Sitzen im Museum IV

Geschrieben von am 27. Juni 2008 13:58


Im Barcelona Chair, der im wiederaufgebauten deutschen Pavillon steht und der wie der Pavillon selbst von Ludwig Mies van der Rohe für die Weltausstellung in Barcelona 1929 konstruiert worden war, lässt es sich gut über die Gedanken des Meisters selbst reflektieren:

„Architektur beginnt, wenn zwei Backsteine sorgfältig zusammengesetzt werden. Architektur ist eine Sprache mit der Disziplin einer Grammatik. Man kann Sprache im Alltag als Prosa benutzen. Und wenn man sehr gut ist, kann man ein Dichter sein.“

(zit. nach David Spaeth: Mies van der Rohe. Der Architekt der technischen Perfektion. Stuttgart 1995 und Wikipedia)

Kunst bewohnen

Geschrieben von am 23. Juni 2008 14:20

Bewohnte Kunst Installation heißt das Projekt, das Sandip Shah seit 2002 in Darmstadt verfolgt. Der Ort ist eine schöne Ladenwohnung. Vorne, der große Raum mit Fenster zur Straße, ist das Wohnzimmer, in dem Sandip Shah regelmäßig befreundete KünstlerInnen präsentiert. Die Ausstellungen dehnen sich dann bis in die Küche und den Flur aus. Nun zeigt Sandip Shah seine Bilder, die sich mit dem Thema Überwachung auseinandersetzen. Hierzu nimmt Shah das Datenmaterial, das zahlreiche Kameras an verschiedenen Orten für ihn aufnehmen, vergrößert Videostills und transformiert sie auf große Leinwände. Die Bilder wirken auf den ersten Blick sehr bunt und erinnern zum Teil an Wärmebilder. Genauer betrachtet kann man dann menschliche Formen ausmachen. Wirklich beeindruckend!
In Antwerpen hat Shah in diesem Sommer vor, sein Projekt Sicherheitsbüro weiterzuführen. Und damit die DarmstädterInnen auch etwas von der Hafenstadt haben, werden Ausdrucke von Videostills, die Shah dort anfertigt, an die Scheibe der bewohnten Kunst Installation geklebt. Letzten Sonntag habe ich Menschen bei der Ausstellungseröffnung beobachtet. Im Hintergrund eines der leuchtenden Bilder von Shah.

Geöffnet ist die bewohnte Kunst Installation jeden ersten Sonntag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr und nach telef. Vereinbarung.

Sitzen im Museum II

Geschrieben von am 12. Juni 2008 10:17

Ich glaube, das Pergamonmuseum ist deswegen so beliebt (1,3 Mill. Besucher 2007 ), da die Treppe des Pergamon-Altars ein gigantisches Sitzmöbel bietet. Auf der Treppe sitzend, langweilt man sich keine Minute. Dafür sorgen die Schulklassen und man vergisst, dass man sich eigentlich in einem Musentempel befindet.

Sitzen im Museum

Geschrieben von am 6. Juni 2008 11:33

Museumsbesuche sind nicht nur anregend, sondern auch anstrengend, machen müde Beine und einen vollen Kopf. Deswegen braucht es in Museen und Ausstellungen Sitzmöbel, um über das Gesehene nachzudenken (oder um andere BesucherInnen beim Anschauen der Bilder und Exponate anschauen zu können). Den Auftakt der Reihe über Sitzmöbel im Museumsblog macht ein besonders schönes Beispiel aus dem Ashmolean Museum in Oxford. Sitzen auf hohem Niveau.

Nur für dich

Geschrieben von am 3. Juni 2008 17:16

Antoine Capets Rezension der Ausstellung For Your Eyes Only: Ian Fleming and James Bond im Imperial War Museum in London macht Lust, hinzugehen.
„The difficulty for its curators resides in finding the right mix between
that ambition and continuing to attract new visitors with less ‘high-brow’
events“, so Capet. Und er bescheinigt, dem IWM das nötige Mittelmaß gefunden zu haben: „Again, less ‘high-brow’ does not necessarily mean cheap
commercialism, as shown in the current _ Ian Fleming and James Bond_Exhibition.“
Bis zum 9. März 2009 ist noch Zeit, hinzugehen.
Hier ist die gesamte Ausstellungsrezension zu lesen.

Der erste sein

Geschrieben von am 30. Mai 2008 09:32

Gestern kam auf Arte zu später Stunde der Dokumentarfilm „Museumsbusiness“.
Es ging um die Expansion der großen Museen und Stiftungen wie Guggenheim und Louvre, also um Bilbao, Atlanta und Abu Dhabi. Laut Programminfo sollte gefragt werden:
„Handelt es sich hierbei um gefährliche Kommerzialisierung oder Vermarktung der Kultur? Oder ist das Herausbilden eines gewissen Kulturbusiness eher positiv, um die Sammlungen zur Geltung zu bringen, neues Publikum zu gewinnen und kulturelle Einzugsgebiete zu erweitern? Bietet es den Institutionen nicht auch die Möglichkeit, ihre Mittel aufzustocken?“
Dazu wurden Thomas Krens, Direktor der Guggenheim-Stiftung, Henri Loyrette, Präsident des Louvre, der damalige zuständige baskische Kulturminister in Bilbao, Mitarbeiter von France-Muséums, der Agentur, die mit der Abwicklung des Louvre Abu Dhabi betraut ist, der Scheich in Abu Dhabi und noch einige mehr befragt. Interessant war der Fall von Bilbao, weil klar wurde, dass es sich um eine baskische Initiative handelte, die sich auch durchzusetzen wußte und allein die Aufwertung der Region im Visier hatte.
Eigentlich, und das betrifft vor allem den Louvre und seinen Expansionsbestrebungen, kamen im Film nur die Personen zu Wort, die wortreich begründeten, dass es sich natürlich um keinen Ausverkauf der Kunst handle, sondern nur um eine bessere Positionierung der Museen. Den positiven Stimmen stand ganz alleine der Kunsthistoriker und Kritiker an den Expansionsplänen des Louvre, Didier Rykner (zugleich Betreiber von la tribune de l’art) gegenüber. Obwohl die beiden französichen Autoren Sylvain Bergère und Stéphane Osmont anfangs die Petition gegen die Expansionspläne des Louvre erwähnten. Wieso kamen hiervon nicht mehr Kritiker zu Wort? Etwa die Kunsthistoriker Jean Clair, Françoise Cachin oder Philippe de Montebello, (noch) Direktor des Metropolitain Museum in New York, der sich dezidiert gegen die Politik der Depandancen ausgesprochen hat? Wollten die nicht oder durften die nicht? Schade, das hätte den Film ausgewogener gemacht. So war mir der Film, mit Verlaub gesagt, zu tendenziös. Und irgendwie auch selbst entlarvend. Wenn wir es nicht tun, so sagte der Leiter der Agentur France-Muséums, dann machen es die anderen. (Heißt das nicht auch übersetzt: die anderen können es nicht so gut wie wir?) Und die Sprecherin des Films sagte: Wenn Frankreich im internationalen Wettbewerb einen Vorsprung hat, sollte es ihn auch nutzen. Um was geht es hier eigentlich? Etwa noch um Kunst?
Den Film kann man sich bei arte hier noch 7 Tage lang anschauen.

Wüstenzwinger? Wüstenpergamon? Wüstenpinakothek?

Geschrieben von am 29. Mai 2008 11:11

So, nun hat Deutschland auch sein Abu Dhabi und seinen Wüsten-Louvre!
„Kultur-Generäle im Wüsten-Einsatz“, so titelte Eckhard Fuhr in der Welt seinen Beitrag über die Reise der drei Direktoren Baumstark, Roth und Schuster, die jeweils die Zusammenschlüsse der Museen in München, Dresden und Berlin leiten. In Dubai soll mit deutscher Hilfe ein Universalmuseum eingerichtet werden, das sich mit den „Grundzügen des Weltwissen“ beschäftigt. Anfang Mai wurde dort ein Vertrag unterzeichnet, in dem festgehalten wird, was die deutschen Museen alles leisten. Dazu Fuhr:

„Die vereinbarte Zusammenarbeit bedeutet weder, dass Dubai mit Petro-Dollars – das Ölgeschäft spielt heute eine nur noch untergeordnete Rolle – deutsche Kunst ins Land holt, noch dass die deutschen Museen bloße Dependancen in der Wüste errichten. Sie umfasst die architektonische, technische und logistische Planung, die Ausbildung von Museumspersonal und den Aufbau von einschlägigen Studiengängen. Schließlich soll in Dubai auch eine eigene Sammlung aufgebaut werden.“

Nun sitzt man an der Ausarbeitung des Konzepts, denn Ende nächsten Jahres (!) soll schon die erste Ausstellung in einem provisorischen Gebäude gezeigt werden. Rem Koolhaas soll es bauen. Das geht ganz schön fix in der Wüste – hier muss man sich wohl auch nicht mit Formalitäten, die eine Demokratie so mit sich bringt, auseinandersetzen, da in Dubai ein Scheich regiert. Über Geld bzw. wieviel wohin fließt, wurde anscheinend nicht gesprochen; voraussichtlich wird das neue Universalmuseum einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Solch eine Summe kommt in Dubai wahrscheinlich aus der Portokasse.

Verschmitzte Vielfalt

Geschrieben von am 29. April 2008 11:20

Für das Museum für Naturkunde in Berlin sollte man etwas Zeit mitbringen, gibt es doch viel zu entdecken. Teile der Dauerausstellung wurden im letzten Sommer umgestaltet, so auch der Saal mit den Dinosauriern. Hier kann man etwa durch das Fernglas die großen Saurier durch den Wald laufen sehen – und der virtuelle Saurier zwinkert einem dann auch noch verschmitzt zu. Das Augenzwinkern ist so etwas wie das Leitmotiv des Museums: Evolution und Biodiversität des Lebens sollen unterhaltsam und ansprechend vermittelt werden.
In der Abteilung „Evolution in Aktion“ empfängt die Besucherin eine Art Riesen-Setzkasten, bestückt mit vielen wundersam wirkenden Exponaten, dessen Vielfalt sich erst nach längerem Betrachten vermittelt. Und warum hat mir niemand im Biologie-Unterricht diesen hübschen Spruch beigebracht: „Alles was sich schart und paart, gehört zu einer Art“. Also: Hingehen und sich viel Zeit dafür nehmen.

Das Pressecho auf die Wiedereröffnung des Museums im Sommer 2007 findet sich hier.

Gratwanderung

Geschrieben von am 24. April 2008 10:08

Der Louvre steht mal wieder in der Kritik. Dieses Mal geht es um 130 Leihgaben für eine Ausstellung in Verona. Dazu der Kunsthistoriker Didier Rykner in seinem Blog la tribune de l’art:

„The Louvre is still offering great deals. If you are a millionaire and would like to organize an exhibition, this is definitely the place to come: ask for a couple of masterpieces and it will see you get them on condition you pay the right price. It seems that only the Mona Lisa is not for rent. At least officially. But you can have any other Leonardo you want.“

Der Hintergrund: die Leihgaben gehen nicht an ein Museum, sondern werden für vier Millionen Euro einer privaten Gesellschaft überlassen, die die Ausstellung mit Bildern von Goya, Botticelli, Véronèse, Rembrandt, Rubens, Van Dyck, Vélasquez, Greco, Raphaël… ausrichtet. Wohlgemerkt handelt es sich dabei um Bilder, die in den Ausstellungssälen hängen und die das Museum so gut wie nie verlassen haben, darunter auch das „Porträt einer jungen Dame“ (La belle Ferronière) von Leonardo da Vinci. Auf die Frage, warum nun plötzlich Werke ausgeliehen werden, die sonst nie das Gebäude verlassen, sagte ein Sprecher des Louvre der Zeitung Le Monde: „Niemand hatte sie bisher angefragt“, und verweist auf den wissenschaftlichen Charakter der Ausstellung. Andere halten diese Zusammenstellung für einen Vorwand. Mit dem Geld möchte der Louvre Werke restaurieren und weitere Kataloge editieren. Ein Teil des Geldes soll für Abu Dhabi auch schon eingegangen sein. Gleich mal nachschauen, ob die Eintrittspreise im Louvre niedriger geworden sind!

Mit Kindern unterwegs

Geschrieben von am 17. März 2008 19:11

Und wenn man schon einmal in Berlin-Dahlem ist, dann sollte man auch die Ausstellung KinderMobil – Kleine Helfer für kleine Helden im Museum Europäischer Kulturen anschauen. Wie kamen Mütter und Väter mit ihren Kindern zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten vorwärts? Hier sieht man auf zeitgenössischen Fotos, dass in den 1950er Jahren schon Frauen in Thüringen mit Tragetücher spazierengingen, man kann eine Kinderwagenparade bewundern oder endlich einmal erfahren, was es mit dem Gängelband auf sich hat. „Tragen, schieben, wuchten“ so fasste der Tagespiegel die leichte und beschwingte Ausstellung zusammen. Interessant ist die Ausstellung auch, weil sie so ganz nebenbei vorführt, wie man mit guten Ideen vorhandene Ausstellungsarchitekturen wiederverwertet.
Noch bis zum 31.8.2008 ist Zeit, sich die Ausstellung anzusehen.

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