Was macht ein Museum erfolgreich?

Geschrieben von am 31. Mai 2007 12:09

– so lautet der Titel der Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes, die kommende Woche, vom 3.-6. Juni, in Frankfurt am Main stattfindet. Gastgeber ist das Naturmuseum Senckenberg, dessen Direktor Volker Mosbrugger mich als einziger bei der letzten Jahrestagung in Leipzig überzeugte. Dieses Mal freue ich mich auf den Vortrag von Krzysztof Pomian, dem polnisch-französischen Historiker, der jetzt für das (mysteriöse) Musée de l’Europe in Brüssel tätig ist.
In der Einladung zur Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes heißt es:

„Nach der Standortbestimmung von Museen als zentrale Aufbewahrungsorte für die historischen und authentischen Zeugnisse der Menschheit und der Natur ist für Frankfurt eine Auseinandersetzung zum Thema Qualitätsbestimmung und -steigerung vorgesehen. Museen werden zunehmend einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung unterzogen. Während die Museumsverantwortlichen in der Regel auf diese Entwicklung nur teilweise vorbereitet sind, herrscht gleichzeitig Konsens darüber, dass Erfolg messbar ist und auch messbar sein muss. Unklar bleibt jedoch, welche Faktoren es sind, an denen sich Erfolg im Museum messen lässt.

Jenseits von Besuchszahlen und betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, jedoch unter Berücksichtigung der sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, soll diskutiert werden, welche Kriterien für die Museumsarbeit angelegt werden können, um ihren Erfolg zu bemessen. Die Veranstaltung soll hinterfragen, welche Kriterien für Erfolg relevant sind und inwiefern für den Erfolg einer kulturellen Einrichtung eine unternehmerische Sicht hilfreich oder gar unabdingbar ist.“

Der Museumsblog wird hinterher berichten, ob die Tagung erfolgreich war.

Was wird aus Ungersheim?

Geschrieben von am 25. Mai 2007 10:28

Ich gebe zu, dass ich nie eine große Freundin des Ecomusée Ungersheim im Elsaß war. Bei meinen Besuchen in den 1990er Jahren präsentierte sich mir das Freilichtmuseum im Dreiländereck im Elsaß als Ort der Verklärung, mit einem nach meiner Beobachtung zu starken Akzent auf Kommerzialisierung und Vermarktung des Elsässischen. Dennoch, das 1984 gegründete Museum ist in der Region sehr beliebt und gut besucht (um die 280.000 Besucher pro Jahr), findet Anerkennung in nationalen und europäischen Gremien, ist etwa Gründungsmitglied der Vereinigung der Ecomusees und der Musée de sociétés FEMS.
Nun ist das Museum in die Krise geraten und die Gründe erscheinen mir unschön.
Die Geschichte, die nur schwer zu rekonstruieren ist, geht ungefähr so:
Um mehr Touristen aus Straßburg und Colmar abzugreifen und um etwas Neues für die von Arbeitslosigkeit geschüttelte Region zu tun, forciert der Generalrat der Region das Projekt eines Bio-Freizeitparkes. Auf diese Weise sollen neue Arbeitsplätze entstehen.Eine direkte Konkurrenz zum Museum kommt dadurch zustande, als der Biopark in unmittelbarer Nähe des Freilichtmuseums in der Gemeinde Ungersheim aufgebaut wird, zynischerweise auf dem Gelände eines Biotops. 2004 beginnt der Aufbau des Freizeitparkes, im Juni 2006 wird das Bioscope eröffnet und in der Region gemischt aufgenommen. Dass das Bioscope nicht so erfolgreich ist, wie die Politik es versprochen hatte, kann man schon daran merken, dass die Eintrittspreise im Vergleich zum letzten Jahr erheblich gefallen sind.
Es zeichnet sich ab, dass die Kosten für das Bisocope im Ecomusée eingespart werden sollen. Das Museum, das seine Kosten als eigenständiger Verein um größten Teil selbst erwirtschaftet und im Vergleich zu anderen Kulturinstitutionen geringe Subventionen erhält, strebt seit Jahren an, regelmäßig öffentliche Gelder zu bekommen. Angestrebt sind 20 % des jährlichen Budgets. 2005 fehlt Geld, das weder der Generalrat in Colmar noch der Regionalrat in Straßburg gewähren möchte; beide reagieren nicht auf Anfragen des Museums. Ende 2005 wird die Situation bedenklich; die Betriebskosten sind in Frage gestellt. Das Museum beginnt mit phantasievolllen Aktionen in der Öffentlichkeit zu treten, um auf die prekäre Lage aufmerksam zu machen. Offensichtlich wird das Geld woanders gebraucht: die Region trägt den Freizeitpark zu 49% – das sind rund 60 Millionen Euro (den Rest übernimmt die Betreibergesellschaft).

Das Museum gerät in eine Zwangslage und kann Gehälter nicht mehr zahlen. Der Gründungsdirektor Marc Grodwohl wird der finanziellen Mißwirtschaft beschuldigt und versucht sich dagegen mit Gegengutachten zu wehren. Im März 2006 wendet sich die Museumsleitung an das zuständige Handelsgericht in Colmar, um den Vorwurf gerichtlich klären zu lassen und um einen drohenden Konkurs abzuwenden. Gegen die Schließung protestieren viele Bürger, die Grünen, MuseumskollegInnen und viele WissenschaftlerInnen wie der Ethnologe Isac Chiva. Im September 2006 tritt Marc Grodwohl zurück, ebenso wie der Präsident der Vereinigung des Ecomusée, François Capber. Es werden über 60 Personen entlassen. Lange Zeit ist es ungewiss, ob das Museum 2007 überhaupt öffnen kann.
Schaut man nun die Homepage des Museums an, scheint alles wie gehabt weiterzulaufen. Stutzig macht mich nur, dass in der Rubrik „Programme“ nichts mehr zu finden ist – obwohl es genau die Vorführungen aller Art waren, die die BesucherInnnen so begeistert haben.
Bisocope und Ecomusée machen nun gemeinsame Sache und gewähren sich gegenseitigen Rabatt beim Eintritt.

Werbefilm über das Ecomusée (Sprache: schweizerdeutsch) von 2006.
Über das Ecomusée in Le Monde hier und hier.

Virtuelle Museen

Geschrieben von am 24. Mai 2007 09:24

Manchmal habe ich Probleme mit den sogenannten Web-Ausstellungen, da oftmals nichts weiter gemacht wird, als Bilder zum selben Thema nebeneinander zu stellen. Nun hat die Österreichische Mediathek etwas vorgelegt, das mir sehr gut gefällt: eine akustische Chronik zu Österreich zwischen 1900 und 2000. Die ist graphisch sehr gut gestaltet, enthält viele Audio-Schnipsel (Musik, Radioausschnitte), Filme, Texte und Fotos – eigentlich eine audiovisuelle Chronik, wenn man es genau nimmt. Besonders gut gefällt mir die Zeitleiste, die dem Dekor der jeweiligen Zeit nachempfunden wurde. Eine kleine Kritik habe ich: mir fehlt ein einführender Text zum Projekt.

Lieblingsbilder

Geschrieben von am 22. Mai 2007 10:38

„Auf zur Parade der Augenschmeichler und Lieblingsbilder“, so heißt der Titel des Artikels von Heinrich Wefing (FAZ vom 19.5.2007) über die geplante Impressionisten-Ausstellung des Metropolitan Museum aus New York in Berlin. Es ist die zweite Auflage in der Neuen Nationalgalerie, und man wäre enttäuscht, so Wefing, wenn nicht mindestens ebenso lange Schlangen wie bei der MoMa-Ausstellung 2004 zustande kämen. Die Rechnung könnte aufgehen, geht es doch dieses Mal darum, Bilder französischer Impressionisten, die hinreichend bekannt sind, an die Wände zu hängen und als „originären amerikanischen Blick auf den französischen Impressionismus“ zu verkaufen. Was daran interessant sein soll, weiß Wefing auch nicht; für ihn klingt alles nach einem „kunsthistorischen Alibi“: „Nicht zufällig haben die Amerikaner die eigentlich naheliegende Idee, die exquisite New Yorker Auswahl einmal für vier Monate mit den wunderbaren Berliner Impressionisten zu einer einzigen, geradezu enzyklopädischen Gesamtkomposition ineinanderzuschieben, als gute Kaufleute energisch abglehnt: „Met“ muss „Met“ bleiben, das Profil der eigenen Marke darf nicht durch Zugaben verwischt werden.“
Die Berliner machen nun ihre eigene Impressionisten-Schau in der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel.
Halb Berlin ist anscheinend schon mit Plakatwerbung vollgekleistert, die mit schön-altmodischen Luftpostumschlägen mit einem Rand in bleu-blanc-rouge daherkommt. Einen Eindruck davon kann man sich auf der website machen. Mein Geschmack ist es nicht, obwohl die Seiten übersichtlich und mit einigen netten Tricks versehen sind.

Schwindlig interaktiv

Geschrieben von am 18. Mai 2007 10:01

Wer den Zustand des sich Schlechts- und Schummrig-Fühlens erreichen und dabei noch die gute Laune bewahren möchte, der sollte schleunigst in die Op-Art-Ausstellung in der Schirn in Frankfurt gehen. Auch wenn man die allermeisten Objekte nicht berühren darf, kann man doch mit den Werken, sei es durch Blicke oder Bewegung, in Kontakt treten. Das macht Spass, ist interaktiv und sehr kommunikativ. In der Sprache des Museums heißt das so: „Sie lassen den Besucher in Farbe versinken, im Spiegel ins Unendliche stürzen oder bieten ihm poetische Lichtspiele. Die Interaktion zwischen Werk und Betrachter gipfelt in Installationen, die letztlich nicht nur physikalische Wirkungen in Form von Nachbildern, Farbvibrationen oder dem Flimmern von Licht entfalten, sondern auf das gesamte Bewusstsein wirken.“
Noch bis einschließlich Sonntag ist die Schau mit den Werken, die zumeist aus den 1960er Jahren stammen, zu sehen.

Ausgezeichnet

Geschrieben von am 16. Mai 2007 11:38

Wirklich wunderschön anzuschauen ist der Katalog zur Biedermeier-Ausstellung „Die Erfindung der Einfachheit“, die ab dem 8. Juni im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen ist. Der Hauptgrund dafür sind die Fotografien, die die Objekte genial inszenieren und ungewöhnliche Detailblicke bieten, aber auch lange Fotostrecken. Lois Lammerhuber aus Wien hat die Fotografien gemacht; das einfallsreiche und ästhetisch-schlichte Layout stammt von Kathy Frederickson und Garett Niksch (Studio Blue) aus Chicago. Ob die Objekte in der Ausstellung auch so schön anzuschauen sind?
Wenn man den (gebundenen) Katalog zu Hause haben möchte, braucht man indessen viel Muskelkraft, denn er wiegt schätzungsweise 4 Kilo. Für 49,80 Euro ist der Band nicht gerade günstig, angesichts der vielen farbigen Abbildungen ist der Preis aber gerechtfertigt. Die broschierte Museumsausgabe ist wohl günstiger und auf alle Fälle leichter.
Gerade ist der Katalog mit dem weltweit höchstdotierten Preis (25.000 Euro) für Kunstbücher, dem viennaartbookaward, ausgezeichnet worden.

Katalog:
Biedermeier. Die Erfindung der Einfachheit. Hrsg. von Hans Ottomeyer, Klaus Albrecht Schröder, Laurie Winters, Ostfildern 2006.
440 Seiten, 415 farbige Abb., erschienen bei Hatje und Cantz, , 49,80 Euro (Leinen)
Ausstellung:
Milwaukee Art Museum 16.9.2006–1.1. 2007 · Albertina, Wien 2.2.–13.5.2007 · Deutsches Historisches Museum, Berlin 8.6.–2.9.2007 · Musée du Louvre, Paris 15.10.2007–15.1.2008

Häuserfriedhof

Geschrieben von am 15. Mai 2007 09:44



Da liegen sie und harren der Dinge und dem Laufe der Zeit. Auf einer Schafweide im Freilichtmuseum Hessenpark warten mehrere translozierte Gebäude auf den Aufbau. Den Schafen scheint es egal zu sein, mit wem sie sich die Weide teilen.

Das tägliche Brot im Museum

Geschrieben von am 14. Mai 2007 13:41

Sehr schönes Zitat gefunden in einem Interview mit Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, im Lufthansa Magazin 4/07:
„Wie soll verantwortungsvolle Museumsarbeit funktionieren, wenn ich die Hälfte meiner Spezialisten entlassen soll? Wir dürfen Restauratoren – und Wissenschaftlerstellen nicht mehr besetzen! Gleichzeitig werden uns die Einkünfte, selbst die Drittmittel, abgezogen. Statt uns wirtschaftlich mit dem Geld arbeiten zu lassen, nimmt man es uns weg. Das ist, als ob Sie von einem Konditor eine perfekte Auslage im Schaufenster verlangen, gleichzeitig streichen Sie ihm in der Backstube das Mehl und die Rosinen, entlassen die Bäcker und lassen die Torten von Hilfskräften backen. Es geht nicht mehr um den Zuckerguss! Sondern um das tägliche Brot.“

Bei den ausgestopften Tieren zu Besuch

Geschrieben von am 11. Mai 2007 14:43

Der Grund, weshalb ich so gerne in naturwissenschaftliche Museen gehe, liegt ganz einfach daran, dass mein erster Museumsbesuch, an den mich erinnere, dem Naturkundemuseum im Schloss Rosenstein in Stuttgart galt.
Barcelonas Museo de ciències naturals zu besuchen, ist weniger Pflicht denn Kür, zudem es in einem Backstein-Palast untergebracht ist, der von der Weltausstellung 1888 stammt. Im großen Saal im ersten Stock bietet das Museum keine Überraschung: solide präsentiert sind die wirbellosen Tiere, ausgestopften Säugetiere und Präperate in mit Holz umfassten Glasvitrinen. Alles schon oft gesehen und deshalb auch sehr vertraut. Doch der Eindruck, dass hier die Zeit stehen geblieben sei, täuscht. Im Erdgeschoss präsentiert das Museum eine multimedial-inszenierte Ausstellung zum Ursprung der Welt, die von sehr aufregenden Tönen begleitet ist und mich in ihren Bann zieht. Leider war es zu dunkel, um hier zu fotografieren. Dieses Nebeneinander von alt und neu fand ich sehr interessant, insbesondere da das Skelett eines Bartwales wie ein doppeltes Relikt der vergangenen Zeit über der Ausstellung schwebte.

Kleine Welten im Visier

Geschrieben von am 9. Mai 2007 18:51

Der Fotograf Frank Kunert lichtet „Kleine Welten“ ab, die er zuvor selbst geschaffen hat. Die Fotografien spielen mit der Wahrnehmung: man glaubt das Dargestellte sofort zu erkennen, sieht doch alles recht harmlos aus. Erst auf den zweiten Blick merkt man, dass das Gehirn einem einen Streich gespielt hat und dass etwas nicht stimmen kann, wenn etwa eine typische Frankfurter Trinkhalle unter Wasser steht oder ein Sprungbrett statt aufs Wasser in Zuschauertribünen hineinragt. In den USA hat Frank Kunert für seine Arbeiten schon einige Preise eingeheimst. In gleich zwei Ausstellungen sind im Moment seine Fotografien zu sehen: In Dresden in einer Einzelausstellung der Galerie art+form (bis zum 7. Juni) und in Frankfurt am Main in der Ausstellung „FOTOGRAFIE – ansichtsache“ des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Frankfurt e. V. (bis zum 14. Mai). Seine Postkarten sind in Frankfurter Läden öfters zu finden – so etwa im Shop des Labels Made in Happy Germany.

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