50 Jahre sammeln

Geschrieben von am 20. Februar 2009 11:48

Schon faszinierend: Die Sammlung der Superlative, weil hier zwei Sammler mit Herzblut und Leidenschaft – und nicht zu vergessen mit viel Geld – Werke aller Art zusammentrugen und das über 50 Jahre lang. Unser voyeuristisches Interesse befriedigt die Zurschaustellung der legendären Sammlung von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé an diesem Wochenende im Grand Palais in Paris, Samstag und Sonntag, von 9 bis Mitternacht. Sammlungen heisst es eigentlich korrekter, da die über 700 Stücke auf zwei Wohnungen verteilt waren. Ab dem 23. Februar wird dann versteigert. Hier kann man sich schon einmal anschauen, wieviel man etwa für einen Degas anlegen muss, aber vor allem die Zusammensetzung der Sammlung bestaunen, die an eine Wunderkammer erinnert.

Die Medien sind gefüllt mit den Berichten über die Auktion; hier ein Interview in faz-net mit dem Galeristen, der die beiden mit „Stoff“ versorgte, über die Sammelleidenschaft des Paares und hier ein Artikel über die Rückgabeforderungen aus China.

Hinschauen

Geschrieben von am 19. Februar 2009 15:54


Hinschauen, nicht wegsehen. Gurs 1939-1943 heisst die Ausstellung, die zur Zeit im Historischem Museum in Luzern gezeigt wird.
Anzuschauen sind die Werke aus der Sammlung Elsbeth Kasser. Frau Kasser war eine Krankenschwester aus der Schweiz, die während des Zweiten Weltkriegs für die Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder und das Schweizerischen Roten Kreuzes in Internierungslagern des besetzten Frankreichs tätig war. Sie brachte vor allem aus dem Lager in Gurs Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien mit, die ein Stück weit den Alltag in den Lagern widerspiegeln.
In Gurs wurden u.a. deutsche, jüdische EmigrantInnen interniert, die sich in Frankreich vor dem NS-Regime sicher glaubten. Darunter waren viele Intellektuelle und KünstlerInnen wie Charlotte Salomon, Lisa Fittko, Hannah Arendt oder Max Lingner, von dem auch das Bild stammt (von der Seite des Historischen Museums). 1942/1943 wurden knapp 4000 Juden und Jüdinnen, die sich noch in Gurs befanden über Drancy bei Paris ins Todeslager nach Auschwitz deportiert.

Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt der Elsbeth Kasser-Stiftung, des Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern, der Hochschule Luzern und der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz. Die Gestaltung entwickelten Studierende der Hochschule Luzern – auf der Seite der Elsbeth-Kasser-Stiftung ist das alles nachzulesen.
Die Sammlung wird heute im Archiv für Zeitgeschichte an der ETH Zürich verwahrt und kann hier angesehen werden.


Historisches Museum Luzern
Pfistergasse 24, CH-6000 Luzern 7 +41 41 228 54 24 / 22
Öffnungszeiten: 10-17 Uhr, Montag geschlossen

Hessischer Alltag statt Kunst im Gedränge

Geschrieben von am 11. Februar 2009 11:22

Während sich sonntags die BesucherInnen in der Schirn oder im Städel auf die Füße treten, um einen Blick auf die ausgestellten Werke zu erheischen, sollte man lieber der Stadt den Rücken kehren. Das Kloster Lorsch und das Museumszentrum sind eine echte Alternative. Das Gelände des Weltkulturerbes Kloster Lorsch lässt erahnen, wie weitläufig das Kloster einmal war und natürlich kann man gebührend die Königshalle bewundern. Lesen Sie den Rest des Beitrags »

Das Blog von Monsieur A.

Geschrieben von am 6. Februar 2009 09:58

Warum verdient dieses Blog besondere Aufmerksamkeit? Jean-Jacques Aillagon ist nicht irgendwer, sondern: Président de l’Etablissement public du musée et du domaine national de Versailles – auf deutsch Präsident des Museums und des Parks von Versailles – das steht auch gleich in der Überschrift des Blogs. Er war auch schon Kulturminister von Frankreich gewesen. Hat ein solch vielbeschäftigter Mann, so fragt man sich, überhaupt Zeit, zu bloggen?

Offensichtlich nimmt er sich die Zeit gerne. So erfährt man in den in Plauderton geschriebenen Posts von Sitzungen und Empfängen in Versailles, die M. Aillagon besucht bzw. mitveranstaltet; auch etwa, dass die 1786 gepflanzte Buche den Sturm nicht überlebt hat; man erfährt, dass er von Journalisten interviewt wird, wenn ein Kollege sein coming-out hat (M. Aillagon hat, wie er erklärt, nie ein Geheimnis um seine Homosexualität gemacht).

Natürlich kommt auch das Museum nicht zu kurz: man begleitet M. Aillagon ins Britische Museum, wo er sich freut, altbekannte Stücke wiederzusehen; er bezieht Stellung zum Geschichtsmuseum, das Nicolas Sarkozy angekündigt hat (dazu hier im Museumsblog) und wirbt für sein Projekt, in Versailles das Geschichtsmuseum zu machen, das sogar schon eine eigene Internetseite hat.
Seine Beiträge fangen oft mit allgemeinen Beobachtungen an und werden dann schnell sehr persönlich. So regt ihn ein Fernsehinterview mit der Sängerin Patricia Kaas und ihrer Kindheit in Lothringen an, über seine eigene Kindheit zu reflektieren. Ein ganz normales Blog eben.

via Le carnet d’Ana.

Nachts im Museum

Geschrieben von am 4. Februar 2009 12:31

Marc Zitzmann, von der NZZ, geht in Paris nachts ins Museum
und berichtet hier darüber.

Manchmal sollte man lieber zu Hause bleiben

Geschrieben von am 1. Februar 2009 11:41

Manche Museumsbesuche stehen unter keinem guten Stern – so wie diese Woche im Jüdischen Museum im Palais Eskeles in Wien. So würde das Kurzprotokoll zu diesem Besuch lauten:

– Schon im Atrium eine Schulklasse im Nacken, als ich mir die raumfüllende Vitrine anschaute. Geahnt, dass es zu einem Interessenskonflikt kommen könnte. Schnell zur Installation der Hologramme gegangen. Leider nicht weit gekommen, da sich die Schulklasse nun inklusive Führung in der Mitte der Installation auf Hockern niederließ; und nur von hier aus kann man sich die Hologramme, prominenter Teil der Schausammlung, ansehen.
– Ins Schaudepot gewechselt. Idee und Umsetzung wieder für gut befunden. Nehme das Angebot wahr, merke mir Inventarnummern und schlage diese im Inventarbuch nach. Die Nummern alle nicht gefunden. Der sonst hervorragende Audioguide sagt nichts dazu. Eine freundliche Aufsicht hilft weiter, weiss aber auch nicht alles.
– Nochmals zu den Hologrammen: immer noch besetzt. Die Friedrich Torberg-Ausstellung angeschaut. Im ersten Raum: Texttafeln auf Oberschenkelhöhe; hätte fast die Ausstellung verlassen. Zum Glück ist es in den anderen Räumen besser. Irgendwann mag ich aber nicht mehr lesen.
– Dritter Versuch, die Hologramme anzuschauen. Die Schulklasse ist immer noch da; nun werden die Hologramme selbst erklärt. Mich gefragt, um was es in der (gefühlten) Stunde zuvor ging. Mich sehr gewundert, warum die Führung nicht auf der freien Fläche neben den Hologrammen begonnen hat. Mißgelaunt wieder gegangen, ohne die Hologramme richtig anschauen zu können; deswegen war ich gekommen.
Das war kein guter Tag für einen Museumsbesuch (und das ist kein Plädoyer gegen Schulklassen im Museum, sondern dafür, individuelle BesucherInnen und Gruppen besser unter einen Hut zu bringen).

Dallas am alten Hafen – Ein Roman in Fortsetzungen 3

Geschrieben von am 30. Januar 2009 21:40

Die Fortsetzung erfolgte schneller als erwartet:

Eben ist ein neuer Ritter an der Seite des MuCEM erschienen. In der Zeitung La Provence wird berichtet, dass Patrick Devedjian, neu ernannter Minister für den Wirtschaftsaufschwung anlässlich seines heutigen Besuchs in Marseille eine weitere Finanzspritze von mehr als 20 Millionen € angekündigt hat, die den grossen Projekten (Hafenausbau, MuCEM etc.) zu Gute kommen werde.
Wir erwarten atemlos wie’s weitergeht!

Dallas am alten Hafen – Ein Roman in Fortsetzungen

Geschrieben von am 30. Januar 2009 21:40

Im letzten Kapitel begegneten wir einer Ministerin die im Internet (mehr oder weniger) verschlüsselte Botschaften aussendet, einem geheimnisvollen Supermanager über dessen Identität wir noch nichts wissen und einem Team das ins Abseits gedrängt wird.

Im Kapitel zwei stehen unseren Helden neue Gegner ins Haus: zwei obskure Bürgerinitiativen haben gegen das Projekt Rekurs beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Sie beanstanden die im Frühjahr 2008 erteilte Baugenehmigung mit der Begründung, dass das Museumsprojekt den alten Hafen seines einzigen Freizeit- und Entspannungsbereichs berauben würde…
In verschiedenen Geschäften des Nahbereichs liegen Prospekte auf, gedruckt von einem Verein der Hafengärten (!) „Association des jardins portuaires“ in dem gleichfalls in buntem Durcheinander gefordert wird: Radfahrpisten, Fussgängerzonen, einen Badestrand an der Hafenmole (wie schön zwischen Fährschiffen, Motorbooten, Segeljachten etc. vergnüglich zu plätschern!), die Bucht von Marseille unter Denkmalschutz zu stellen (Titel: eine der schönsten Buchten der Welt), Boule- und Kinderspielplatz anstelle des Museums und weitere lustige Einfälle dieser Art.
Auf der einen Seite also eine zögerliche Regierung, die alles bereits geleistete über den Haufen werfen will und obskure Obstruktionsmeier und ihnen gegenüber das MuCEM Team (bereits leicht angeschlagen), ein zornesbleicher Bürgermeister von Marseille und ein feuerspeiender Architekt der in TV und Presse Banausen und Hinterwäldler beschuldigt gegen das MuCEM und damit gegen die Kultur im allgemeinen und gegen Marseille selbst und seine Entwicklung zu sein.
Fortsetzung folgt!

DALLAS AM ALTEN HAFEN

Geschrieben von am 29. Januar 2009 12:35


Hat man erst kürzlich aufgeatmet und geglaubt das MuCEM sei endlich auf den Schienen und der Eröffnung 2013 stehe nun nichts mehr im Wege, so hat man sich getäuscht.

Trotz Krise scheint die Finanzierung gesichert – zumindest was den Bau betrifft, über die Bespielungskosten eines solchen Projektes zerbricht man sich bekanntlich oft erst im nachhinein den Kopf…
Nun war die Kulturministerin Christine Albanel in Marseille um die neuen Gebäude der Unterwasserarchäologie einzuweihen, jenes wissenschaftlichen Institutes das bisher im Fort Saint-Jean seine Büros und Lagerräume hatte. Das Marseiller MuCEM-Team erwartete folglich die Freigabe der Räumlichkeiten um nun ihre eigenen Büros hier einzurichten und so dem Ausstellungs- und späteren Baubetrieb auch räumlich nahe zu sein. Die Ministerin besichtigte das Fort Saint-Jean, den Saal G. H. Rivière (derzeitiger Ausstellungsraum) mit Blick auf die zukünftige Baustelle von Rudy Ricottis Museumsneubau. Ausser den in diesen Umständen angebrachten Höflichkeitsfloskeln kam aber nicht viel über die ministeriellen Lippen…
Gross war daher die Überraschung als durchsickerte, dass auf der Website des Kulturministeriums, wo die Ansprachen der Ministerin öffentlich abrufbar sind, einiges durchaus Bemerkenswertes zu lesen wäre. In diesem – aus welchem Grund auch immer – nicht gehaltenen Diskurs findet man folgende Aussagen: die Eröffnung des MuCEm 2013 sei ein fundamentaler Bestandteil der Festivitäten im Rahmen der Kulturhauptstadt – so weit so gut. Weiters sei das Projekt aber in zwei Pole aufzuspalten, der eine mit Schwerpunkt auf Ausstellungen, Symposien, internationaler Kulturarbeit und der zweite mit Ausrichtung auf Sammlungsbestände und eine aktive Leihgabenpolitik, Forschung und pädagogische Vermittlungarbeit (sprich: mit Schulklassen etc.). Diese Abteilung werde den zukünftigen Depots (Architekt Corinne Vezzoni) eingegliedert. In diesem Zusammenhang dankt die Ministerin auch Michel Colardelle und seiner Mannschaft für ihren Einsatz und bestätigt sie auch weiterhin in ihren Bemühungen um eben diese Arbeit an den Sammlungsbeständen!
Für die zukünftige Bespielung des Museums in Sachen Ausstellungen und kulturellen Aktivitäten die, laut Albanel, gegenüber dem ursprünglichen Projekt eine notable Erweiterung darstellten werde aber in Kürze ein neuer kompetenter Manager bestellt…
Dies ist jedoch noch nicht alles: das Fort Saint-Jean, integraler Bestandteil des Museumskonzeptes und bereits seit sechs Jahren genutzter Ausstellungsbereich, soll zu Gunsten privater Nutzungen frei gemacht werden, um so eine künftige Einnahmequelle zu schaffen.
Fortsetzung folgt!

Wie ein Museum auch an Objekte kommt

Geschrieben von am 28. Januar 2009 11:10

Zum zwanzigjährigen Geburtstag 2008 forderte das Musée d’Orsay in Paris vier Filmemacher auf, Kurzfilme über das Museum zu drehen. Dieses Projekt kam nicht zum Abschluss, dafür entstand ein Kinofilm mit dem Titel L’heure d’été – Sommerzeit. Der Regisseur Olivier Assayas hatte carte blanche und entspann eine Geschichte um die Verteilung des Erbes in einer französischen Familie. Hélène feiert ihren 75 sten Geburtstag zusammen mit Kindern und Enkelkindern in einem bourgeoisen Traum-Haus mit Garten, das aus einer anderen Epoche zu sein scheint. Die Mutter weiht den ältesten Sohn in ihre Vorstellungen ein, wie nach dem Tod mit dem Erbe umzugehen sei. Zu verteilen gibt es einiges: da wären die Art déco- Möbel von Majorelle, der Schrank von Josef Hoffmann, die Bilder von Odile Redon und natürlich die beiden Corots, nicht zu vergessen einige kostbare Vasen, Geschirr und die Stücke einer Statue von Degas, die die Kinder beim Spielen kaputt gemacht hatten.

Als die Mutter überraschend einige Monate später stirbt, müssen die drei Geschwister sich einigen, was mit dem Haus und der Sammlung passiert; beides hatte einst dem Großonkel, einem Künstler gehört; die Mutter hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Erbe über 30 Jahre lang zu pflegen. Nur der älteste Sohn, bezeichnenderweise ein Ökonom, ist daran interessiert, alles zu behalten. Er kann sich das aber nicht leisten. Nun kommt das Musée d’Orsay ins Spiel: manche Stücke hatte die Mutter dem Museum versprochen; nicht zuletzt ermöglicht der französische Staat, mit Kunst die Erbschaftssteuer zu zahlen.

Der Umgang mit dem Erbe wird mit prominenten SchauspielerInnen wie Juliette Binoche und Charles Berling leider etwas flach und vor allem leidenschaftslos erzählt. Es sind einige wenige Momente, die den Film sehenswert machen: Die Stücke der Statue von Degas werden in der Plastiktüte aus dem Supermarkt Leclerc aufbewahrt. Die Vase, die sich die Haushälterin nach dem Tod der Mutter heraussucht, weil sie ihrer Meinung nichts wert sei, da sie die Vase als häßlich empfindet und sie aus Bescheidenheit nichts Teures annehmen möchte – da weiss die Zuschauerin aber schon , dass diese Vase von einem bekannten Künstler stammt. Der mit Papieren überladene Schreibtisch, der so dekorativ im Atelier der Mutter stand, steht nun prominent im Museum, doch die BesucherInnen gehen achtlos daran vorbei – und die Erben fragen sich, wo er eigentlich besser gestanden hatte. Ohne eine Antwort zu finden.

Viel Neues oder gar Erhellendes zum Umgang mit Sachen liefert der Film nicht. Er bietet einige Hinweise darauf, wie wir mit Dingen umgehen, was sie uns wert sind, wie Dinge zum kulturellem Erbe werden und was mit ihnen – im Idealfall – im Museum passiert. So plätschert der Film vor sich hin, man wohnt verschieden Formen des Verlustes bei – der Verlust eines Menschen, von Dingen und eines Hauses, das für die Famile stand, die es nun nicht mehr gibt – deren Mitglieder sich aber freiwillig entschieden haben, sich von allem zu trennen.

Der Film ist dieser Tage in österreichischen Kinos angelaufen. Hier ein Interview mit dem Regisseur und hier eine Kritik im Orf

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