Verschmitzte Vielfalt

Geschrieben von am 29. April 2008 11:20

Für das Museum für Naturkunde in Berlin sollte man etwas Zeit mitbringen, gibt es doch viel zu entdecken. Teile der Dauerausstellung wurden im letzten Sommer umgestaltet, so auch der Saal mit den Dinosauriern. Hier kann man etwa durch das Fernglas die großen Saurier durch den Wald laufen sehen – und der virtuelle Saurier zwinkert einem dann auch noch verschmitzt zu. Das Augenzwinkern ist so etwas wie das Leitmotiv des Museums: Evolution und Biodiversität des Lebens sollen unterhaltsam und ansprechend vermittelt werden.
In der Abteilung „Evolution in Aktion“ empfängt die Besucherin eine Art Riesen-Setzkasten, bestückt mit vielen wundersam wirkenden Exponaten, dessen Vielfalt sich erst nach längerem Betrachten vermittelt. Und warum hat mir niemand im Biologie-Unterricht diesen hübschen Spruch beigebracht: „Alles was sich schart und paart, gehört zu einer Art“. Also: Hingehen und sich viel Zeit dafür nehmen.

Das Pressecho auf die Wiedereröffnung des Museums im Sommer 2007 findet sich hier.

Komm ins Land wo die Zitronen blühen

Geschrieben von am 28. April 2008 18:17

Kleiner Tip für die nächste Korsika Reise. Im malerischen Ort Nonza an der Westküste des Cap Corse und ca. 20 km von Saint Florent entfernt, lädt ein hübsch gemachtes kleines „Ecomuseum“ zu einer Entdeckung der Zitrusfrucht Cédrat ein. Diese Frucht von der man hauptsächlich die Schale zur Herstellung von Zitronat, Likören und als ätherisches Öl in der Parfumerie verwendet, wird in terrassenartig angelegten Gärten kultiviert und trug früher zum Wohlstand der Region bei. Das überschaubare Museum ist in frischen „Zitrusfarben“ gehalten, Videos, Fotos, alte Reklameschilder, Bordtagebücher die den Handel belegen und ein „Geruchs-Quiz“ machen den Besuch vergnüglich. Schade dass alle Texte nur auf Französisch sind und nicht einmal ein Blatt mit englischen Übersetzungen aufliegt. Aber das kann ja noch werden…

Gedruckte Exponate

Geschrieben von am 25. April 2008 10:04

Eine Möglichkeit, im Museum ohne Vitrinen auszukommen?

„Die Exponate im renovierten Museum präsentieren sich nun moderner. Die Quantität der Texte ist geschrumpft, dafür sind nun mehr Illustrationen zu sehen. Die Ausstellungsstücke – insgesamt sind es ungefähr 380 Quadratmeter, wurde direkt auf die rötliche Vliestapete gedruckt, die die Turmwände ziert. Einige von ihnen sind zur besonderen Hervorhebung auf gewölbten Alubildhaltern angebracht.“

Gelesen in der Frankfurter Rundschau, Alles Töngesgasse.
Die Rede ist vom Stoltze-Museum der Frankfurter Sparkasse in Frankfurt am Main, das am Samstag zur Nacht der Museen sich nach der Renovierung neu präsentiert.

Gratwanderung

Geschrieben von am 24. April 2008 10:08

Der Louvre steht mal wieder in der Kritik. Dieses Mal geht es um 130 Leihgaben für eine Ausstellung in Verona. Dazu der Kunsthistoriker Didier Rykner in seinem Blog la tribune de l’art:

„The Louvre is still offering great deals. If you are a millionaire and would like to organize an exhibition, this is definitely the place to come: ask for a couple of masterpieces and it will see you get them on condition you pay the right price. It seems that only the Mona Lisa is not for rent. At least officially. But you can have any other Leonardo you want.“

Der Hintergrund: die Leihgaben gehen nicht an ein Museum, sondern werden für vier Millionen Euro einer privaten Gesellschaft überlassen, die die Ausstellung mit Bildern von Goya, Botticelli, Véronèse, Rembrandt, Rubens, Van Dyck, Vélasquez, Greco, Raphaël… ausrichtet. Wohlgemerkt handelt es sich dabei um Bilder, die in den Ausstellungssälen hängen und die das Museum so gut wie nie verlassen haben, darunter auch das „Porträt einer jungen Dame“ (La belle Ferronière) von Leonardo da Vinci. Auf die Frage, warum nun plötzlich Werke ausgeliehen werden, die sonst nie das Gebäude verlassen, sagte ein Sprecher des Louvre der Zeitung Le Monde: „Niemand hatte sie bisher angefragt“, und verweist auf den wissenschaftlichen Charakter der Ausstellung. Andere halten diese Zusammenstellung für einen Vorwand. Mit dem Geld möchte der Louvre Werke restaurieren und weitere Kataloge editieren. Ein Teil des Geldes soll für Abu Dhabi auch schon eingegangen sein. Gleich mal nachschauen, ob die Eintrittspreise im Louvre niedriger geworden sind!

Mit Paul im Museum

Geschrieben von am 22. April 2008 15:16

Warum sollte man mit Paul ins Museum gehen? Abgesehen davon, dass Paul ein äußerst beliebter Name für den deutschen Nachwuchs ist, ist Paul eine Figur, die die Staatlichen Museen zu Berlin erfunden haben, um Kinder ins Museum zu locken. Da heißt es:
„Mit Paul Kunst begreifen, Kulturen entdecken und die Welt verstehen lernen. „
Paul ist nichtsweniger als ein Kulturbotschafter, wie es heißt, und er soll nun vor allem über die Weltreligionen Auskunft geben. Islam ist das erste Thema, und wenn man sich bis auf zu Die fünf Säulen des Islam durchgeklickt hat, wird es etwas bunter, aber auch sehr textlastig. Auf mich wirkt die Seite sehr an ein Buch orientiert – aber ich bin ja auch nicht die Zielgruppe. Ich hätte es gerne etwas bewegter, mit Ton, Filmen, Fotos, Animationen, Spielen….

Auf Pfählen wandeln

Geschrieben von am 18. April 2008 10:35

Im Reiseführer kam das Pfahlbautenmuseum in Unteruhldingen am Bodensee nicht gut weg, und ein Besuch wurde nicht unbedingt empfohlen. Wir gingen jedoch hin, erhofften wir uns doch etwas Aufklärung. Man hat leider als erstes den Eindruck, in einer Art Touristenschleuse gelandet zu sein – ein Besuch des Museums ist fester Bestandteil des Bodensee-Programms. Der Eintritt von sieben Euro ist sehr hoch im Vergleich zu den anderen Museen am See, auch bekommt man nicht einmal einen Plan mit Vorabinformationen. Ein französisches Paar lässt sich empört das Eintrittsgeld zurückzahlen, als es erfährt, dass es nochmals 4 Euro extra für einen Heftchen mit Erklärungen auf Französisch zahlen soll. Denn die Pfahlbauten können nur mit einer Führung besichtigt werden. Bis zur Führung ist noch Zeit, und so können wir die zwei Ausstellungen – einmal eine Einführung zum Leben in den Pfahlbauten und einmal zum Steinzeit-Experiment anschauen. Beide Ausstellungen sind sehr pädagogisch aufgezogen; meine Begleitung (nichts mit Museum am Hut) mokiert sich über die Texte, die sie unterfordert. In der Einführung wundere ich mich etwas über den sehr kurzen Abriss über die Geschichte des Museums, als über den langjährigen Leiter Hans Reinerth zu erfahren ist, dass er während des Nationalsozialismus sich stark in verschiedenen Verbänden engagiert hatte. Im nächsten Satz steht, dass er das Museum zwischen 1954 und 1986 das Museum leitete. Da bleiben doch einige Fragen offen!
Als die Führung beginnt, finden sich etwa 30 Personen ein. Gemeinsam gehen wir in die Anlage; bei den Erklärungen der Führerin hat man das Gefühl, einer Prüfung beizuwohnen. Wir gehen in einige Häuser hinein, aber da die Gruppe sehr groß ist, können die weiter hinten Stehenden nicht richtig sehen und hören. Es ist schon interessant, wie die Menschen in der Bronzezeit Löcher in Steine bohrten oder – theoretisch – Feuer machten. Und gut ist auch die Fokuisierung auf den Alltag. Aber das Ganze hat etwas Verklärendes, wie es meiner Ansicht nach in Besuchen von Freilichtmuseen öfters der Fall ist, da Zeit und Raum irgendwie verschwimmen. Wenig erfährt man über die Geschichte des Museums, und wenn, dann sind es nur Hinweise wie hier stand der erste Museumsbau. Mehr über die Geschichte des Museums selbst zu erfahren, wäre aber schon sinnvoll gewesen – etwa über den „Pfahlbaustreit“ oder die manipulative Ausrichtung in der Zeit der Nationalsozialismus. Hierzu hat das Museum selbst, wie man dann auf der Internetseite erfährt, beachtliche Forschungen geleistet.
Aber der „Normalbesucher“ interessiert sich wohl für anderen Dinge: eigenständig kann man die neueren Inszenierungen des steinzeitlichen Alltags, nachgestellt mit Puppen (!) und ausgestopften Tieren anschauen. Interessant finde ich, ist, dass man zuweilen auch zwei Inszenierungs-Vorschläge sehen kann, die deutlich machen sollen, dass es aufgrund der aufgefundenen Gegenstände mehrere Möglichkeiten der Rekonstruktion gibt. Im Haus der Fragen erhält man auf riesigen Tafeln Antworten zum Alltagsleben; das Projekt ist Teil des EU-Projektes Orakel von Delphi. Alles in allem war es ein Museumsbesuch, der mehr Fragen aufwarf, als Antworten gab, was ja an für sich nicht schlecht ist, aber einen irgendwie unzufrieden entlässt.
Es bleibt ein romantischer Blick auf den See.

Wo Museum drauf steht, ist auch Museum drin

Geschrieben von am 15. April 2008 13:48

gesehen auf der Insel Reichenau am Bodensee

Propagandaphotos. Polemik um eine Ausstellung

Geschrieben von am 14. April 2008 15:37


Die Bibliothèque historique de la ville de Paris widmet eine Ausstellung dem Fotografen André Zucca (1897-1973). Bis zum 1. Juli kann man in der rue Mahler 200 Bilder sehen, die Zucca während der Bessatzungszeit in Paris aufgenommen hat: im Luxembourg Park spielende Kinder, Musiker der Wehrmacht bei einem open-air Konzert, elegante Radfahrerinnen etc. Die Kritik richtet sich nicht gegen das Interesse dieser umfangreichen Fotoausstellung sondern gegen das Fehlen jeglichen Hinweises auf den Kontext: André Zucca arbeitete ausschliesslich für die Zeitschrift „Signal“, Publikation im Dienste der deutschen Wehrmacht, veröffentlicht in 20 Sprachen und mit einer Auflage von 2,5 Millionen, davon 800.000 in Frankreich. Zucca produzierte für „Signal“ Dutzende von Reportagen über die Verheerungen der alliierten Bombenangriffe in Frankreich, und auch die hier gezeigten idyllischen Bilder des „Alltagslebens“ im Paris der 40er Jahre. Einer der Vorwürfe ist, dass nur Datum und Ort der Bilder angegeben sind, kein weiterer Hinweis aber auf ihren spezifischen Kontext. Erst Proteste der Besucher haben dazu geführt, dass ein Blatt bei der Kasse aufliegt in dem man nachlesen kann, dass Zucca im Auftrag der Nazizeitschrift gearbeitet und die „Realität der Okkupation in ihren dramatischen Aspekten“ ausgeklammert hat. Jean Derens, Direktor der Bibliothek, hält dies für ausreichend. Wenn ein Besucher nicht wisse was die Okkupation bedeutet hat, sei dies bedauerlich, aber man könne nicht jedesmal alles wieder erklären….
Kulturelle Welten schreibt hier darüber.

Presse und Museum

Geschrieben von am 10. April 2008 17:06

Newseum“ nennt sich ein neues Museum das am 11. April in Washington eröffnet wird. 450 Millionen hat das Projekt gekostet, ein Grossteil davon von den Medien selbst finanziert.
Hinter der Fassade, die an einen gigantischen Bildschirm erinnert, sollen in 14 thematischen Ausstellungsräumen dem Publikum die Geschichte der Presse, Photojournalismus, Weltnachrichten, elektronische Medien etc. oder auch die Pressearbeit anlässlich spezieller Ereignisse (11. September, Fall der Berliner Mauer) nähergebracht werden. In ihrem „Lettre d’Amérique“ bezeichnet Corine Lesnes das neue Museum als ein „Disneyland der Info“, zwischen Glorifizierung der Presse und Unterhaltungspark für Kinder… Unter den 6.214 Objekten findet man das vom Time Magazine in Bosnien verwendete gepanzerte Fuhrwerk, den Computer Daniel Pearls (in Pakistan ermordeter Journalist des Wall Street Journals), ein Stück der Antenne die sich auf einem der Türme des World Trade Centers befunden hat oder die türkisfarbenen Pantoffeln eines der ersten „Stars“ der Blogger Szene. Die dümmsten Headlines sind auf den Kacheln der Toiletten zu lesen, eine 27m lange Wand bietet Videoprojektionen und ein Mahnmal erinnert an die 1.800 seit 1837 im Einsatz getöteten Journalisten. Studios in denen der Besucher Nachrichtensprecher oder Reporter spielen kann, Theatersäle, ein interaktives Ethikzenter, Shops und natürlich ein Feinschmeckerlokal sollen Touristen aus dem In- und Ausland in dieses neue Museum locken.

"Leben!"

Geschrieben von am 3. April 2008 18:05

Unter diesem Titel zeigt das Jüdische Museum Wien bis zum 22. Juni mehr als 3.500 Fotos. Sie zeugen vom unerwartet schnellen Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde Wiens nach 1945. Die 1956 aus Ungarn geflüchtete Fotografin Margit Dobronyi, hielt mit ihrer Kamera Hochzeiten, Bar Mizvahs, Sommerfrische, Geburtstagsfeste und andere Szenen aus dem Alltagsleben fest. 150.000 Negative umfasst ihr Archiv das 2004 vom jüdischen Museum angekauft wurde und aus dem die Kuratorin Ruth Beckermann ihre Auswahl getroffen hat. Die Fotos spiegeln Lebensfreude wider, eine Lebensfreude wie sie in Ausstellungen über die jüdischen Gemeinden im 20. Jahrhundert selten ist. Die Zeit nach der Schoah darzustellen, sei „Neuland“ sagte Karl Albrecht-Weinberger, Direktor des Museums.

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