Frankreichs Glanz und Glorie?

Geschrieben von am 21. Februar 2009 16:26

Jean Pierre Roux, ehemaliger Generalinspektor des Unterrichtsministeriums und Spezialist der politischen und kulturellen Geschichte Frankreichs im 19. und 20. Jahrhundert wurde von Christine Albanel damit beauftragt, einen Standort für das von Nicolas Sarkozy gewünschte Museum der französischen Geschichte zu finden.

Mehrere Vorschläge liegen bereits vor, so etwa in Paris das Hôtel des Invalides oder das hôtel de Soubise, (derzeit das historische Museum des Nationalarchivs), oder die Schlösser von Fontainebleau und Versailles wo seit 1837 ein Museum „à toutes les gloires de la France“ beherbergt ist. Es stehe dem Historiker aber jederzeit zu, andere Vorschläge zu unterbreiten…
Der Standort einmal gefunden, darf man sich wohl fragen, welche Sammlungen hier ausgestellt werden sollen. Man darf sich auch fragen, ob heute ein neues historisches Museum in einem Schloss oder anderen Prestigebau in Paris oder seiner unmittelbaren Umgebung untergebracht werden soll. Und ob die Wahl eines solchen Ortes nicht auch den Inhalt vorgibt: Glanz und Glorie, Selbstbeweihräucherung eben.
Und man darf sich auch fragen, ob in einer Zeit wo praktisch alle bestehenden Museen mit Budgetkürzungen konfrontiert sind, wo bereits eingeleitete und relativ weit fortgeschrittene Projekte dem Sparfstift zum Opfer zu fallen drohen, wo die Museen in der Provinz ausgehungert werden, wirklich Platz und Geld für ein neues Museumsprojekt vorhanden sind? Aber Mitterrand hatte den „grand Louvre“ mit seiner Pyramide, Chirac den Quai Branly, so braucht nun wohl auch Sarkozy sein Denkmal…!

Hinschauen

Geschrieben von am 19. Februar 2009 15:54


Hinschauen, nicht wegsehen. Gurs 1939-1943 heisst die Ausstellung, die zur Zeit im Historischem Museum in Luzern gezeigt wird.
Anzuschauen sind die Werke aus der Sammlung Elsbeth Kasser. Frau Kasser war eine Krankenschwester aus der Schweiz, die während des Zweiten Weltkriegs für die Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder und das Schweizerischen Roten Kreuzes in Internierungslagern des besetzten Frankreichs tätig war. Sie brachte vor allem aus dem Lager in Gurs Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien mit, die ein Stück weit den Alltag in den Lagern widerspiegeln.
In Gurs wurden u.a. deutsche, jüdische EmigrantInnen interniert, die sich in Frankreich vor dem NS-Regime sicher glaubten. Darunter waren viele Intellektuelle und KünstlerInnen wie Charlotte Salomon, Lisa Fittko, Hannah Arendt oder Max Lingner, von dem auch das Bild stammt (von der Seite des Historischen Museums). 1942/1943 wurden knapp 4000 Juden und Jüdinnen, die sich noch in Gurs befanden über Drancy bei Paris ins Todeslager nach Auschwitz deportiert.

Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt der Elsbeth Kasser-Stiftung, des Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern, der Hochschule Luzern und der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz. Die Gestaltung entwickelten Studierende der Hochschule Luzern – auf der Seite der Elsbeth-Kasser-Stiftung ist das alles nachzulesen.
Die Sammlung wird heute im Archiv für Zeitgeschichte an der ETH Zürich verwahrt und kann hier angesehen werden.


Historisches Museum Luzern
Pfistergasse 24, CH-6000 Luzern 7 +41 41 228 54 24 / 22
Öffnungszeiten: 10-17 Uhr, Montag geschlossen

Wie ein Museum auch an Objekte kommt

Geschrieben von am 28. Januar 2009 11:10

Zum zwanzigjährigen Geburtstag 2008 forderte das Musée d’Orsay in Paris vier Filmemacher auf, Kurzfilme über das Museum zu drehen. Dieses Projekt kam nicht zum Abschluss, dafür entstand ein Kinofilm mit dem Titel L’heure d’été – Sommerzeit. Der Regisseur Olivier Assayas hatte carte blanche und entspann eine Geschichte um die Verteilung des Erbes in einer französischen Familie. Hélène feiert ihren 75 sten Geburtstag zusammen mit Kindern und Enkelkindern in einem bourgeoisen Traum-Haus mit Garten, das aus einer anderen Epoche zu sein scheint. Die Mutter weiht den ältesten Sohn in ihre Vorstellungen ein, wie nach dem Tod mit dem Erbe umzugehen sei. Zu verteilen gibt es einiges: da wären die Art déco- Möbel von Majorelle, der Schrank von Josef Hoffmann, die Bilder von Odile Redon und natürlich die beiden Corots, nicht zu vergessen einige kostbare Vasen, Geschirr und die Stücke einer Statue von Degas, die die Kinder beim Spielen kaputt gemacht hatten.

Als die Mutter überraschend einige Monate später stirbt, müssen die drei Geschwister sich einigen, was mit dem Haus und der Sammlung passiert; beides hatte einst dem Großonkel, einem Künstler gehört; die Mutter hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Erbe über 30 Jahre lang zu pflegen. Nur der älteste Sohn, bezeichnenderweise ein Ökonom, ist daran interessiert, alles zu behalten. Er kann sich das aber nicht leisten. Nun kommt das Musée d’Orsay ins Spiel: manche Stücke hatte die Mutter dem Museum versprochen; nicht zuletzt ermöglicht der französische Staat, mit Kunst die Erbschaftssteuer zu zahlen.

Der Umgang mit dem Erbe wird mit prominenten SchauspielerInnen wie Juliette Binoche und Charles Berling leider etwas flach und vor allem leidenschaftslos erzählt. Es sind einige wenige Momente, die den Film sehenswert machen: Die Stücke der Statue von Degas werden in der Plastiktüte aus dem Supermarkt Leclerc aufbewahrt. Die Vase, die sich die Haushälterin nach dem Tod der Mutter heraussucht, weil sie ihrer Meinung nichts wert sei, da sie die Vase als häßlich empfindet und sie aus Bescheidenheit nichts Teures annehmen möchte – da weiss die Zuschauerin aber schon , dass diese Vase von einem bekannten Künstler stammt. Der mit Papieren überladene Schreibtisch, der so dekorativ im Atelier der Mutter stand, steht nun prominent im Museum, doch die BesucherInnen gehen achtlos daran vorbei – und die Erben fragen sich, wo er eigentlich besser gestanden hatte. Ohne eine Antwort zu finden.

Viel Neues oder gar Erhellendes zum Umgang mit Sachen liefert der Film nicht. Er bietet einige Hinweise darauf, wie wir mit Dingen umgehen, was sie uns wert sind, wie Dinge zum kulturellem Erbe werden und was mit ihnen – im Idealfall – im Museum passiert. So plätschert der Film vor sich hin, man wohnt verschieden Formen des Verlustes bei – der Verlust eines Menschen, von Dingen und eines Hauses, das für die Famile stand, die es nun nicht mehr gibt – deren Mitglieder sich aber freiwillig entschieden haben, sich von allem zu trennen.

Der Film ist dieser Tage in österreichischen Kinos angelaufen. Hier ein Interview mit dem Regisseur und hier eine Kritik im Orf

Rosige Zeiten für die Kultur in Frankreich

Geschrieben von am 15. Januar 2009 17:26

Der französische Staatspräsident hat am 13.1. in Nîmes eine Rede gehalten, in der er der Kultur seine Unterstützung verspricht. In Le Monde kann man nachlesen, was der Präsident in Sachen Kultur so vorhat: er möchte nicht, wie schon befürchtet wurde, das Kulturministerium abschaffen und kürzt auch nicht dessen Etat – im Gegenteil, einige Bereiche erhalten sogar eine Aufstockung. Eine andere Maßnahme wird den Staat auch noch zusätzliches Geld kosten: wer jünger als 25 Jahre ist, soll ab April 2009 künftig umsonst in die staatlichen Museen dürfen. Sarkozy kündigte noch weitere Aktionen an, wie etwa eine Art Kunstrat, den der Regisseur Marin Karmitz leiten soll. Und er kündigt die Gründung eines französischen Geschichtsmuseum an – diese noch etwas vage Ankündigung bringen sicherlich viele Vermutungen hervor, wie und wo – als Standort im Gespräch ist etwa das Hôtel des Invalides, in dem sich neben dem Armeemuseum einige weitere Museen befinden.

Und, es geschehen noch Zeiten und Wunder, hat er etwas angekündigt, was von vielen lange erwartet wurde: Sarkozy möchte, dass das lange geplante, immer wieder verschobene Mucem, das Museum der Zivilsationen Europas und des Mittelmeeres in Marseille 2012 die Pforten öffnet. Da die Ankündigungen von Staatspräsidenten in Frankreich stets umgesetzt werden, kann man ja schon einmal die Reise nach Marseille planen.

Propagandaphotos. Polemik um eine Ausstellung

Geschrieben von am 14. April 2008 15:37


Die Bibliothèque historique de la ville de Paris widmet eine Ausstellung dem Fotografen André Zucca (1897-1973). Bis zum 1. Juli kann man in der rue Mahler 200 Bilder sehen, die Zucca während der Bessatzungszeit in Paris aufgenommen hat: im Luxembourg Park spielende Kinder, Musiker der Wehrmacht bei einem open-air Konzert, elegante Radfahrerinnen etc. Die Kritik richtet sich nicht gegen das Interesse dieser umfangreichen Fotoausstellung sondern gegen das Fehlen jeglichen Hinweises auf den Kontext: André Zucca arbeitete ausschliesslich für die Zeitschrift „Signal“, Publikation im Dienste der deutschen Wehrmacht, veröffentlicht in 20 Sprachen und mit einer Auflage von 2,5 Millionen, davon 800.000 in Frankreich. Zucca produzierte für „Signal“ Dutzende von Reportagen über die Verheerungen der alliierten Bombenangriffe in Frankreich, und auch die hier gezeigten idyllischen Bilder des „Alltagslebens“ im Paris der 40er Jahre. Einer der Vorwürfe ist, dass nur Datum und Ort der Bilder angegeben sind, kein weiterer Hinweis aber auf ihren spezifischen Kontext. Erst Proteste der Besucher haben dazu geführt, dass ein Blatt bei der Kasse aufliegt in dem man nachlesen kann, dass Zucca im Auftrag der Nazizeitschrift gearbeitet und die „Realität der Okkupation in ihren dramatischen Aspekten“ ausgeklammert hat. Jean Derens, Direktor der Bibliothek, hält dies für ausreichend. Wenn ein Besucher nicht wisse was die Okkupation bedeutet hat, sei dies bedauerlich, aber man könne nicht jedesmal alles wieder erklären….
Kulturelle Welten schreibt hier darüber.

Charles de Gaulle Superstar

Geschrieben von am 25. Februar 2008 11:26

Nicolas Sarkozy weihte am 22. Februar das „Historial Charles de Gaulle“ in Paris ein. Dieses von der Stiftung de Gaulle angeregte und mitfinanzierte Projekt, ist ein neuer Meilenstein in der Modernsierung des Musée de l’Armée. 1.200 m2 sind dem Leben dieser emblematischen Figur der jüngeren französischen Geschichte gewidmet. Die von der Agentur Moatti und Rivière entworfene Szenographie stützt sich ausschliesslich auf Bild- und Tondokumente (de Gaulle war Zeit seines Lebens ein entschiedener Gegner des „Reliquienkultes“) und zeichnet das Leben des Generals von seiner Geburt 1890 bis zu seinem Tod 1970 nach. Aus dem zentralen Kinosaal mit 200 Plätzen und mehreren grossflächigen Projektionswänden gelangt man zuerst in einen ringförmigen Ausstellungsraum und dann durch drei „Pforten“ die den wichtigsten Daten seiner Laufbahn entsprechen (18.6.1940/Aufruf zum Widerstand – 26.8.1944/Befreiung von Paris – 4.9.1958/Gründung der V. Republik) in sogenannte „Alkoven“ in denen weitere Informationen zu diesen Schlüsseldaten geboten werden. 18 Millionen Euros, 20% mehr als vorgesehen, kostete dieses Unternehmen mit seinen interaktiven Bildschirmen, virtuellen Büchern, dynamischen Bilderwänden…
De Gaulle der in Frankreich populärer ist als Napoleon soll mit diesem „Denkmal“ vor allem ein nationales Publikum ansprechen: 2007 haben 800.000 ausländische Touristen, aber nur 400.000 Franzosen das Armeemuseum inklusive Invalidendom besucht. Man hofft also auf den neuen Superstar der „Grande Nation“!

Von den Tieren abgeschaut

Geschrieben von am 11. Februar 2008 15:22

Kleidung und Mode wirkt im Museum oft langweilig und steif. Im Museum Zeughaus in Mannheim, das zu den Reiss-Engelhorn-Museen gehört, hatten die AusstellungsmacherInnen so richtig Lust, Langeweile gar nicht erst aufkommen zu lassen: hier finden sich Seespinne und Wasserspitzmaus neben den Kleidungsstücken. Die Seespinne tarnt sich mit Borsten und Algen, weswegen sie in der Vitrine mit den Karnevalskostümen zu finden ist. Die Wasserspitzmaus mit ihrem besonderen Fell kann als Vorbild für regenabweisende Materialien dienen, wofür die Pelisse (Gehpelz), eine Art Umhang aus dem 18. Jahrhundert, steht. Auch die gestylten Hühner, die der Künstler Edgar Honetschläger für die Expo 2005 in Japan entworfen hatte, sind in der großen Vitrine zur Damenmode ein richtiger Hingucker. Ein toller Einfall, der zeigt, wie man mit intelligenten, nicht aufwändigen Mitteln Lust am Schauen weckt.
Hier kann man einen virtuellen Rundgang durch die Kleidersammlung machen.

Der Römerberg erhält eine neue Attraktion

Geschrieben von am 31. Januar 2008 16:34

Nun ist es amtlich: das Stuttgarter Architektenbüro LRO (Lederer, Ragnarsdóttir und Oei) wird den Neubau des Historischen Museums in Frankfurt am Main gestalten. Die Frankfurter Rundschau ist begeistert:

„Der Brückenschlag, den der Siegerentwurf leistet, basiert auf einer Entwurfshaltung, die nicht aus einer harten Handschrift besteht, sondern aus einem geschmeidigen Selbstbewusstsein für das, was zur Verfügung steht: architektonisch, stadträumlich, historisch.“

Die Entscheidung fiel übrigens fast einstimmig, wie man aus der Pressemeldung des Museums erfahren kann: Neun von zehn Stimmen entschieden sich für diesen Vorschlag. Wir BesucherInnen müssen uns leider noch etwas gedulden: der Baubeginn ist erst für 2012 vorgesehen.

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