sind nicht dazu angetan, den (ausländischen) Besucher zu interessieren.
Auf der website des Museums sind nur die Grundinformationen auf Englisch alle anderen Texte leider auch nur in der Landessprache. Erstaunlich, meint man doch immer, dass in den skandinavischen Ländern Englisch eine allgemeine Zweitsprache sei…

Museumspreise

Geschrieben von am 10. April 2007 14:26

Ab und zu bekommen auch Museen bzw. Agenturen für Ausstellungsgestaltung. Das Atelier Markgraph erhielt für die Gestaltung der Ausstellung „Die Kaisermacher“ (Institut für Stadtgeschichte, Historisches Museum, Dommuseum und Jüdisches Museum in Frankfurt) eine Auszeichnung des Art Directors Club für Deutschland (ADC) in der Kategorie „Kommunikation des Raumes„, wie man in der Frankfurter Rundschau nachlesen kann. Interessanterweise erhielt die selbe Agentur einen weiteren Preis beim ADC, dieses Mal in der Kategorie „Events“ für „SkyArena Frankfurt“, eine Art Fußball-Lightshow an den Hochhäusern Frankfurts. Der ADC vergibt eher selten Preise an Museen; ein Blick auf die Gewinnerliste nennt vor allem immer die gleichen Werbeagenturen aus Hamburg und angesagte Marken aus dem Freizeitbereich.
Noch anmelden kann man sich für den International Museum Communication Awards (IMCA), der im November 2007 in Brüssel vergeben wird. Hier werden nicht kommerziell bzw. profit-orientierte Museen oder Ausstellungshäuser in den vier Kategorien Corporate Design, Exhibition Campaign, Integration and Innovation ausgezeichnet. Etwas gewundert hat mich, dass die Museen oder die Agenturen, die für Museen tätig waren, hier erst einmal 250 Euro hinblättern müssen, um überhaupt daran teilnehmen zu können. Aber vielleicht hat IMCA noch nicht so viele hochkarätige Sponsoren wie der ADC; zudem wird der Kommunikationspreis dieses Jahr zum ersten Mal vergeben.

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