Viele nackte Frauenkörper, wenig über Hexen

Geschrieben von am 2. April 2007 12:50

Die Presse, glaubt man den Zitaten auf der Internetseite der Ausstellung, ist sehr angetan von “ Hexenlust und Sündenfall. Die seltsamen Phantasien des Hans Baldung Grien„, eine Schau, die noch bis 13. Mai im Frankfurter Städel-Museum zu sehen ist. Das Lieblings-Sujet von Grien waren Frauenkörper, die der Schüler von Albrecht Dürer in allen erdenklichen sinnlich-obszönen Posen meist in Form von Holzschnitten auf getöntes Papier umsetzte. Die Werke sind wirklich großartig und man kommt doch sehr ins Staunen und Grübeln. Die Ausstellung selbst unterstützt nur bedingt die Fragen, die sich einem aufdrängen, obwohl ich selten eine Kunstausstellung gesehen habe, die soviel Text an die Wände angebracht hatte. Mein Problem mit den Texten war es, dass sie erstens sprachlich ungeschickt formuliert bzw. eher einem bildungsbürgerlichen Duktus entsprachen als einem lesbaren Ausstellungstext. Zum zweiten bewegten sich die Texte auf einer rein kunstgeschichtlichen Ebene – gerade bei diesen Bildern hätte ich mir aber den gesellschaftlichen Bezug gewünscht. Manchmal gelingt es, etwa wenn auf zeitgenössische Maler hingewiesen wird oder gar gezeigt werden. Wieso Grien aber ausgrechnet sich in dieser Form dem Frauenkörper widmet, ist mir nicht klar geworden – außer, dass es bei der Liebhabern der Kunst-und Naturalienkammern angesagt war. Und warum werden die Hexenverfolgungen nicht thematisiert? Gerade da tut sich doch ein ungeheures Spannungsfeld auf, da wir uns im 16. Jahrhundert befinden, in dem v.a. Frauen als Hexen stigmatisiert und umgebracht wurden. Und wenn die Vorlieben des Hans Baldung Grien in der Kunstgeschichte ein noch nicht gelöstes Rätsel sind, wie ich hinterher las, – wieso wurde dies nicht auch in einem der viele Texte thematisiert?
Das Ärgerlichste an der Austellung war etwas, worüber sich das Museum sicher sehr freut: es war viel zu voll. Störend waren nicht die vielen Einzelbesucherinnen, sondern gleich zwei Führungen, die sich in der engen Kabinettausstellung auf die Füße traten und damit auch dem Individualbesucher nicht gönnten, sich in Ruhe ein Bild anzuschauen oder gar einen Text zu lesen. Und obwohl in ein Mikrophon gesprochen wurde, herrschte ein extrem lauter Gesprächspegel. Samt Handy-Geklingle reichte das aus, sich wie auf einem Bahnhof zu fühlen.

Über die Ausstellung: Beitrag mit vielen Bildern auf hr-online oder ein Artikel auf Welt-online. Wer sich für Hexen interessiert: 2002 haben das DHM in Berlin und das Historische Museum der Stadt Luxemburg die Ausstellung „Hexenwahn. Ängste der Neuzeit“ ausgerichtet.

Bei den Kindern der Manns zu Besuch

Geschrieben von am 21. Februar 2007 11:26

Noch bis zum 24. Februar ist die kleine und überschaubare Ausstellung „Die Kinder der Manns“ in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main zu sehen. Es geht nicht nur um Klaus und Erika oder Golo, sondern auch um die weniger bekannten Kinder Monika, Michael und Elisabeth. Eine Fülle von Fotos, Briefen, Manuskripten oder Filmen bietet sich auf engstem Raum, um die Biographien der Mann-Kinder aufzufächern. Die Ausstellung ist einfach, aber charmant und übersichtlich inszeniert. Gefallen hat mir etwa die Idee, mit Folien am Boden imaginäre Räume zu inszenieren. Man sieht ihr auch das Prinzip der Wanderausstellung gleich an, da die Vitrinen praktische Schlitze zum Tragen haben, also zugleich Transportkisten sind. Leider stört der Geräuschpegel von den verschiedenen Audiostationen doch manchmal. Es ist eine kleine, feine Schau; für mich stellt sich nur die Frage, ob man sich nicht langsam an der Familie Mann satt gelesen, gehört und gesehen hat.

Bei der Ausstellung handelt es sich um Gemeinschaftsprojekt der Monacensia München, des Buddenbrockhauses Lübeck und des Literaturhauses München. Die Präsentation wurde von unodue gestaltet und ist in der Deutschen Nationalbibliothek in FFM in der Adickesallee 1 bis zum 24. Februar zu sehen.

Max Hollein weiss, wie es geht

Geschrieben von am 19. Januar 2007 10:34

Seit Anfang 2006 ist der Kunsthistoriker Max Hollein Chef von gleich drei Frankfurter Museen: vom Städel, von der Schirn und dem Liebieghaus. Und alle drei laufen gut und haben von außen betrachtet ein eigenes Profil und Konzept: in der Schirn laufen kontrovers diskutierte Ausstellungen (wie zum Beispiel die vom Museumsblog nicht sehr geschätzte Ausstellung „Nichts“), die Kunst und der Umgang mit ihr ins Gespräch bringen. Im Städel werden Werke aus dem Depot geholt und ins Zentrum von inspirierten Themenausstellungen gestellt; auf die grandiose Ausstellung „Gärten“ wurde hier ja schon hingewiesen. Auch im Liebieghaus besinnt man sich auf das, was man in der Sammlung hat: außergewöhnliche Skulpturen, wie etwa „Die phantastischen Köpfe des Franz Xaver Messerschmidt„, eine kleine, feine Ausstellung die noch bis 11. März läuft. Das gehört vielleicht nicht wirklich hierher, aber allein das Café im Liebieghaus verdient einen Besuch.
Ein Erfolgsrezept – für die Schirn – hat Hollein der Frankfurter Rundschau verraten: „Haupteinnahmequelle der Schirn seien dabei keinesfalls die Besucher, so Hollein, sondern das Sponsoring“.

Gärten statt Guggenheim!

Geschrieben von am 5. Januar 2007 10:56

An alle, die mal wieder Ausstellungstourismus betreiben und zu Scharen nach Bonn strömen, um die Ausstellung mit den „Meisterwerken“ der Guggenheim-Sammlung im Gedränge anzusehen: Tun Sie es nicht. Fahren Sie stattdessen nach Frankfurt am Main, um die außergewöhnliche Ausstellung „Gärten. Ordnung, Inspiration, Glück“ im Städel-Museum von zu bestaunen. Die Ausstellung besticht durch ihre Fülle an Material. Wirklich sehr interessante Ansichten von einer gebändigten Natur sind hier zu sehen, grandiose Arbeiten von Künstlern wie von Max Liebermann oder Pierre Bonnard, aber auch von Olga Boznanska, von der ich zugegebenermaßen noch nie etwas gesehen hatte. Das Herbarium von Alexander von Humboldt fehlt ebensowenig wie der Palmenwedel, aufbewahrt von Johann Wolfgang Goethe. Schön sind die Gegenüberstellungen von Gegenwart und Vergangenheit, wenn etwa Lucian Freud 2003 eine Ecke seines Garten malt und das Bild neben dem ZeitungsleserCarl Spitzweg hängt; oder die Blumen-Dias von Peter Fischli und David Weiss die filigranen Tulpenaquarellen von Georg Flegel begleiten. Ganz schön mutige Gestaltung für ein Kunstmuseum: Blaue und gelbe Wände lassen manche Gemälde erst so richtig strahlen. Hier und da wächst eine kleine Blume aus der Wand. Ein Manko gibt es für mich dennoch: Die Ausstellung hält nicht ganz, was sie verspricht. So lässt der Untertitel „Ordnung – Inspiration – Glück“ auf eine Ausstellungsgliederung schließen, die es aber dann gar nicht in der Form gibt. Zwar begleiten Zitate wie von Voltaire „Il faut cultiver son jardin“ in die Ausstellung, aber damit hat es sich auch, was Texte und vor allem das Herstellen von Zusammenhängen anbelangt. Daran konnte auch nicht das kleine, hervorragende Heftchen helfen, dass man jetzt in Kunstausstellungen mit auf den Weg bekommt. Mir fehlten Interpretationen, das explizite Herstellen von Zusammenhängen, Raum- und Thementexte. Einen Genuß bietet die Ausstellung aber auf alle Fälle.

Stimmen zur Ausstellung:
FAZ.NET vom 27. November 2006 ist restlos begeistert.
Echo-Online: Keine ausgerichteten Rabatten, sondern ein kunterbuntes Staudenbeet

Neubau für das Historische Museum in Frankfurt am Main?

Geschrieben von am 18. Dezember 2006 12:40

In den 1970er jahren galt es als „das“ kulturhistorische Museum schlechthin, da es geschafft hatte, sich aus altertümelnden Fesseln zu befreien und die Sammlungen in einem modernen Betonbau zu präsentieren. Der Betonbau entspricht heute nicht mehr musealen und ästhetischen Anforderungen. Eine Sanierung ist seit langem in der Diskussion, da zudem durch den geplanten Abriss des Technischen Rathauses das ganze Gelände am Römerberg stadtplnaerisch neu erdacht werden soll. Dieser Tage hat das Hochbauamt der Stadt feststellen lassen, dass die Sanierung nur etwas teurer als ein kompletter Neubau wäre. Frankfurts Kulturdezernent Semmelroth wird deshalb einen Neubau vorschlagen, für den 2007 ein Architekturwettbewerb geplant ist.
Nachzulesen in der Frankfurter Rundschau vom 14.12.2006

Nichts ausstellen

Geschrieben von am 22. September 2006 10:51

In der Schirn-Kunsthalle in Frankfurt am Main läuft noch bis zum 1. Oktober eine Ausstellung mit dem Titel „Nichts„. Und es ist auch so: außer den sehr intellektuellen Erklärungen sieht man in der Ausstellung fast nichts. Das Nichts ist kalt: Den Auftakt bildet eine großer leerer, weißer Raum, mit einem Einbau in der Mitte, in dem sich einige wenige wirkliche Werke namhafter Künstler befinden. An den äußeren Wänden befinden sich Nummern, die man in sein Abspielgerät eingeben muß. Beim Anhören, soll, so die Intention der Kuratorin, die um die 40 Künstler gebeten hatte, ihr Werk zu beschreiben, ein Bild im Kopf entstehen: Zu hören sind etwa: Fußballfans, die „hey Jude“ von den Beatles gröhlen, zwei hustende Menschen, amerikanische Schlager etc. Mir ist unverständlich, weshalb in diesem Raum keine einzige Sitzmöglichkeit vorhanden ist. Ich hätte mir ja gerne gemütlich räkelnd auf einem Sitzpolster alle Beschreibungen angehört. So laufe ich ein paar Mal hin und her, da es in diesem Raum sehr kalt ist und beschränke mich auf einige wenige. Aber es geht noch weiter: Das Nichts ist mehrheitlich weiß – weiße, eingerahmte Blätter, die Titel tragen wie „The Limits of percepetion“ oder „1000 hours of staring 1992-1997“; eine Maschine, die Furze produziert. – Sorry, Schirn, aber ich kann mit solchen Ausstellungen rein gar nichts anfangen. Ich bekomme auf Kommando keine Bilder im Kopf, ich lese gerne etwas zu den einzelnen Werken, ich lese auch gerne Einleitungen in Ausstellungen, aber Sätze wie: „So enthüllt der Blick ins Nichts das Periphere. Das Ephemere und das Latente eröffnen sich. Was bleibt, ist ein vielfältiges, schillerndes Nichts“ verstehe ich nicht.
Die Besucherinnen und Besucher waren unterschiedlich angetan. Während einige jüngere im ersten Raum auf dem Boden saßen und sich wohl alles anhörten, hakten die meisten alles ziemlich schnell ab. Bin ich zu alt für solche Ausstellungen?

FAZ-net schreibt sehr positiv über die Ausstellung.

Neuer Kulturdezernent, neues Museum

Geschrieben von am 20. Juli 2006 12:30

In Frankfurt am Main wird es künftig ein eigenes Haus für die bislang im Historischen Museum untergebrachten Karikaturen geben. Ganz bescheiden strebt man den Titel „Deutschen Karikaturenmuseum“. In der Tat gibt es in Deutschland so viele Werke – nämlich um die 5000 – der Neuen Frankfurter Schule nur hier. So hat Robert Gernhardt noch kurz vor seinem Tode dem Museum seine Bilder überlassen. Es sollen wohl auch Werke aus dem 19. Jahrhundert, die sich zur Zeit noch in der Sammlung des Historischen Museum befinden, dem neuen Museum zugeschlagen werden. Geplant war dies schon eine Weile, der neue Kulturdezernent Semmelroth macht nun seine erste Amtshandlung draus. Untergebracht wird die Institution im Leinwandhaus – ein gotisches Steinhaus aus dem 14. Jahrhundert, das nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg aber wohl einigermaßen originalgetreu wieder aufgebaut wurde, wie Wikipedia weiss und das seinen Namen aus der Zeit hat, also dort Leinwand, Garn und ähnliches aufbewahrt wurde. Weichen müssen dafür: die Kommunale Galerie – diese wird aufgelöst; (ob das ein Verlust ist, kann ich nicht beurteilen, ich hatte noch nie von ihr gehört) und das „Fotografie Forum International“, das kleine, feine Ausstellungen macht. Dieses soll in ehemalige Behördenräumlichkeiten ziehen, wohin genau, ist noch unklar.
Die Frankfurter Rundschau hat darüber berichtet.

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