Nicht ärgern, nur wundern!

Geschrieben von am 30. Mai 2008 18:54

Wer mag wohl die Beschriftungen in der erst kürzlich generalrenovierten und neu aufgestellten Cité de l’architecture et du patrimoine (Paris) verfasst haben? Die einzigartige Abgusssammlung romanischer und gotischer Architektur verleitet den neugierigen Besucher dazu, mehr zur Ikonographie der meist religiösen Szenen wissen zu wollen. Glücklich eine Beschriftung entdeckt zu haben, geht erwähnter Besucher in die Knie um sie zu lesen. Was erfährt er? Woher die Moulage stammt, o.k., wer die Abformung gemacht hat – was soll der Besucher wohl damit anfangen? – wann die Abformung in die Sammlung aufgenommen wurde – siehe oben…. und ihre Inventarnummer.
Schlussfolgerung: entweder die Kuratoren überschätzen die Besucher und halten sie für Spezialisten mittelalterlicher Ikonographie oder – was wohl eher zu vermuten ist – sie haben diese ewige Neugier der Besucher einfach satt!

Der erste sein

Geschrieben von am 30. Mai 2008 09:32

Gestern kam auf Arte zu später Stunde der Dokumentarfilm „Museumsbusiness“.
Es ging um die Expansion der großen Museen und Stiftungen wie Guggenheim und Louvre, also um Bilbao, Atlanta und Abu Dhabi. Laut Programminfo sollte gefragt werden:
„Handelt es sich hierbei um gefährliche Kommerzialisierung oder Vermarktung der Kultur? Oder ist das Herausbilden eines gewissen Kulturbusiness eher positiv, um die Sammlungen zur Geltung zu bringen, neues Publikum zu gewinnen und kulturelle Einzugsgebiete zu erweitern? Bietet es den Institutionen nicht auch die Möglichkeit, ihre Mittel aufzustocken?“
Dazu wurden Thomas Krens, Direktor der Guggenheim-Stiftung, Henri Loyrette, Präsident des Louvre, der damalige zuständige baskische Kulturminister in Bilbao, Mitarbeiter von France-Muséums, der Agentur, die mit der Abwicklung des Louvre Abu Dhabi betraut ist, der Scheich in Abu Dhabi und noch einige mehr befragt. Interessant war der Fall von Bilbao, weil klar wurde, dass es sich um eine baskische Initiative handelte, die sich auch durchzusetzen wußte und allein die Aufwertung der Region im Visier hatte.
Eigentlich, und das betrifft vor allem den Louvre und seinen Expansionsbestrebungen, kamen im Film nur die Personen zu Wort, die wortreich begründeten, dass es sich natürlich um keinen Ausverkauf der Kunst handle, sondern nur um eine bessere Positionierung der Museen. Den positiven Stimmen stand ganz alleine der Kunsthistoriker und Kritiker an den Expansionsplänen des Louvre, Didier Rykner (zugleich Betreiber von la tribune de l’art) gegenüber. Obwohl die beiden französichen Autoren Sylvain Bergère und Stéphane Osmont anfangs die Petition gegen die Expansionspläne des Louvre erwähnten. Wieso kamen hiervon nicht mehr Kritiker zu Wort? Etwa die Kunsthistoriker Jean Clair, Françoise Cachin oder Philippe de Montebello, (noch) Direktor des Metropolitain Museum in New York, der sich dezidiert gegen die Politik der Depandancen ausgesprochen hat? Wollten die nicht oder durften die nicht? Schade, das hätte den Film ausgewogener gemacht. So war mir der Film, mit Verlaub gesagt, zu tendenziös. Und irgendwie auch selbst entlarvend. Wenn wir es nicht tun, so sagte der Leiter der Agentur France-Muséums, dann machen es die anderen. (Heißt das nicht auch übersetzt: die anderen können es nicht so gut wie wir?) Und die Sprecherin des Films sagte: Wenn Frankreich im internationalen Wettbewerb einen Vorsprung hat, sollte es ihn auch nutzen. Um was geht es hier eigentlich? Etwa noch um Kunst?
Den Film kann man sich bei arte hier noch 7 Tage lang anschauen.

Körpersäfte

Geschrieben von am 29. Mai 2008 15:44


Bis 26. Oktober zeigt das Volkskundemuseum Joanneum in Graz eine Ausstellung mit dem Titel „Blut, Schweiss und Tränen. Botschaften des Körpers“. Diese „Säfte“ sind nicht nur eine physiologsche Notwendigkeit, sondern werden als ausdrucksstarke Metaphern und Symbole in Wort und Bild immer wieder heraufbeschworen. Im Gegensatz dazu, werden sie aber im realen Leben verborgen, widersprechen sie doch dem Ideal des heilen, sauberen und schmerzfreien Körpers. Die Ausstellung, kuratiert von Eva Kreissl, folgt den Spuren dieser Körperflüssigkeiten durch die Kulturgeschichte, in Kunst, Mythologie und Religion und eröffnet so ungewohnte Perspektiven.

Wüstenzwinger? Wüstenpergamon? Wüstenpinakothek?

Geschrieben von am 29. Mai 2008 11:11

So, nun hat Deutschland auch sein Abu Dhabi und seinen Wüsten-Louvre!
„Kultur-Generäle im Wüsten-Einsatz“, so titelte Eckhard Fuhr in der Welt seinen Beitrag über die Reise der drei Direktoren Baumstark, Roth und Schuster, die jeweils die Zusammenschlüsse der Museen in München, Dresden und Berlin leiten. In Dubai soll mit deutscher Hilfe ein Universalmuseum eingerichtet werden, das sich mit den „Grundzügen des Weltwissen“ beschäftigt. Anfang Mai wurde dort ein Vertrag unterzeichnet, in dem festgehalten wird, was die deutschen Museen alles leisten. Dazu Fuhr:

„Die vereinbarte Zusammenarbeit bedeutet weder, dass Dubai mit Petro-Dollars – das Ölgeschäft spielt heute eine nur noch untergeordnete Rolle – deutsche Kunst ins Land holt, noch dass die deutschen Museen bloße Dependancen in der Wüste errichten. Sie umfasst die architektonische, technische und logistische Planung, die Ausbildung von Museumspersonal und den Aufbau von einschlägigen Studiengängen. Schließlich soll in Dubai auch eine eigene Sammlung aufgebaut werden.“

Nun sitzt man an der Ausarbeitung des Konzepts, denn Ende nächsten Jahres (!) soll schon die erste Ausstellung in einem provisorischen Gebäude gezeigt werden. Rem Koolhaas soll es bauen. Das geht ganz schön fix in der Wüste – hier muss man sich wohl auch nicht mit Formalitäten, die eine Demokratie so mit sich bringt, auseinandersetzen, da in Dubai ein Scheich regiert. Über Geld bzw. wieviel wohin fließt, wurde anscheinend nicht gesprochen; voraussichtlich wird das neue Universalmuseum einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Solch eine Summe kommt in Dubai wahrscheinlich aus der Portokasse.

Ausstellung annulliert

Geschrieben von am 28. Mai 2008 14:43

Neulich wurde hier im Museumsblog über eine geplante Ausstellung in Verona berichtet, in der Werke aus dem Louvre zu sehen sein sollten, die zuvor noch nie das Gebäude verlassen hatten und bei der es um viel Geld geht. Nun berichtet der französischsprachige Blog la tribune de l’art (der freundlicherweise gleich die englische Übersetzung mitliefert), dass diese Ausstellung abgesagt wurde; offiziell heißt es dazu:

“Given its present status, there is not enough time to organize this important exhibition, if one takes into account the works required as well as all of the technical, administrative and legal conditions needed to guarantee the arrival, safety and conservation of the masterpieces.”

La tribune de l’art hat vom zuständigen Kurator des Louvre erfahren, dass die Werke aufgrund von fehlenden Sicherheitsvorrichtungen in Verona vom Louvre zurückgezogen worden seien, und die Ausstellung nicht nur aufgeschoben sei.
Die Ausstellung findet also definitiv nicht statt. Sollte die Kritik, wie sie tribune de l’art hier formulierte, etwa angekommen sein?

Was ist das gewisse jüdische Etwas?

Geschrieben von am 27. Mai 2008 17:05

Wenn Ihnen dazu etwas einfällt, dann können Sie mit Ihrem Gegenstand und der dazugehörenden Geschichte eine Ausstellung mitgestalten. Denn die Objekte und Geschichten sollen am Jüdischen Museum München eingereicht werden, um die Ausstellung Ein gewisses jüdisches Etwas“ zu entwickeln. Dazu heißt es im Internet:

„Wir möchten Menschen unterschiedlicher Herkunft anregen, sich mit unerwartet Jüdischem ausserhalb der gewohnten Schienen zu befassen; wir möchten ein Erlebnis vermitteln, das jüdische Klischees nicht unhinterfragt lässt und Begegnungen rund um überraschende Gegenstände ermöglicht. (…) Wir laden herzlich ein, einen persönlichen Gegenstand, mit dem sich irgendetwas Jüdisches verbindet, irgendeine Geschichte, die einen jüdischen Aspekt hat, ins Museum zu bringen. Und die Geschichte, auf einem A4-Blatt aufgeschrieben, gleich dazu. Da gibt es Naheliegendes und Unerwartetes, Traditionelles und Überraschendes – wir freuen uns auf was immer da kommen mag, auf jede Art von Objekt und von Geschichten, die sich für jemanden darum ranken.“

Das könnte ganz interessant werden. Damit die KuratorInnen sich etwas darauf einstellen können, bitten sie um eine kurze Nachricht vor ab. Die Objekte und Geschichten sollen am 22. Juni in München im Museum abgegeben werden; die Ausstellung wird dann für drei Monate zu sehen sein, als letztes Kapitel der Ausstellungsreihe Sammelbilder. Alle Informationen stehen auf der Seite des Jüdischen Museums München.

Zur Kunstszene in Frankfurt am Main

Geschrieben von am 23. Mai 2008 14:34

Ein nun schon seit einigen Jahren fester Bestandteil der Kunstszene Frankfurt am Main ist das AtelierFrankfurt. Im ehemaligen Polizeipräsidium, einem Gebäude in der Nähe des Hauptbahnhofes, das 1914 erbaut wurde, möchte AtelierFrankfurt ein Zentrum für „zeitgemäße künstlerische Prozesse“ sein und „Produktion, Präsentation und Austausch verschiedener Disziplinen“ vereinen. In dem weitläufigen Gebäude haben KünstlerInnen ihre Ateliers und stellen regelmäßig im Projektraum ihre Werke aus. Weitere Ausstellungen finden in der Galerie im Erdgeschoß statt. Zur Zeit ist hier die Fotoausstellung
„(dis)simile – Fotografien aus Europa“ zu sehen. Hier wird in faz.net die Ausstellung, die im Rahmen der Kulturtage der EZB stattfindet, besprochen.
Im Projektraum stellt Sandip Shah seine schönen Bilder mit dem Titel „Izmir Frankfurt“ aus. Beide Ausstellungen sind bis zum 7. Juni zu sehen
ATELIERFRANKFURT, Hohenstaufenstraße 13-25, 60327 Frankfurt am Main
Donnerstag, Freitag, 17.00-20.00 Uhr und Samstag 15.00-18.00 Uhr
Alle Ausstellungen in Frankfurt am Main auf einem Blick gibt es hier.

Wenn Kunst sprachlos macht

Geschrieben von am 22. Mai 2008 09:30

Die Frankfurter Kunstszene boomt, auch jenseits von den gut ausgestatteten Häsuern am Museumsufer. Das erste Mal zeigten die beiden Kuratorinnen von COMA in den Räumlichkeiten eines ehemaligen Möbelhauses zeitgenössisches künstlerisches Schaffen (hier im Museumsblog). Dann diente ein leeres Lagerhaus, genannt Balken, als Ausstellungsort. Nun laden uns Mia Beck und Coco Hauschel in ein typisches Frankfurter Bürohaus ein. In einer etwas seelenlos wirkenden Etage, in der sonst vielleicht Architekten oder Graphiker sitzen, hat nun die Ausstellung „Sprachlos“ Unterschlupf gefunden. Neun KünstlerInnen nicht nur aus dem Rhein-Main-Gebiet stellen ihre (Sprach-)Kunst vor. Die Zusammenstellung ist wirklich gelungen, sie ist vielseitig und abwechslungsreich. Sehr witzig und tiefgründig sind etwa die Zeichnungen von Markus Vater, der so manchen Gedanken auf perfide Weise illustriert. Ina Kurz, die Macherin von Maegde und Knechte, ist mit T-Shirts vertreten, auf denen je eine Seite ihres Romans abgedruckt ist. Eva Köstner begeistert mit einer Wort-Videoinstallation – um nur einige Werke zu nennen. Und was hier wie Werbung klingt, soll auch Werbung sein: denn in der Ausstellung stecken wenig (Sponsoren-)Gelder, aber viel Herzblut und Leidenschaft der Veranstalterinnen. Ich bin gespannt, wohin wir das nächste Mal mitgenommen werden!

Die Ausstellung ist bis zum 7. Juni Mittwoch abend und Sonntag nachmittag und nach Vereinbarung geöffnet, am besten hier auf der Seite von COMA nachschauen, Hanauer Landstr. 187-189.
Zur Ausstellung ist ein kleiner, feiner Katalog erschienen.

Besucht die Ausstellung!

Geschrieben von am 13. Mai 2008 11:37

„Ne visitez pas l’Exposition Coloniale!“ so hieß es in einer Veröffentlichung der Surrealisten gegen die große Kolonialausstellung in Paris 1931. Nicht nur sie, sondern eine Vielzahl von Franzosen und Immigranten protestierten gegen die Ausstellung, die die Kolonien Frankreichs sowie das Mutterland als ein großes Ganzes feiern sollte – was es natürlich nie war. Über 75 Jahre später sollte man sich schon diese Ausstellung anschauen, die nun in der Cité nationale de l’histoire de l’immigration stattfindet: 1931. Les étrangers au temps de l’exposition coloniale ist eine Hommage an die damals über drei Millionen lebenden Fremden in Frankreich und der Versuch, die andere, die soziale Realität zur Zeit der Ausstellung darzustellen.
Ein Ausstellungsstück ist der Palais de la Porte dorée selbst, war er doch damals schon Teil der Kolonialschau. Die Ausstellung verspricht interessant zu werden, gehört doch der Schweizer Jacques Hainard zu den Kuratoren.

Hier findet sich ein ausführlicher, bebilderter Text von Brigitta Kuster über die Ausstellung von 1931.

In anatomischen Sammlungen unterwegs

Geschrieben von am 9. Mai 2008 14:00

Eindrucksvoll sind die Fotos, die die New Yorker Fotografin Joanna Ebenstein in medizinischen und anatomischen Sammlungen in Europa und in den USA gemacht hat: etwa Modelle aus Wachs aus La Specola in Florenz oder Moulagen aus dem Wiener Narrenturm. Daraus entstanden ist die Wanderausstellung Anatomical Theatre. Letztes Jahr war die Ausstellung in Alabama, USA zu sehen. Hier sind Fotos davon.
Wer weiß, vielleicht wird die Ausstellung ja auch mal bei uns gezeigt? Anatomische Sammlungen gibt es hier ja genug!

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