Auswandern macht Spass

Geschrieben von am 6. Juli 2007 10:46

Nun ist die Auswandererwelt Ballinstadt in Hamburg eröffnet. Die Rezensionen in der Presse sind relativ eindeutig: auf die Besucher wartet ein kommerzielles Event, mit vielen interaktiven Elementen, das vor allem Kindern gefallen wird. „Chance vertan“, so heisst es in der Süddeutschen Zeitung vom 5. Juli (nicht online). Till Briegleb schreibt im Artikel „Wenn die Inhalte auswandern“ über die Private-Public-Partnership von Stadt und Museum (Hamburg hat sich immerhin mit 6 Millionen daran beteiligt, angesichts der zu erwartenden Museumsreform in Hamburg doch sehr erstaunlich) und über den Umstand, dass der Betreiber nicht möchte, dass der Komplex Museum genannt wird, da „die Bezeichnung Touristen abschrecke“. Weiter heisst es:

„Für eine umfassende Darstellung der Migrationsgeschichte ist diese Voraussetzung wenig hilfreich, denn das Event, das hier kreiiert werden muss, verträgt sich nicht mit den überwiegend schmutzigen Seiten des Themas.“

Spiegel online:

„Überall wollen Knöpfe gedrückt und Bewegtbilder bestaunt werden, im Computer sind Großteile der Passagierlisten mit allen Abfahrtdetails und Namen verfügbar – ein wahrer Schatz für Ahnenforscher. Neun Puppen erzählen mit unbewegter Holzmiene die Schicksale von Kindern und Erwachsenen aus verschiedenen Epochen – Schauspieler des Hamburger Schauspielhauses nahmen die Stimmen auf. An der Decke darüber hängen „Traumblasen“, beigefarbene Kugeln mit Begriffen wie „Genug zu essen“, „Geld“ oder „Glaubensfreiheit“, die für die Träume der Auswanderer stehen. Ein bisschen wie ein Transkript von Hans Rosenthals „Dalli Dalli“ (Was fällt Ihnen zu Auswanderung ein? Abschied, Hoffnung, Freiheit, das war Spitze!) wirkt auch der etwa vier Meter hohe künstliche Schiffsrumpf, zwischen dessen Planken weitere Assoziationsworte in orangefarbenem Licht erstrahlen.“

In der Welt online heisst es:

„Im Inneren dieses multimedial konzipierten Erlebnisparks, der museale Dokumentation, großes Gefühlskino und den zeitgeistigen Hunger nach Eventhäppchen auf Seeteufel komm raus verbinden will, findet sich fast folgerichtig Hamburger Allerlei (….) Was die Ballinstadt vorführt, ist ein ansehnliches Sammelsurium aus Trouvaillen, ein bunter (und sympathisch kindgerechter) Gemischtwarenladen, dem es allerdings an einem künstlerisch stimmigen und zudem inszenatorisch berührenden Gesamtkonzept ermangelt.“

Hier ist es anscheinend besser: Das ebenfalls private Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven, dass dieses Jahr den 2007 European Museum of the Year Award bekommen hat.

Von Puppen in Ausstellungen

Geschrieben von am 28. Juni 2007 11:09

Zu den „Explainer“ in Ausstellungen kommt nun eine weitere Spielart hinzu: die Puppe. Die kennt man ja noch von volkskundlichen Museen, wo sie lebensgroß zum Beispiel in einer Bauernstube sitzt, um alles, wie es immer so schön heißt, lebendiger zu machen. Die Puppe, die ich nun meine, kommt ab 5. Juli in der Auswandererwelt BallinStadt in Hamburg zum Einsatz:

„Ich stelle es mir ganz spannend vor, nach Amerika zu reisen und dort zu leben. Hättest du auch Lust dazu?“, fragt der zehnjährige Heinz unverblümt. Er stammt aus Essen, wo er 1897 das Licht der Welt erblickte, und ist eine von insgesamt neun Puppen, die in historischem Gewand die Besucher der BallinStadt auf ihre Reise nach Amerika einstimmen. Jede Puppe hat eine eigene Lebensgeschichte und berichtet, wenn man sich ihr nähert, von ihren Gründen für die Auswanderung, ihren Hoffnungen und Plänen.“

Da frage ich mich doch, wozu man bei über 5 Millionen Auswanderern Puppen braucht, die einem – eine konstruierte – Biographie erzählen. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren und schaue mir die „interaktive Edutainmentausstellung“ beim nächsten Hamburg-Besuch an. Ich ahne allerdings schon, dass ich hier mit der Museumsbund– oder ICOM-Karte nicht weit kommen werde.

Was wird aus Hamburgs Museen?

Geschrieben von am 22. März 2007 11:06

In der Hamburger Museumsszene rumort es ganz heftig, wie aus einem Artikel des Hamburger Abendblattes zu erfahren ist: erst kündigte der Geschäftsführer des völkerkundlichen Museums, nun legte die Direktorin des Altonaer Museums ihr Amt nieder. Der Leiter des archäologischen Helms-Museum sei auch ganz frustriert, so erfährt man. Grund dafür ist die geplante Museumsreform, die die vier kulturhistorischen Museen der Stadt zusammenlegen möchte: Altonaer Museum, Helms-Museum, Museum der Arbeit und hamburgmuseum werden sich dann als Hamburg-Museum gemeinsam präsentieren. Für das Altonaer Museum, das gerade ein neues Konzept für die Dauerausstellung sucht, war wohl eine Sondervereinbarung getroffen worden, die es von den Reformbestrebungen ausnimmt. Diese Vereinbarung sah die Direktorin von Altona bedroht. Als einzige möchte sich laut Abendblatt nur die Direktorin des Museums der Arbeit gerne der neuen Herausforderung stellen.
Auf der Seite der Hamburger Kulturbehörde kann man sich den Museumsentwicklungsplan vom Dezember 2006 als Pdf herunterladen.

Was macht eigentlich Peter Tamm?

Geschrieben von am 24. Januar 2007 11:14

Wir erinnern uns: Peter Tamm in Hamburg, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Springer-Verlags, mag Schiffe und er hat eine große Sammlung davon. Das ist nicht weiter verwunderlich, sind doch Hamburger Museen voll mit Objekten aus der Seefahrt – ich nenne nur das Altonaer Museum und das Hamburgmuseum. Tamm konnte aber die Stadt überzeugen, dass er die tollsten Schiffe hat und bekommt deshalb ein Museum im historischen Kaispeicher B in der Hafencity geschenkt. Für 30 Millionen kann nun Peter Tamm machen, was er will – welches Museum träumt nicht von solch einer Möglichkeit? Gegen das Museum hat sich eine Initiative Tamm-Tamm formiert, die auch gleichnamiges Buch herausgab. Doch alles umsonst, während die ehemals staatlichen Museen gegen Geldnot und gar Schließung ankämpfen, wurde 2004 in der Speicherstadt der Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und Tamm unterzeichnet. Die Sammlung, die laut Welt „27 000 Schiffsmodelle, 40 000 Pläne, Gemälde und Grafiken, Filme, Bücher, Fotos und weitere historische Stücke“ umfasst, soll auf 12.000 Quadratmeter Platz finden. Darunter sind, was die „Welt“ freilich mit keinem Satz erwähnt, zahlreiche Nazi-Devotionalien, an denen sich die Kritik reibt. Was Tamm genau machen möchte, weiss aber keiner so richtig, auch nicht der Beraterkreis von Museumsdirektoren, der ihm da von der Stadt zur Seite gestellt wurde. Die Geschäftsführerin des neuen Museums möchte nichts verraten, wie sie der „Welt“ sagt, mit der Begründung, das würde sonst „kopiert“ werden. Wenn man allerdings Sätze, ebenfalls in der Welt, wie diesen liest: „Im „Internationalen Maritimen Museum“ sollen Besucher die 3000 Jahre alte Geschichte der Seefahrt sehen, hören, riechen, begreifen“, dann fragt man sich schon, wer da wen kopiert, so banal klingt das. Vielleicht gibt es gar kein schlüssiges, wissenschaftliches Konzept? Die Eröffnung wurde schon zwei Mal verschoben und so lautet gar die Überschrift in der Hamburger Morgenpost vom 3.1.2007: „Schiffbruch beim Tamm-Museum? Finanzierung und Konzept der Schau sind den Experten ein Rätsel.“ Isabel Hoffmann, die Autorin, deckt zugleich auf, wie unkritisch die anderen Hamburger Blätter (alle Springer-Verlag, wen wundert’s?) über das Maritime Museum berichten.

Altonaer Museum zeigt: Alles im Fluss

Geschrieben von am 14. Dezember 2006 12:26




Wer das Altonaer Museum in Hamburg kennt, wird Mühe haben, die Räumlichkeiten wiederzuerkennen. Da, wo einst der „Trachtensaal“ war – ein Tunnel, mit langen Vitrinenwänden auf jeder Seite – oder da, wo in Reih und Glied die Bauernhausmodelle standen, ist es plötzlich hell und luftig geworden. Nun beschäftigen sich kleine Boxen mit Themen wie Walfang oder Schmuggel; flankiert von einer Segelschiffparade. Die Schau „Alles im Fluss. Ein Panorama der Elbe“ kommt mit einer anschaulichen Architektur (Atelier Gillmann, Basel) leichtfüßig daher. Ich habe etwa nicht gewußt, dass mit einer Wellplastik, die ja vornehmlich Einsatz in Schrebergärten findet, solch einen ästhetischen Effekt erzielt werden kann. Die Ausstellung bietet eine Mischung aus Kultur- und Kunstgeschichte und macht einen Ausflug in die Biologie, indem sie etwa den Flußaal genauer analysiert. Sie ist leicht verdaulich, fast schon gefällig, ohne dem Fluss aber so richtig auf den Grund zu gehen. Aber wie heißt es im Ausstellungskatalog: „Die Elbe entzieht sich der Musealisierung; sie strömt fort und vorbei. Für einen schönen Ausflug, statt gleich direkt an die Elbe zu gehen, eignet sie sich allemal.
Das Buch zur Ausstellung: Alles im Fluss. Ein Panorama der Elbe, kostet 12.50 Euro.

Die Chinesen sind da

Geschrieben von am 12. Dezember 2006 10:58

In die Hamburger Kunsthalle geht man dieser Tage hin wegen Caspar David Friedrich. Doch eine weitere Ausstellung verdient eine ebenso große Aufmerksamkeit: Mahjong – chinesische Gegenwartskunst aus der Sammlung Sigg. Die Ausstellung bietet einen Einblick in die Kunst der Avantgarde Chinas der letzten dreißig Jahre. Auf mich wirkte alles fremd und vertraut zugleich, und vor allem – neu. Unbedingt angucken!

Das Altonaer Museum in Hamburg wird reformiert

Geschrieben von am 23. Oktober 2006 08:31

„Konventionelle Vitrinenausstellungen wird es in Altona nicht mehr geben“, so sagte Museumsdirektorin Bärbel Hedinger in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt. Zeitgemäße Formen der Vermittlung sollen gesucht und gefunden werden. Herzstück des Umbaus ist das Forum im Erdgeschoß des Altonaer Museums, in dem schnell und unkonventionell auf regionale und lokale Themen reagiert werden soll. „Themenbezogen und interdisziplinär“ sollen die Abteilungen, die sich mit der norddeutschen Landesgeschichte beschäftigen, künftig präsentiert werden. Für den Umbau stellt die Hamburger Kulturbehörde 3 Millionen Euro zur Verfügung. Mitte nächsten Jahres ist die Eröffnung des Forums geplant, die weiteren Abteilungen folgen.

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