Auf der Suche nach Kölner Archivalien

Geschrieben von am 12. März 2009 11:10

In Köln laufen die Rettungsarbeiten auf Hochtouren, um noch einige der Archivalien des Stadtarchives bergen zu können. Unterstützung von einer anderen Seite kommt auch von „prometheus – Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung und Lehre e.V.“ Das Bildarchiv, ebenfalls in Köln ansässig, hat Das digitale Historische Archiv Köln, gegründet und möchte damit, wie es auf der Seite heisst, „einen Beitrag zur Rettung und Sicherung der kulturellen Erinnerung der Stadt Köln leisten“ (…) Wir streben auf dieser Plattform eine möglichst vollständige Sammlung von Digitalisaten zum Historischen Archiv Köln an und greifen deshalb auch auf Reproduktionen von gedruckten Abbildungen zurück.“

Wer also einmal im Stadtarchiv von Köln gearbeitet hat und Kopien von Archivalien anfertigen konnte, ist eingeladen, diese auf den Server des digitalen Historischen Archivs Köln zu stellen. Im Moment sind es schon 364 Dokumente, die hochgeladen wurden.

Fotografie braucht Text

Geschrieben von am 10. März 2009 13:03

„Nicht der Schrift-, sondern der Photographie-unkundige wird, so hat man gesagt, der Analphabet der Zukunft sein.“ – so Walter Benjamin. Es heisst aber in der „Kleinen Geschichte der Photographie“ weiter: „Aber muss nicht weniger als ein Analphabet der Photograph gelten, der seine eigenen Bilder nicht lesen kann? Wird die Beschriftung nicht zum wesentlichsten Bestandteil der Aufnahme werden?“

Dass die Bildunterschrift eng mit der Fotografie gekoppelt ist, da sich ein Bild nicht immer von selbst erklärt, darauf verweisen gleich zwei Fotografie-Ausstellungen – allerdings aus zwei ganz verschiedenen Richtungen.

In Paris zeigt die Ausstellung Controverses in der Nationalbibliothek, die aus dem Musée d’Elysée in Lausanne kommt, mehr oder weniger eindeutige Bilder. Kontroversen erzählt die Skandale, die mit den Fotografien vermittelt wurden, – also Fotografien, die angeeckt haben, die verboten wurden und über die man sprach. Dies wird von den Anfängen der Fotografien bis in die Gegenwart abgehandelt. Es sind viele bekannte Fotografien dabei – wie der Kuss am Hotel de Ville von R. Doisneau, der Soldat von Capa oder die küssende Nonne vom Werbefotografen Toscani. Während beim letzten Foto der Konflikt offensichtlich ist, braucht man bei den anderen Informationen – und Bildtexte bekommt man wohl zu Genüge.
In Paris kamen noch weitere Fotografien hinzu: etwa ein Propaganda-Foto aus der Zeit der Besatzung von André Zucca (der Museumsblog berichtete hier darüber), oder ein Foto-Porträt von Sartre, aus dem man die Zigarette wegretuschiert hatte. Das stammte im übrigen aus einer eigenen Ausstellung der Nationalbibliothek…
Dem Rezensenten in Le Monde hat es auf alle Fälle gut gefallen. Hier kann man sich einige der Fotos anschauen.

Die andere Ausstellung wird gerade in Wien, in der Albertina gezeigt. Die Fotografie und das Unsichtbare, eine Ausstellung, die vom San Francisco Museum of Modern Art stammt, geht auch bis in die Anfänge der Fotografie zurück und zeigt das, was das menschliche Auge sonst nicht sehen kann. Zum Beispiel eine männliche Krätzmilbe, die Auguste-Adolphe Bertsch in den 185oer Jahren aufgenommen hat, Pflanzenquerschnitte oder Mikrodaguerreotypien von W. H. Fox Talbot. In der Bildergalerie kann man sich einige der Fotografien anschauen, auf Ö1 Inforadio kann man ein Interview mit der Kuratorin Monika Faber anhören.

In beiden Ausstellungen bleibt letztendlich die Frage offen, ob man seinen Augen trauen kann. Es wäre bestimmt interessant, die beiden Ausstellungen gleich hintereinander anzusehen. Zwischendurch könnte man im jeweiligen Katalog blättern….

Controverses, Bibliothèque nationale de France
58, rue de Richelieu, 75o02 Paris
Di- Sa 10-19, So 12-19 Uhr
bis zum 24. Mai

Die Fotografie und das Unsichtbare
Albertinaplatz 1, 1010 Wien
täglich 10- 18 Uhr, Mi 10 – 21 Uhr
ebenfalls bis zum 24. Mai

Archive schützen!

Geschrieben von am 9. März 2009 13:15

Ist die Digitalisierung von Archivgut, wie es nun Burkhard Spinnen angesichts der Kölner Tragödie hier in der Frankfurter Rundschau vorschlägt, die einzige richtige Lösung? Anscheinend ist das bei einigen der Urkunden, Fotografien, Karten und Plänen in Köln auch schon der Fall gewesen. Und das ist auch gut so; eine Digitalisierung sollte in Köln (nun ja teilweise leider zu spät) oder anderswo auch vorangetrieben werden.

Doch nichts, aber auch nichts kann das Original ersetzen. Wer selbst schon Archive benutzt hat, weiß nur zu gut, wie spannend es ist, wenn man sich ein Original ansehen darf. Deswegen fände ich es sehr sinnvoll, sich vor allem darum zu kümmern, dass die Originale gut behandelt werden – das heißt das kulturelle Erbe auch fachgerecht aufzubewahren, wie es hier etwa im Artikel von Gerhard Banik und Sebastian Dobrusskin beschrieben wird. Auf der Seite des Forums Bestandserhaltung gibt es übrigens auch eine Liste dazu, was in Notfällen zu tun ist.
Köln nützt das freilich alles nichts mehr. Aber vielleicht kann Köln als lehrreiches Beispiel dienen, Hinweisen, die es wohl gegeben hat, auch rechtzeitig nachzugehen, um Kulturgut zu schützen.

Wer sich für Digitalisierung in Archiven, Bibliotheken und Museen interessiert, kann sich hier auf nestor informieren: das ist das deutsche Kompetenznetzwerk zur digitalen Langzeitarchivierung (gefördert vom BMBF).

Alles fürs Kind

Geschrieben von am 6. März 2009 12:24

Selbst wenn man Paris ausklammert und nur einen Vergleich mit anderen Provinzstädten (Lyon, Montpellier, Lille…) anstellt, ist Marseille, was Museen betrifft, nicht eben reich ausgestattet. Das Kunstmuseum im Palais Longchamp ist für Renovierungsarbeiten geschlossen, ein Ende dafür noch nicht abzusehen. Das historische/archäologische Museum dieser an griechischen und römischen Funden unglaublich reichen Stadt ist im Untergeschoss eines Einkaufszentrums vor jedem möglichen Publikumsandrang vorsichtshalber gut versteckt, das „volkskundliche“ Stadtmuseum überhaupt geschlossen und vermutlich aufgelassen…

Einen Ort gibt es jedoch, der nicht so leicht seinesgleichen findet: Le Préau des Accoules. Mitten im ältesten Viertel der Stadt, dem Panier, gelegen war das zwischen 1699 und 1702 errichtete Gebäude ursprünglich ein Observatorium der Jesuiten. Als der Orden 1760 vertrieben wurde, ging das Gebäude in den Besitz der Stadt über, die 1780 hier die Akademie der Wissenschaften, Künste und Literatur (Académie des Sciences, Arts et Belles Lettres) einrichtete.
Hinter der nüchternen Fassade in der steilen, engen Gasse der Montée des Accoules, verbirgt sich ein grosser, heller Saal unter einem von neoklassischen Säulen getragenen Plattgewölbe, entworfen von Esprit-Joseph Brun zwischen 1782 und 83. Und hier befindet sich ein Museum, eigentlich eher ein Ausstellungssaal, der den Kinern gewidmet ist.
In Zusammenarbeit mit den verschiedenen Museen Marseilles werden hier Ausstellungen ganz speziell für ein junges Publikum (ab 4/5 Jahren) konzipiert. Die aktuelle Ausstellung heisst „Die Schule der Maler“ (L’école des peintres). Anhand von 10 Portraitgemälden aus der Sammlung des Kunstmuseums können die Kinder eine Reise durch Europa und die Epochen zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert machen. Zwei Animateure begleiten die Kinder die ihrerseits den Spuren berühmter Künstler folgen, ihren Reisen, Begegnungen, Einflüssen zwischen Italien, Holland, Frankreich oder Flandern.
Es wird gemalt, und erklärt, gebastelt und ausgeschnitten… und das alles ist umsonst. Gerne von Schulklassen besucht, gelingt es dem Préau des Accoules so aber auch die in nächster Nähe beheimatete Bevölkerung, die zum grossen Teil aus Nordafrika und den Kommoren stammt, einzubeziehen. Es genügt die Türe aufzustossen….

Rückseiten

Geschrieben von am 4. März 2009 17:00


Schön anzusehen: die Inventarnummern von Gemälden im Prado in Madrid.
Gefunden im Adresscomptoir von Anton Tantner.

Volkskundliches in Vorarlberg

Geschrieben von am 3. März 2009 14:45

Richard Beitl war in verschiedenen Welten zu Hause: er lebte in der Großstadt und auf dem Land, er war Wissenschaftler und Professor für Volkskunde in Berlin, zugleich auch noch Dichter und Schriftsteller. Vor allem war er auch aus dem Montafon und im kleinen Städtchen Schruns beheimatet, in dem er auch eine Zeitlang als Kulturreferent tätig war. Was klingt wie eine Patchwork-Karriere eines Geisteswissenschaftlers aus der Gegenwart, verweist indessen auf ein bewegtes Leben im letzten Jahrhundert.

Das Montafoner Heimatmuseum widmet den vielen Facetten von Richard Beitl nun die Ausstellung Schruns – Berlin, die wirklich interessant zu sein verspricht. Es geht hier natürlich um Biografisches, um Dichtung und Wissenschaft, wie der Untertitel sagt und um die Heimat – das Montafon.

Beitl fand über die Germanistik zur Volkskunde, studierte in Wien und Berlin. In Berlin fand er auch seine erste Anstellung bei der Zentralstelle des Atlas für deutsche Volkskunde, dem volkskundlichen Großprojekt, dessen Geschichte demnächst in einer Untersuchung erscheint. Aus diesem Themenkreis stammte auch seine Habilitationsschrift Untersuchungen zur Mythologie des Kindes über Korndämonen – die posthum veröffentlicht wurde. Den wissenschaftlichen Aktivitäten fügte er noch viele weitere hinzu; er sammelte etwa Sagen aus Vorarlberg und publizierte sie in Standardwerken und er schrieb erfolgreich Romane, die heute noch in jedem Vorarlberger Bücherregal stehen. Seine Wege führten ihn oft von Schruns nach Berlin und wieder zurück, aber auch weit darüber hinaus.

Die Ausstellung ist noch bis zum 18. April zu sehen.
Im April erscheint dazu noch ein Begleitbuch.

Montafoner Heimatmuseum Schruns
Kirchplatz 15
A-6780 Schruns
Dienstag – Samstag, jeweils 16-18 Uhr

Kunst in der Vorstadt

Geschrieben von am 25. Februar 2009 13:24


MAC/VAL ist die Abkürzung für Musée d’art contemporain du Val-de-Marne. Im Ort Vitry-sur-Seine gelegen, ist es das erste Museum für zeitgenössische Kunst in der Banlieue von Paris. 2005 wurde das Museum eröffnet; Schwerpunkt der Sammlung ist die französische Kunstszene ab den 1950er Jahren. Nun wurde die Dauerausstellung wieder einmal neu inszeniert. Unter dem Motto „Je reviendrai“ sollen sich die BesucherInnen auf eine Reise in das Innere, Imaginäre begeben. Zum Ausstellungsbesuch gehört ein kostenloser Audioguide, in dem sich ein Paar über die ausgestellten Werke unterhält… Auf der Seite des Herstellers Audiovisit kann man sich das schon einmal anhören (wenn man französisch versteht, hat man natürlich noch mehr Freude daran).

Der Ausflug in die Vorstadt lohnt auf alle Fälle: das Gebäude von Jacques Ripault ist luftig gebaut und hat neben einem schönen Café-Restaurant auch noch einen großen Garten. Zudem ist das Museum ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Als ich da war, habe ich der Dame von Alain Séchas lange beim Rauchen zugeschaut.

Hier noch ein Artikel in der taz von 2005, als das Museum eröffnet wurde.

MAC/VAL
Place de la Libération
94400 Vitry-sur-Seine
Di-So 12 bis 19 Uhr

Wieder eröffnet

Geschrieben von am 23. Februar 2009 14:02

Das irakische Nationalmuseum in Bagdad wurde heute wieder eröffnet. Das ist deswegen eine besondere Meldung, weil das Museum beim Einmarsch der amerikanischen Streitkräfte geplündert und das Museumsgut in alle Welt verhökert wurde. Nun wurde heute das Museum wieder eröffnet – freilich nur mit einem kleinen Teil der Sammlung.

DeutschlandRadio berichtete heute live von der Museumseröffnung.
Hier steht etwas in der Berliner Zeitung über die Eröffnung.

Mehr zu den Plünderungen bzw. über die „Verteilung“ von Museumsgut in der Süddeutschen Zeitung von 2003, in der NZZ stand ein Augenzeugenbericht einer Archäologin. Zu den amerikanischen Strategien, Kulturgüter überhaupt zu erkennen, hier im Museumsblog.

Das Archiv der Erde

Geschrieben von am 22. Februar 2009 13:56


Ein fotografisches Museum der Menschheit: Die wunderbare Welt des Albert Kahn heißt die die BBC-Dokumentation, die ab morgen bis zum 5. März auf Arte ausgestrahlt wird.
Schon die einführende Sendung am Samstag hat Lust auf mehr gemacht.
Albert Kahn war ein Bankier aus dem Elsass, der sich nicht nur dem Geld verdienen, sondern auch der Weltverbesserung verschrieben hatte: Völkerverständigung war sein oberstes Ziel. Dafür unterstützte er viele Institutionen bzw. begründete selbst welche, schickte Stipendiaten um die Welt, damit sie andere Länder kennenlernten und zu Hause in Frankreich darüber berichten konnten. Er bereiste selbst die Welt, ließ filmen und fotografieren – wobei er es erstaunlicherweise hasste, auf Filmen oder auf Fotos zu sehen zu sein.
Auf diese Weise entstanden 72.000 autochrome Glasplatten und über 180 km Film, die das Archiv des Planetens begründen sollte: Die Sammlung sollte, laut Kahn, “to put into effect a sort of photographic inventory of the surface of the globe as inhabited and developed by Man at the beginning of the twentieth century”. Der Humangeograph Jean Brunhes verwaltete eine Zeitlang dieses Archiv. Heute wird alles zusammen mit Briefen, Tagebüchern und Notizen im Musée Albert Kahn aufbewahrt, in Boulogne-Bilancourt bei Paris, zu dem wie zu Kahns Zeiten auch ein japanischer Garten gehört. Dass BBC ermöglicht uns nun einen ganz besonderen Einblick.

Das Material, das Kahn zusammentragen ließ, ist außergewöhnlich: er ließ filmen, zu einem Zeitpunkt, als das Medium Film gerade mal erfunden war und außer Ozeanien ließ er zwischen 1912 und 1931 alle Kontinente der Erde filmisch und fotografisch kartographieren.
Selbst auf dem Fernsehbildschirm wirken die autochromen Fotografien in ihrer wunderbaren Farbigkeit. Unbedingt ansehen!

Hier ist die Seite von der BBC über das Buch zur Dokumentation.
Hier kann man ein französisches Video über das Museum ansehen.
Und hier ist ein Arikel über die Reihe in der Süddeutschen Zeitung.

Frankreichs Glanz und Glorie?

Geschrieben von am 21. Februar 2009 16:26

Jean Pierre Roux, ehemaliger Generalinspektor des Unterrichtsministeriums und Spezialist der politischen und kulturellen Geschichte Frankreichs im 19. und 20. Jahrhundert wurde von Christine Albanel damit beauftragt, einen Standort für das von Nicolas Sarkozy gewünschte Museum der französischen Geschichte zu finden.

Mehrere Vorschläge liegen bereits vor, so etwa in Paris das Hôtel des Invalides oder das hôtel de Soubise, (derzeit das historische Museum des Nationalarchivs), oder die Schlösser von Fontainebleau und Versailles wo seit 1837 ein Museum „à toutes les gloires de la France“ beherbergt ist. Es stehe dem Historiker aber jederzeit zu, andere Vorschläge zu unterbreiten…
Der Standort einmal gefunden, darf man sich wohl fragen, welche Sammlungen hier ausgestellt werden sollen. Man darf sich auch fragen, ob heute ein neues historisches Museum in einem Schloss oder anderen Prestigebau in Paris oder seiner unmittelbaren Umgebung untergebracht werden soll. Und ob die Wahl eines solchen Ortes nicht auch den Inhalt vorgibt: Glanz und Glorie, Selbstbeweihräucherung eben.
Und man darf sich auch fragen, ob in einer Zeit wo praktisch alle bestehenden Museen mit Budgetkürzungen konfrontiert sind, wo bereits eingeleitete und relativ weit fortgeschrittene Projekte dem Sparfstift zum Opfer zu fallen drohen, wo die Museen in der Provinz ausgehungert werden, wirklich Platz und Geld für ein neues Museumsprojekt vorhanden sind? Aber Mitterrand hatte den „grand Louvre“ mit seiner Pyramide, Chirac den Quai Branly, so braucht nun wohl auch Sarkozy sein Denkmal…!

Archiv

Noch was

Archiv